Innenminister Wolfgang Peschorn spielt mit seiner Erzählung der FPÖ in die Hände.

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Innenminister Wolfgang Peschorn wollte in der "ZiB 2" am Dienstagabend möglichst wenig über die Ermittlungen der Soko Ibiza sagen, aber dann sagte er doch sehr viel. Das Video mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus sei "ein wahnsinnig großer Kriminalfall", ja "einer der spannendsten Kriminalfälle der Zweiten Republik". Es gebe "natürlich" Hintermänner, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß. Und die Sache sei so brisant, dass Kriminalbeamte nun um ihr Leben fürchten müssen, weil Peter Pilz ihre Namen veröffentlicht hat.

Was Peschorn hier erzählt, spielt der FPÖ in die Hände. Wenn hinter den geheimen Videoaufnahmen vom Sommer 2017 tatsächlich eine große Verschwörung mit kriminellen Hintermännern stand, dann waren Strache und Gudenus deren Opfer, dann sind die Umstände dieser Falle tatsächlich bedeutender als die unsäglichen Aussagen auf dem Video. Wer das war, lässt Peschorn bewusst offen: die ÖVP, ausländische Geheimdienste? Bloß das BVT, stellt Peschorn klar, wusste vor dem 17. Mai nichts davon.

Was ist wahr?

Dieses Interview erlaubt drei Interpretationen:

1. Peschorn spricht die Wahrheit. Dann sind in dieser Republik mächtige kriminelle Kreise unterwegs, die die Politik unterwandern wollen. Das wäre ein erschreckendes Szenario.

2. Der parteifreie Innenminister biedert sich mit seiner Erzählung bewusst bei der FPÖ an, um sich vielleicht so seinen Posten bei einer zukünftigen Wiederauflage von Türkis-Blau zu sichern. Das wäre ein Skandal.

3. Der Karrierejurist Peschorn hat eine überbordende Fantasie und einen mangelhaften Bezug zur Realität. Er wollte sich bei seinem ersten TV-Interview als Innenminister wichtiger machen, als er ist. Seine Aussagen waren letztlich Hochstapelei. Das wäre peinlich.

Unrealistische BVT-Pläne

Für die dritte Interpretation spricht sein Vorhaben, er wolle noch diesen Herbst das BVT umbauen und dafür einen Konsens unter den Parlamentsparteien erzielen. Das ist unrealistisch, denn das BVT ist dafür politisch viel zu umstritten. Auch Peschorns Beschreibung von zahlreichen politischen Netzwerken im Innenministerium, die alle für ihre eigenen Interessen und gegen die der Republik arbeiten, ist zumindest dick aufgetragen.

Was immer die Wahrheit ist, sie wirft viele Fragen auf – und ist jedenfalls ein Grund zur Sorge. (Eric Frey, 26.8.2019)