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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte Russland zur Zahlung von rund 34.000 Euro Entschädigung an die Familie des Kremlkritischers Sergej Magnizki.

Foto: dpa/Rolf Haid

Straßburg/Moskau – Im Fall des im Gefängnis zu Tode gekommenen kremlkritischen Anwalts und Wirtschaftsprüfers Sergej Magnizki hat Russlandaus Sicht Straßburgs mehrfach gegen Menschenrechte verstoßen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Sitz in der französischen Stadt verurteilte Russland am Dienstag zur Zahlung von rund 34.000 Euro Entschädigung an die Ehefrau und die Mutter Magnizkis.

Die medizinische Versorgung Magnizkis in einer Haftanstalt in Moskau sei unzureichend gewesen und habe letztlich zu seinem Tod geführt, erklärte das Gericht. Zudem sei der Prozess nach seinem Tod unfair gewesen.

Magnizki hatte Beamten des russischen Innenministeriums Millionenbetrug vorgeworfen, war dann unter Vorwürfen des Steuerbetrugs festgenommen worden und starb Ende 2009 im Untersuchungsgefängnis. 2013 sprach ihn ein russisches Gericht der Steuerflucht schuldig.

Russland will Urteil prüfen

Das russische Justizministerium betonte, dass es das Urteil aus Straßburg prüfen werde. "Innerhalb von drei Monaten wird das Ministerium entscheiden, ob es Einspruch einlegen wird", teilte die Behörde der Agentur Interfax mit. Straßburg habe Moskau weder dazu aufgefordert, das Gerichtsurteil gegen Magnizki aufzuheben, noch sei aus der Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofes hervorgegangen, dass dessen Inhaftierung unrechtmäßig gewesen sei, hieß es weiter.

Die russischen Behörden hätten berechtigte Gründe gehabt, Magnizki wegen Beteiligung an Steuerhinterziehung zu verdächtigen, teilte der EGMR mit. Der Verdacht sei aber keine Rechtfertigung dafür gewesen, Magnizki mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft festzusetzen. Seine Bitte um ärztliche Behandlung sei von den Behörden mehrfach ignoriert worden, so der Gerichtshof. Kurz vor seinem Tod sei Magnizki misshandelt worden. In einem offiziellem Report werde der Einsatz eines Gummiknüppels festgehalten, erklärte der EGMR. Russland hatte nach Magnizkis Tod erklärt, er habe einen Herzinfarkt erlitten.

Symbol für Menschenrechtsverstöße

Magnizkis Arbeitgeber, der US-Investmentbanker Bill Browder, machte den 37-Jährigen nach seinem Tod mit einer internationalen Kampagne zu einem Symbol für Menschenrechtsverstöße in Russland. US-Präsident Barack Obama unterschrieb 2012 ein eigens nach Magnizki benanntes Gesetz mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland. Die Entscheidung des EGMR zerstöre nun die Lügen und Propaganda über Magnizki, die von der russischen Regierung verbreitet worden seien, schrieb Browder am Dienstag auf Twitter.

Der Gerichtshof gehört zum Europarat und ist kein EU-Gericht. Der Europarat und EGMR kümmern sich um die Einhaltung der Menschenrechte in den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats. (APA, 27.8.2019)