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Wien – Wenn die Village People aus Nikola Donigs Sakkotasche tönen, weiß der Neos-Generalsekretär: Es ist wichtig. Für sein engstes Wahlkampfteam hat der 48-Jährige "YMCA" als Klingelton eingestellt. Zweimal ruft Parteichefin Beate Meinl-Reisinger während des Gesprächs mit dem STANDARD an, zweimal bittet Donig um Entschuldigung. Wahlkampf eben.

Genau das wollte der Partei- und Wahlkampfmanager eigentlich hinter sich lassen: die Politik. Das hatte er seiner Familie versprochen, als er 2010 den Job als Bürochef der damaligen Wiener ÖVP-Obfrau Christine Marek hinschmiss.

Politische Wurzeln in der ÖVP

Da hatte er schon eine steile Karriere in der Volkspartei hinter sich. Und keine geplante, wie er sagt: Nach einem Einstieg in den Journalismus bei den "Niederösterreichischen Nachrichten" landete der Enkel eines Schriftsetzers beim ORF und wurde schließlich Brüssel-Korrespondent. 2006 holte ihn dann der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) als Sprecher der österreichischen Ratspräsidentschaft, später als außenpolitischen Sprecher zurück nach Wien.

"Die Partei konnte mit mir wenig anfangen, und ich konnte mit der Partei wenig anfangen", sagt Donig rückblickend – ohne sich nachträglich distanzieren zu wollen. Persönlich habe es schon immer gepasst bei der Volkspartei, sonst wäre er nicht dort geblieben. Auch wenn ein Quereinsteiger als Kanzlersprecher in der Partei nicht gut angekommen sei.

Rückkehr aus Überzeugung

2010 also der Abschied aus der Politik. Vorerst. Donig übernahm Sprecherjobs in der Wirtschaft, gründete sein eigenes Unternehmen. 2015 meldeten sich dann die Neos bei ihm (Donig sagt "die Neos", nicht nur "Neos": "Ich bin Team Plural"). Ob er nicht Kommunikationschef werden will? Donig haderte, dieses Kapitel wollte er eigentlich geschlossen halten. Doch, so sagt er heute, er war schon lange Mitglied, "bevor ich überhaupt daran gedacht habe, dort zu arbeiten". Also ging er wieder in die Politik. Diesmal aus Überzeugung.

Die Partei hatte damals gerade einen Durchhänger, nach dem Hype zur Parteigründung verpassten die Pinken den Einzug in drei Landtage. "Ein Start-up, das die Mühen der Ebene erreicht hatte", nennt es Donig. Der Ex-ÖVPler habe dem Kommunikationsteam mehr Professionalität verpasst, erzählt einer seiner damaligen Mitarbeiter, die Erfahrung in der politischen Kommunikation habe bis dahin gefehlt. 2016 avancierte Donig zum Generalsekretär der Partei.

Liberal, katholisch, Patchwork-Vater

Die habe die Jugendjahre noch nicht hinter sich, glaubt Donig. Der "Start-up-Geist" wehe noch immer im Dachgeschoßbüro im 7. Bezirk in Wien, sagt er. Wenn dann, wie 2018, eher überraschend Koalitionsgespräche für die Salzburger Landesregierung anstehen und dort dringend pinke Verhandlungsexpertise gebraucht wird, lässt Donig spontan eine Ferienwohnung mieten und zieht dort für die nächsten vier Wochen in eine Art Neos-Verhandler-WG.

Eher altbacken wirkt dagegen Donigs Liebe zum ORF-Teletext, der in seinem Büro stets zu sehen ist. Am Handy hat der Generalsekretär sogar die App des antiquierten Mediums installiert. Und was ist noch nicht Neos-like an ihm? Er sei "sicher einer von wenigen, die ein Kreuz um den Hals tragen", sagt der Katholik und Patchwork-Vater. "Aber wenn man liberal ist, ist eben alles drin."

Kein Datum für einen Abschied

Nun stehen ihm intensive Wochen und wohl noch einige Anrufe der Parteichefin bevor. Der Wahlkampf sei noch arm an Themen, findet Donig, deswegen würden jetzt mehrere kleine gespielt. Im September dann will sich die Partei aber auf "ein bis eineinhalb große Ideen" beschränken. Eine steht schon fest: Bildung. Ein pinkes Steckenpferd, das aber nicht gerade Konjunktur hat. Ist es nicht ein Risiko, als kleine Partei ein eigenes Thema hochziehen zu wollen? "Es ist eher ein Risiko, kein eigenes Thema zu setzen", glaubt Donig.

Wahlkämpfe organisieren, die Partei managen, Presseaussendungen verschicken – wie lange will der pinke Stratege den Job noch machen in dieser Branche, die er schon einmal hinter sich gelassen hat? "Solange es Spaß macht", sagt Donig – und scheint eine Vorstellung davon zu haben, wie lange das sein wird. Er habe aber "kein Datum im Kopf". Überhaupt: "Ich habe gelernt, dass es bei den Neos besser ist, nicht zu planen." (Sebastian Fellner, 29.8.2019)