Ökonom Kurt Bayer gibt im Gastkommentar Pamela Rendi-Wagner, Angela Merkel und Donald Trump Nachhilfe in Ökonomie.

Im ORF-"Sommergespräch" am 26. August zog Pamela endlich mit Angela gleich: Während Letztere fälschlich die Staatsauf- und -ausgaben mit jenen der schwäbischen Hausfrau vergleicht ("Der Staat darf nicht mehr ausgeben, als er einnimmt"), schaffte Erstere vermeintlich die Quadratur des Kreises: Ja, sie ist für Klimaschutz, nein, sie ist nicht für eine CO2-Steuer, die die einzelne Autofahrerin trifft, aber wohl für eine CO2-Abgabe für die Schwerindustrie und den Güterverkehr. Argument: Letztere würde nicht die einzelne Konsumentin, den einzelnen Konsumenten treffen, Erstere würde aber (offenbar unausweichlich) die armen Pendler treffen.

Pamela Rendi-Wagner im ORF-"Sommergespräch".
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Es ist ja absurd. Während im Wahlkampf alle Parteien plötzlich den Umweltschutz als wichtiges Thema entdeckt haben, schaffen es die Berater der Parteivorsitzenden nicht, ihr die erfolgreichen ausländischen Beispiele – zum Beispiel Schweiz und Schweden – nahezubringen, wie eine CO2-Abgabe durch Rückvergütung an die Konsumenten sozial verträglich und dennoch lenkend gemacht werden kann.

Ohne die ökonomischen Kenntnisse der beiden Damen mit jenen eines Volksschülers vergleichen zu wollen: Sagt mal, geht es noch?

Ökonomische "Inzidenz"

Offenbar ist Pamela nicht bekannt, dass, wenn es eine Abgabe nur für den Straßenschwerverkehr gäbe, die Zahllast nicht vollständig bei jenem verbleibt, der die Abgabe abzuliefern hat (der Frächter), sondern vor- und zurücküberwälzt würde. In der Ökonomie nennt man diesen Zusammenhang Inzidenz: Je nach der Nachfrageelastizität des betroffenen und mit Abgabe belasteten Gutes kann der Erstzahler zumindest einen Teil dieser Kosten auf die Abnehmer abwälzen.

Also: Handelt es sich um ein lebensnotwendiges Gut, das mit einer neuen Abgabe belastet wird, kann der Zahler (fast) voll auf den Endverbraucher überwälzen (da dieser nicht ausweichen kann), handelt es sich aber im Gegenteil um ein sogenanntes Luxusgut, das man nicht unbedingt braucht, dann muss der Zahler den größten Teil der Kosten (auch durch Einschränkungen der Nachfrage) tragen. Er kann dann noch versuchen, auf seinen Lieferanten rückzuüberwälzen.

... und Dilettanten

Donald argumentiert ähnlich wie Pamela: Er brüstet sich damit, den Chinesen durch seine absurden Zölle elf Billionen US-Dollar aufgebürdet zu haben. Da werden sich die amerikanischen Konsumenten, die je nach Elastizität zumindest einen Teil dieser Zölle zu berappen haben, schön bedanken – und es ihm hoffentlich bei der Präsidentenwahl heimzahlen.

Pamela, Angela und Donald als ökonomische Dilettanten, die die fast ebenso große Unwissenheit der Bevölkerung über volkswirtschaftliche Zusammenhänge zu ihren Wahlgunsten ausnützen wollen. An dieser Stelle muss man einen anderen österreichischen ökonomischen Dilettanten paraphrasieren: "Lernen Sie Ökonomie, Frau Parteivorsitzende, Frau Kanzler, Herr Präsident!" Wir Wählerinnen und Wähler sollten uns von diesen falschen Argumenten nicht täuschen lassen: Den größten Teil der Klimawende zahlen wir. (Kurt Bayer, 27.8.2019)