Foto: Die Siedler (Alpha)
Foto: Die Siedler (Alpha)
Foto: Die Siedler (Alpha)
Foto: Die Siedler (Alpha)
Foto: Die Siedler (Alpha)
Foto: Die Siedler (Alpha)

"Erfüllen Sie sich den Traum eines eigenen Königreiches, ohne sich einen Kleinstaat kaufen zu müssen" – so, oder zumindest so ähnlich, wurde einst der erste Teil der Aufbausimulation Die Siedler beworben. Die Reihe des deutschen Studios Blue Byte avancierte in den 1990ern und frühen 2000ern zu einer der bekanntesten Vertreter ihrer Art, ehe der Erfolgslauf durch zu waghalsige Experimente in Richtung klassischer Echtzeitstrategie und zurückgehendem Interesse am Genre selbst zum Erliegen kam.

Im kommenden Jahr soll nun die Rückkehr gelingen. Blue Byte selbst, seit kurzem unter den Namen Ubisoft Mainz und Ubisoft Düsseldorf firmierend, zeichnet dafür verantwortlich. Gab es im Vorjahr nur reines Anschauungsmaterial zu sehen, hatte man heuer auf der Gamescom auch eine frühe Version für ein Hands-on dabei. DER STANDARD hat die Gelegenheit natürlich genutzt.

UbisoftDE | UbisoftTV

Wie bei fast jedem Reboot klassischer Serien versprechen Entwickler und Publisher eine Besinnung auf die alten Stärken bei gleichzeitiger Modernisierung vieler Elemente. Für die Erfüllung dieser Mission soll unter anderem Volker Wertich bürgen, der Vater der Siedler. Und soweit man nach etwa 20 Minuten Präsentation und 40 Minuten Spielzeit sagen kann, ist man auf einem guten Weg.

Sammeln, bauen, jagen

In einer klassischen Partie gegen KI-Gegner startet man üblicherweise am Rande einer Insel in der Nähe wichtiger Basis-Ressourcen. Das wären hauptsächlich Holz und Nahrung. Ersteres besorgt ein Holzfäller in der Nähe eines Waldes. Zweiteres können Jäger, Sammler und Fischer erledigen. Ausschließlich auf fleischliche Nahrung setzen sollte man allerdings nicht. Denn es wird auch ein einfaches natürliches Ökosystem simuliert. Wer die Tiere des Waldes ausrottet oder ihnen sämtliche Nahrung vor der Nase wegsammelt, steht vor einem Problem. Dementsprechend kann man, wenn man durch die Weiterentwicklung des eigenen Rathauses neue Gebäude freischaltet, auch neue Versorgungsquellen erschließen und landwirtschaftliche Produktionsketten aufziehen.

Für den Bau oder die Inbetriebnahme neuer Gebäude sind Straßen nicht zwingend erforderlich. Wer aber will, dass das "Werkl" schnell rennt, sollte welche verlegen, bewegen sich die eigenen Untertanen darauf doch viel flotter fort. Und ähnlich wie viele Bauwerke lassen sich die Routen, die zu Beginn bessere Trampelpfade sind, später ebenso aufwerten.

Turm um Turm zur Grenzverschiebung

Die kluge Anordnung von Straßen und strategisch vorausschauende Erschließung von Ressourcen ist das A und O in der Vorbereitung eines späteren Sieges. Dafür gibt es auch neue Hilfsmittel. Neben Lagern für überschüssige Waren können nun auch Sammelplätze errichtet werden, an denen sich Leute versammeln, die aktuell keiner Aufgabe zugeteilt sind. Ein sinnvolles Feature, besonders wenn man in einem Areal demnächst expandieren möchte. Und abseits des Ausbaus des eigenen Wirtschaftskreislaufs muss außerdem auch noch die wachsende Bevölkerung befriedet werden. Das Volk verlangt immerhin nicht nur nach Essen und Wohnraum, sondern auch nach Trank, Unterhaltung und spirituelle Beschäftigung.

Die Grenzerweiterung des eigenen Reiches erfolgt nach wie vor über die Platzierung von Festungen und Türmen. Einmal erbaut, kommen bald fleißige Untertanen angelaufen und verschieben Stück für Stück die Grenzsteine bis zur maximalen Reichweite des Gebäudes – oder bis sie an den Grenzen eines anderen Reiches anstoßen.

Krieg und Ehre

Um Widersachern den Garaus zu machen, gibt es zwei Wege. Die erste Option ist die klassisch-militärische. Greift man mit einem stärkeren Heer eine feindliche Festung an und kann diese einnehmen, annektiert man das ihr zugeordnete Gebiet. Dort muss man allerdings neu anfangen, denn die Bevölkerung des anderen Reiches ergreift die Flucht und bestehende Gebäude werden niedergebrannt. Bei der Kriegsführung muss man freilich auch aufpassen: Denn wer zu viele Soldaten ausbildet, riskiert einen Arbeitskräftemangel im Wirtschaftssystem.

Die zweite Variante erinnert ein wenig an das Prinzip der kulturellen Expansion aus Civilization und funktioniert hier über Ruhm. Spieler können Helden rekrutieren, diese in eigenen Gebäuden trainieren und anschließend in Arenen zu Turnieren antreten lassen. Zu den Bewerben werden auch Heroen aus angrenzenden Feindgebieten geladen, ebenso wie auch eigene Recken auf Einladungen reagieren. Zudem reisen mit jedem Helden auch "Auswärtsfans" mit, auch wenn diese in der angespielten Alphaversion noch nicht zu sehen waren.

Gewinnt der Kämpfer aus den eigenen Reihen ein Turnier, wird man mit Ruhm belohnt, wohingegen die Bevölkerung der anderen Reiche geknickt auf die Niederlage reagiert. Nach einem Erfolgslauf kann das dazu führen, dass in angrenzenden Feindgebieten Aufstände beginnen und die örtliche Bevölkerung versucht, überzutreten. Gelingt es dem Gegner nicht, die Rebellion unter Kontrolle zu bringen, kann man sich auf diesem Weg ebenfalls neue Gebiete einverleiben – diesmal allerdings mitsamt der bestehenden Infrastruktur und neuen Einwohnern. Allerdings: An militärischen Auseinandersetzungen nehmen die Helden nicht teil. Der Ruhm-Siegespfad ist vom konventionellen Krieg strikt getrennt, heißt es auf Nachfrage.

Wenig Micromanagement, viel Wuselei

All die spielerischen Möglichkeiten werden vom Spieler meist indirekt wahrgenommen. Man baut Gebäude, verlegt Straßen, gibt Befehle für Schlachten und Turniere. Abseits von Trainingsanweisungen für Helden steuert man nie einzelne Einheiten. Und nur fallweise kann man gezieltere Anweisungen geben, etwa mit der Setzung eines Fokuspunktes, wenn man nach der Errichtung einer Festung die Grenzen in eine bestimmte Richtung schneller erweitern will.

Der selbsttätige Zeitvertreib der Bewohner bringt auch den Vorteil, dass man – jedenfalls in frühen Spielphasen – immer wieder Atempausen hat, in denen man dem Treiben gemütlich beiwohnen kann. Dabei gibt es auch stets nette Details zu bewundern, wenn man nahe heranzoomt. Der sprichwörtliche "Wuselfaktor", der schon den früheren Siedler-Spielen oft attestiert wurde, ist definitiv erhalten geblieben. Ist eine Partei schon weiter fortgeschritten, dürfte wohl der gestiegene Komplexitätsgrad dafür sorgen, dass man deutlich seltener dazu kommt, einfach nur zuzusehen.

Kampagne bekommt Koop-Modus

Während das Hands-on ausschließlich einen Einblick ins freie Spiel bot, das künftig auch einen Kartengenerator mitbringt, wird es natürlich eine Kampagne mit Hintergrundgeschichte geben, die auch optionale Nebenmissionen bieten soll. Freunde gepflegter Multiplayer-Partien dürfen sich freuen. Man kann nicht nur gegeneinander antreten, sondern hat auch die Möglichkeit, die Kampagne im Koop-Modus zu spielen.

Grafisch und soundtechnisch hinterlässt die Alphaversion einen positiven Eindruck, wenngleich es noch einige Ecken und Kanten zu schleifen gilt und natürlich auch noch nicht alle Assets und Features implementiert sind. Das Interface ist weitgehend übersichtlich aufgebaut und schnell erlernbar.

Fazit

Es hat sich einiges getan, seit Ubisoft das Comeback der Siedler im letzten Jahr erstmals hergezeigt hat. Das Versprechen, die Wurzeln der Reihe zu erhalten, wurde soweit erfüllt. Frische Features oder, als größte Neuerung, die Ruhm-Mechanik, wirken durchdacht und scheinen sich gut ins restliche Spielkonzept einzufügen. Ob die Balance zwischen militärischem Erfolg und der alternativen Eroberungsoption stimmt, wird sich natürlich erst in einem ausführlichen Test und in Matches gegen menschliche Widersacher zeigen.

Aufbau- und Siedler-Fans können dem Release von Die Siedler mit Vorfreude entgegenblicken. Das Game wird wahrscheinlich noch im ersten Halbjahr 2020 auf Uplay und im Epic Store erscheinen. (Georg Pichler aus Köln, 28.08.2019)