Viorica Dăncilă will weiterregieren.

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Bukarest – Die rumänische Regierung muss bald mit einem Misstrauensantrag im Parlament rechnen, der von der Oppositionspartei PNL eingebracht wird – denn am Montag haben die Liberalen (Alde) die Koalition mit den Sozialdemokraten (PSD) verlassen, und die Regierung unter Viorica Dăncilă verfügt seither über keine Mehrheit mehr im Parlament. Einer der Gründe für das Zerwürfnis ist, dass Alde-Chef Călin Popescu-Tăriceanu als Regierungskandidat bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen den Amtsinhaber Klaus Iohannis antreten wollte, doch die PSD geht nun mit Dăncilă selbst ins Rennen.

Die Alde hat mit ihrem Rückzug aus der Regierung aber vor allem auf die sinkenden Umfragewerte reagiert. Die Partei hatte bei den EU-Wahlen im Mai nicht einmal mehr den Einzug ins Europäische Parlament geschafft und wandte sich in den vergangenen Wochen zusehends von der PSD ab. Stattdessen sucht sie eine neue Zusammenarbeit mit der Partei des ehemaligen Premierministers Victor Ponta – Pro Romania.

"Unabhängiger Kandidat"

Pro Romania und Alde unterstützen nun gemeinsam einen "unabhängigen" Präsidentschaftskandidaten, den früheren Minister und Schauspieler Mircea Diaconu. Das ist auch als geschickter Schachzug zu werten, denn Iohannis liegt in den Umfragen vorn, und wenn Diaconu verliert, schadet es den beiden Parteien nicht.

Der Politik-Analyst Radu Magdin geht indes davon aus, dass Dăncilă mit einer Minderheitsregierung weitermachen kann – zumindest bis zu den Präsidentschaftswahlen im November. Denn auch die größte Oppositionspartei, die PNL, wolle nicht gleich Neuwahlen, sondern zuerst das Präsidentschaftsrennen von Iohannis gewinnen.

Neue Mehrheiten

Regierungschefin Dăncilă kündigte bereits an, nach neuen Mehrheiten zu suchen. Magdin glaubt, dass sie zumindest ausreichend Unterstützung bekommen wird, sodass die Regierung nicht gestürzt wird. Die offenen Ministerposten sollen Vertreter der Partei der Ungarn (UDMR) übernehmen. Ausgeschlossen ist aber nicht, dass es in drei Monaten auch Parlamentswahlen geben könnte – denn auch die Partei der Ungarn könnte dem Misstrauensantrag zustimmen. Eigentlich sollte erst im Dezember 2020 gewählt werden.

Die PSD ist jedenfalls in einer schweren Krise. Nachdem der damalige Parteichef Liviu Dragnea im Mai zu einer Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden war, übernahm Dăncilă die Führung, doch es gibt viele interne Flügelkämpfe. Bei den EU-Wahlen musste auch die PSD herbe Verluste einstecken.

Unprofessionelle Behörden

In den letzten Wochen gab es wieder viel Kritik – insbesondere an der fehlenden Professionalität der Behörden im Fall des Mordes an zwei jungen Frauen. Auch die Änderungen im Justizbereich – durch Eildekrete – und die Entschärfung der Antikorruptionsmaßnahmen führen in Brüssel seit Jahren zu großer Sorge über den Weg, den Rumänien eingeschlagen hat. Dăncilă hat mittlerweile einiges davon wieder zurückgenommen, manche Europäer haben aber bereits Konsequenzen daraus gezogen.

Die rumänische Alde war bis vergangenen April Teil der Alde-Fraktion im Europäischen Parlament, doch der Vorsitzende der EU-Fraktion, Guy Verhofstadt, und die österreichischen Neos drängten darauf, dass die rumänische Alde wegen Korruptionsvorwürfen das Bündnis verlassen muss. (Adelheid Wölfl, 27.8.2019)