In der Grazer Studie nahmen die Probanden innerhalb von vier Wochen im Schnitt rund 3,5 Kilogramm ab. Ob Fasten damit besser als eine simple Kalorienreduktion abschneidet, kann aber nicht gesagt werden.

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Genuss und Askese schließen einander nicht aus – zumindest für jene, die nach den Regeln des Intervallfastens leben. Bei der 16:8-Methode wird innerhalb von 24 Stunden 16 Stunden lang auf Nahrung verzichtet, in den darauffolgenden acht Stunden kann gegessen werden. Wer diese Methode wählt, lässt also entweder das Frühstück oder das Abendessen weg. Eine Alternative ist die 5:2-Methode, bei der an fünf Tagen der Woche normal gegessen und an zwei Tagen weitgehend gehungert wird. Nahrungskarenz bedeutet hier nicht mehr als etwa 500 Kilokalorien täglich. Das sogenannte "Alternate-day-fasting" (ADF) setzt abwechselnd auf einen Tag uneingeschränkten Genusses und einen Tag strenger Askese.

Dieses 1:1-Modell haben nun Frank Madeo und sein Team von der Universität Graz und der Med-Uni Graz auf seinen gesundheitlichen Nutzen analysiert. Dazu wurden 60 gesunde Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. 30 Teilnehmer praktizierten über vier Wochen ADF, die andere Gruppe behielt ihren aktuellen Lebensstil bei. Außerdem gab es weitere 30 Probanden, die sich bereits seit mehr als sechs Monaten nach dem 1:1-Modell ernährten. "So konnten wir auch einen ersten, einmaligen Blick auf die Langzeitfolgen des intermittierenden Fastens werfen", sagt Studienleiter Madeo.

Das Ziel der Forscher war, die Effekte des intermittierenden Fastens sowohl auf das Körpergewicht als auch auf molekulare Mechanismen zu untersuchen. Die strenge Einhaltung der Fastentage wurde über einen Sensor auf der Haut kontrolliert, der kontinuierlich den Glukosespiegel der Probanden ermittelte.

Zellreinigung ankurbeln

Die Ergebnisse der Studie: "Bereits innerhalb von vier Wochen haben die Teilnehmer im Schnitt rund 3,5 Kilogramm Körpergewicht reduziert, wobei das mittlere Ausgangsgewicht bei 76 Kilogramm lag", sagt Thomas Pieber, Mitautor der Studie. Zudem wurde ein Anstieg der Ketonkörper verzeichnet. "Diese entstehen als Nebenprodukt der Fettverbrennung bei Kohlenhydratmangel", berichtet der Forscher. Es wird vermutet, dass diese Ketonkörper Entzündungen hemmen können. Ebenso sank die Menge von speziellen Proteinen, die im Verdacht stehen, den Alterungsprozess voranzutreiben.

"Des Weiteren zeigte sich in der fastenden Kohorte eine Reduktion von spezifischen Aminosäurespiegeln, des Cholesterols, des systolischen Blutdrucks, des Bauchfetts oder auch der Entzündungsparameter – alles Effekte, die mit positiven Gesundheitsfolgen assoziiert sind", sagte Madeo. Außerdem stellten die Forscher bei den Fastenden eine milde Reduktion des Schilddrüsenhormons T3 bei gleichzeitiger Erhöhung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons TSH fest – ein Status, der bereits in zahlreichen Studien mit Langlebigkeit in Verbindung gebracht worden ist.

Doch warum kommt es zu diesen Effekten? Madeo vermutet, dass Fasten den Stoffwechsel der Zellen positiv verändert. Erhält der Körper von außen keine Energie, suchen sich die Zellen andere Energiequellen und verarbeiten Abfallprodukte, die nicht mehr gebraucht werden. Dieser Prozess, auch Autophagie genannt, fördert das körpereigene Zellrecycling, die Zellen können sich dadurch besser regenerieren und leben länger.

"Keine verwertbaren neuen Erkenntnisse"

Dennoch bleibt die Frage offen, ob es tatsächlich besser ist zu fasten oder ob es genauso zielführend ist, die Kalorienmenge zu reduzieren. In der aktuellen Untersuchung fehlt der direkte Vergleich mit einer Gruppe, die ihre tägliche Kalorienaufnahme reduzierte. "Deshalb kann auch keine Aussagen dazu getroffen werden, ob das ADF besser ist als herkömmliche Methoden der Kalorienreduktion", sagt der Ernährungsepidemiologe Tilman Kühn vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Ähnlich argumentiert Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften der Uni Wien: "Es war zu erwarten, dass eine Energiereduktion einige positive gesundheitliche Effekte zur Folge hat. Ob diese Effekte allerdings durch alternierendes Fasten verursacht wurden, lässt sich auf Basis des Studiendesigns nicht sagen. Dazu wäre eine Kontrollgruppe erforderlich gewesen, die mit einer anderen Form des Fastens ein ähnliches Ausmaß an Energiereduktion erreicht wie die Gruppe mit alternierendem Fasten."

Ein weiteres Manko der Studie: Aussagen zum Langzeitrisiko werden nur aus Surrogatwerten wie Blutdruck- oder Cholesterolwerten abgeleitet, da die Studiendauer mit vier Wochen zu kurz für harte Endpunkte wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Mortalität ist. "Die Arbeit belegt nicht die Überlegenheit von ADF, sondern von Kalorienreduktion mit ADF. Das ist seit Jahrzehnten bekanntes Wissen Die gegenwärtige Studie liefert keinerlei verwertbare neue Erkenntnisse dazu. Es ist überraschend, dass das Paper mit diesem Ansatz und dieser Datenqualität in dieses hochrangige Journal gelangt ist", sagt Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. (gueb, 31.8.2019)