Blogger Markus Wilhelm verfolgt hier ein Verfahren über eine Klage des Festspiel-Intendanten von Erl, Gustav Kuhn, gegen eine Künstlerin.

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Der kritische Tiroler Blogger Markus Wilhelm (dietiwag.org) kommt nicht zur Verleihung des Claus-Gatterer-Preises des Österreichischen Journalisten-Clubs am 5. September* nach Eisenstadt. Er sehe sich nicht als Journalisten, sondern als politischen Aktivisten, erklärt er in einem Blogeintrag die Ablehnung des mit 10.000 Euro dotierten Journalistenpreises. Gatterer würde sich ob der neuen Sponsoren "im Grabe umdrehen bei diesem Missbrauch seines Namens".

Wilhelm: "Ich sehe mich nicht als Journalisten, schon gar nicht als 'investigativen Journalisten', wie es in der Begründung der Jury heißt, sondern als politischen Aktivisten, der halt schreibt. Ich hab' mir meine Medien stets selber gebastelt. Ich hab' mit dem Journalistenbetrieb nichts zu tun, noch weniger mit dem Österreichischen Journalisten-Club, der den Preis vergibt, am allerwenigsten mit den Herrschaften, die ihn neuerdings finanzieren."

"Butterweich im Burgenland gelandet"

Seit 2019 sponsern das Land Burgenland und die Esterházy-Betriebe den Journalistenpreis des ÖJC. Wilhelm: "Ich schreibe nicht ein Leben lang gegen diese Zustände, um mich dann mit ihnen gemein zu machen. Jemand muss das einmal durchbrechen. Man ist ja nicht nur, was man schreibt, sondern – mehr noch – was man tut. Ich denke nicht daran, mir aus der Hand eines Vertreters der – wie man beschönigend gerne sagt – 'rot'-'blauen' Landesregierung und eines solchen der Esterházy-Stiftung irgendetwas überreichen zu lassen. (Uns trennt nicht nur die Strecke Tirol–Burgenland, uns trennen Welten.)"

Wilhelm schreibt: "Claus Gatterer war ein gebürtiger Südtiroler, der zeitlebens ein Südtiroler geblieben ist und auch in Südtirol begraben liegt. Der Preis ist unmittelbar nach seinem Tode vom Land Südtirol gestiftet und bis 2018 von Gatterers Heimatgemeinde Sexten mitunterstützt worden, auch wenn sich der Österreichische Journalisten-Club in Wien in geschickter Weise schon längst die Namensrechte gesichert hatte. Weil das Land Südtirol auf die immer extremeren finanziellen Forderungen des Journalisten-Clubs nicht mehr eingehen mochte, hat dieser sich neue Geldgeber gesucht und ist butterweich beim Land Burgenland und der Esterházy-Stiftung gelandet. Ausgerechnet. Gatterer kann sich dagegen nicht mehr wehren, also liegt es an mir."

"Doskozils und Niessls von den hohen Rössern holen"

Der Tiroler Wilhelm beschäftigt sich vor allem mit der von der ÖVP dominierten Tiroler Politik und ihren Verflechtungen mit Wirtschaft und Medien. "Eines ist sicher: Lebte ich im Burgenland, wären meine Platters und van Staas dort die Doskozils und Niessls, und diese Website würde sich möglicherweise diebewag.org nennen und die burgenländischen Switaks und Streiters und Maders und Zobls und Schrotts und Kuhns von den hohen Rössern holen."

"Im Grabe umdrehen"

Der Tiroler Blogger: "Ein Hans Peter Doskozil ist auch eine Provokation Claus Gatterer gegenüber. Was sollte der mit der Law-and-Order-Politik des ehemaligen Landespolizeidirektors und jetzigen burgenländischen Landeshauptmannes zu tun haben? Was mit der Esterházy-Sippe, der 2019 immer noch ein Zehntel vom burgenländischen Erdboden gehört? Claus Gatterer dreht sich im Grabe um bei diesem Missbrauch seines Namens."

Preisgeld an Musiker und Sänger von Erl

  • Update: Das Preisgeld von 10.000 Euro will Wilhelm weitergeben, er will das Geld auf "auf dreißig bis vierzig der in Erl so übel ausgebeuteten belarussischen OrchestermusikerInnen und ChorsängerInnen" aufteilen, schreibt er auf dietiwag.org. Es soll "über ein einzurichtendes Treuhandkonto an diese ausbezahlt" werden. Wilhelm: "Keine Wiedergutmachung, dafür reicht es bei Weitem nicht, nur mein durch den Gatterer-Preis ermöglichter symbolischer Beitrag dazu, wenn es schon der Milliardär nicht schafft, den Leuten, auf deren Kosten er einen auf dicke Hose und auf Festspielpräsidenten machen kann, menschenwürdige Gagen zu bezahlen."
  • Update: Daraus dürfte nichts werden: ÖJC-Präsident Fred Turnheim will nun die Jury zusammentrommeln und bis zur Verleihung am 5. September einen neuen Preisträger suchen, erklärte Turnheim laut ORF Tirol. Er zeige sich verwundert, dass Wilhelm den Preis nicht annehme. Im Juli habe der Blogger ihm noch erklärt, dass er sich über den Preis freue. Wilhelm weist das zurück. Er verweist auf sein Mail vom 31. Juli 2019 an den Journalisten-Club. Der ÖJC habe ihn erst am 29. Juli, vier Wochen nach der Aussendung über den Preis, "handfest" kontaktiert. In dem Mail schreibt Wilhelm dem ÖJC:

"Ich habe den Preis nicht angestrebt, wurde ohne mein Wissen eingereicht und brauche so etwas auch nicht. Ich werde an der Überreichung/Verleihung in Eisenstadt auch nicht teilnehmen. Falls Sie das Preis-Geld trotzdem auszahlen, dann ersuche ich Sie, dieses auf ein (bekanntzugebendes) Treuhandkonto zu überweisen, da ich es in der Gesamthöhe an eine Gruppe gedemütigter und betrogener Leute (in Zusammenhang mit den Tiroler Festspielen Erl) weitergeben will, an solche, die es viel notwendiger brauchen als ich."

  • Update: Turnheim antwortet auf Wilhelms Mail so:

"Ich bin über Sie sehr verwundert, sagten Sie mir doch telefonisch zu, dass Sie den Preis annehmen werden. Erst nach ihrer Zusage den Preis anzunehmen wurde die Öffentlichkeit informiert. Nach Ihrem Mail an Herrn Prof. Klotz (oben zitiert, vom 31. Juli, Anm.) habe ich ein Gespräch mit Ihnen und Herrn Nussbaumer, der Sie für den Preis eingereicht hat, gesucht. Herr Nussbaumer rief, im Gegensatz zu Ihnen, zurück und wollte nochmals mit Ihnen reden Das waren bis heute meine letzten Informationen." Nun sei alles anders.

  • Update: Wilhelm bezeichnet Turhheims Darstellung in einem weiteren Mail (mit ausführlicher Schilderung) als unwahr.

(fid, 28.8.2019)