Erdöl und Gebetsmühle: Zustandskritik in Schwaz.

Foto: Klaus Maislinger

Nicht ihre feste Adresse, das historische Stadtpalais Enzenberg, sondern die Tiefgarage des Schwazer Krankenhauses war vor einem Vierteljahrhundert Schauplatz der Eröffnung der Galerie der Stadt Schwaz mit einer Installation der Wiener Künstlergruppe Gangart. Rund 500 Besucher waren gekommen, keine Kleinigkeit für eine Kleinstadt, die mit der Einrichtung einer städtischen Institution für zeitgenössische Kunst bald überregional von sich reden machen sollte.

Die Genese des Projekts verlief alles andere als friktionsfrei, schwebte weiten Teilen der eher konservativ geprägten Schwazer Kulturelite sowie der lokalen Politik doch zunächst eine kommerzielle Ausrichtung vor. Dass es dazu nicht gekommen ist, war das Verdienst der gebürtigen Schwazerin Vera Vogelsberger, an deren Wirken als Gründungsdirektorin der Galerie bereits zum 20-Jahr-Jubiläum der Institution mit der von Cosima Rainer kuratierten Schau Vogelsbergeriana erinnert wurde.

Gegenwart und Zukunft

Bleibt also im 25. Jahr der Blick auf Gegenwart und Zukunft der Institution, die die nunmehrige Galerie-Leiterin Anette Freudenberger als einen Ort der Förderung und internationalen Vernetzung junger Künstlerinnen und Künstler betrachtet. Und als einen, an dem mit den Mitteln der Kunst aktuelle Fragen erörtert werden: Lucie Stahls aus einem leeren Ölfass der Firma Total und einem schwarzen Stahlgerüst gebaute Gebetsmühle ist dafür ein sprechendes Beispiel, setzt sie doch allerlei Überlegungen zu wirtschaftlichen und sozialen Aspekten der Ölgewinnung in Gang.

Als erhellend erweisen sich in dieser Gruppenschau aus bereits gezeigten sowie neuen Positionen vor allem die Uneindeutigkeiten, die aus der scheinbar alles beantwortenden Informations- und Bilderflut der Gegenwart gefiltert werden: Akkurat gebügelte Hemden zum Beispiel, die Seyoung Yoon aus Leinwänden faltet, oder das dumpfe Geräusch von auf Fels aufschlagenden Leibern, die sich in Richard Hoecks und John Millers Mannequin Death als in den Abgrund gestoßene Schaufensterpuppen mit nachträglich produziertem Soundtrack erweisen.

Bedruckte T-Shirts

Als Trugbild erweist sich auch eine vermeintliche Landschaftsdarstellung von Hans-Christian Lotz, die bei näherer Betrachtung seine Bestandteile offenbart: Er kombiniert darin Scheiben eines Schweinehirns mit anderen "Speichermedien", etwa Bestandteile von Computerchips und Solarpanele. Christian Egger wiederum zerlegt das Wort "Abstraktion" in jeweils mit einem Buchstaben bedruckte T-Shirts auf einem Wäschekarussell, während Miriam Visaczki die Zusammenhänge zwischen Antisemitismus und Romantik aus den Dateinamen einer am Computer gespeicherten Bildersammlung zusammenpuzzelt. (Ivona Jelcic, 28.8.2019)