Bevor er die Hilfsgelder annimmt, will der brasilianische Präsident eine Entschuldigung sehen.

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Brasília– Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro stellt Bedingungen für die Annahme der von den G7-Staaten angebotenen Hilfe zur Bekämpfung der Waldbrände im Amazonas-Gebiet. "Zunächst sollte Macron die Beleidigungen gegen mich zurücknehmen", sagte der Staatschef am Dienstag.

"Er hat mich einen Lügner genannt. Und dann hat er nach meinen Informationen die Souveränität des Amazonas-Gebiets infrage gestellt", warf Bolsonaro dem französischen Präsidenten vor. Die G7-Staaten hatten Brasilien zuvor bei ihrem Gipfel in Biarritz eine Soforthilfe von 20 Millionen Dollar (17,9 Millionen Euro) zugesagt, um die Löscharbeiten in der Waldbrandregion zu unterstützen. Emmanuel Macron bezeichnete die Amazonas-Region wegen deren Bedeutung für den globalen Klimaschutz zudem als Gemeingut.

Zunächst kam Ablehnung

"Um mit Frankreich, das die besten Absichten hat, zu sprechen oder irgendwas anzunehmen, muss er diese Äußerungen zurücknehmen", sagte Bolsonaro. Zuvor hatte sein Präsidialamtschef Onyx Lorenzoni nach der Interpretation eines Blogs im Nachrichtenportal "G1" nahegelegt, dass Brasilien die Hilfe nicht annehmen wolle. Das Geld sei möglicherweise besser in Europa angelegt, sagte Lorenzoni demnach.

Aufnahmen aus der Luft zeigen bereits verbrannte Teile des Amazonas-Regenwaldes.
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Bolsonaro bestätigte das zunächst nicht. "Habe ich das gesagt?", fragte er die Journalisten vor seiner Residenz. "Habe ich gesprochen? Hat Jair Bolsonaro gesprochen?"
Umweltminister Ricardo Salles hatte die Hilfszusage der G7 zuvor begrüßt. Er machte allerdings deutlich, dass die Regierung selbst über die Verwendung der Mittel entscheiden werde.

Ein Zeichen der Freundschaft

Macron bedauerte die zögerliche Haltung der Brasilianer. Das Hilfsangebot sei ein Zeichen der Freundschaft, nicht der Aggressivität, sagte er. Zudem solle die Unterstützung nicht nur Brasilien zugutekommen, sondern der gesamten Amazonas-Region. Wegen seines Überseedepartments Französisch-Guyana begreife sich Frankreich selbst als ein Amazonas-Land.

Viele Feuer wurden offenbar von Farmern auf abgeholzten Flächen gelegt. Die Polizei ermittelt.
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Umweltschutzverbände begrüßten die Soforthilfe zwar, gaben aber zu bedenken, dass die G7-Staaten wegen ihrer Handelspolitik mitverantwortlich für die Brände seien. Die weltweite Nachfrage nach Rindfleisch und Soja aus Brasilien befeuert nach Einschätzung von Greenpeace die jüngsten Brandrodungen.

Gouverneure warnen Bolsonaro

Bolsonaro empfing am Dienstag die Regionalregierungschefs des Amazonas-Gebiets, die ihn vor internationalen Wirtschaftssanktionen und einem schweren Imageschaden warnten: "Wenn sich Brasilien auf internationaler Ebene isoliert, setzt es sich ernsten Handelssanktionen gegen unsere Produzenten aus", sagte der Regierungschef des Bundesstaats Maranhão, Flávio Dino.

US-Präsident Donald Trump lobte unterdessen Bolsonaro. Dieser arbeite "sehr hart gegen die Brände im Amazonas-Gebiet" und leiste allgemein großartige Arbeit für das brasilianische Volk. Bolsonaro habe die volle Unterstützung der USA.

Regelmäßige Brände

Unterdessen intensivierten die Einsatzkräfte die Löscharbeiten in den Waldbrandgebieten. Rund 2.500 Soldaten, 15 Flugzeuge und Hubschrauber sowie zehn Schiffe seien an dem Einsatz beteiligt, teilte das Verteidigungsministerium mit. In einigen Gebieten seien die Brände teilweise bereits zurückgedrängt worden. "Ist es schwer? Ja, aber es ist nicht außer Kontrolle geraten", sagte Verteidigungsminister Fernando Azevedo.

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Auch in Bolivien brennt der Regenwald: Dieses Gürteltier ist durch die Hitze erblindet.
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In Brasilien wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Jänner stieg die Zahl der Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach den jüngsten Angaben der brasilianischen Weltraumagentur Inpe um 80 Prozent auf mehr als 82.000 Brände.

Viele Feuer wurden offenbar von Farmern auf abgeholzten Flächen gelegt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Sojaanbau zu schaffen. Weil es derzeit sehr trocken ist, greifen die Brände auch auf noch intakte Waldgebiete über.

Schriftsteller Coelho mischt sich ein

Indes meldete sich auch der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho zu Wort – mit einer Entschuldigung. In einem Video auf Twitter bedauerte er gegenüber Frankreich und dem französischen Präsidenten die "Hysterie" Bolsonaros.

Der 1947 in Rio de Janeiro geborene Schriftsteller fährt mit Blick auf die brasilianische Regierung fort: "Während der Amazonas brennt, haben Sie keine Argumente, beleidigen nur, leugnen, sagen irgendetwas, nur um Ihrer Verantwortung nicht nachzukommen." Das sei traurig, und man könne nichts dagegen tun. Die Menschen würden sich auch nicht trauen, etwas zu sagen, weil sie Rache befürchteten. Er bitte "tausendmal um Entschuldigung", sagt Coelho. (APA, red, 27.8.2019)

Bolivien setzt eine umgebaute Boing 747 als Löschflugzeug ein.
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