Das neue Primärversorgungszentrum in Meidling befindet sich an der Adresse der bisherigen Gruppenpraxis ebenda.

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Wien – Sie sollen die überlasteten Spitalsambulanzen entlasten, doch der Ausbau der Gesundheitszentren zur allgemeinmedizinischen Erstversorgung von Patienten im niedergelassenen Bereich geht äußerst schleppend voran. In Wien wurden bisher drei Primärversorgungszentren (PHC) eröffnet. Der Plan war, bis 2021 bereits 16 dieser Zentren zu haben. PHC zeichnen sich vor allem durch längere Öffnungszeiten und ein größeres, multiprofessionelles medizinisches Betreuungsspektrum aus.

Der Ausbau läuft aber nicht wie geplant: Zwar wurde am Mittwoch ein neues Primärversorgungszentrum (PHC) gleich gegenüber vom Bahnhof Wien-Meidling vorgestellt, jenes in der Donaustadt könnte aber bereits mit Jahresende wieder schließen.

Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) gab am Mittwoch bekannt, dass man den Vertrag gekündigt habe. Die Kündigung sei beeinsprucht worden, ein Verfahren laufe, teilte WGKK-Obmann Alois Bachmair weiter mit. Seitens des PHC Donaustadt zeigte man sich über eine STANDARD-Anfrage dazu überrascht und gab keinen Kommentar ab. Nur so viel: Man werde mit der Gebietskrankenkasse sprechen.

Zwei bis drei Projekte

Großer Andrang seitens der Ärzte, ein PHC zu gründen, besteht nicht: Konkrete Gespräche seien für weitere zwei bis drei Wiener Primärversorgungszentren im Gange, bis Jahresende könnten diese fixiert sein, sagte Bachmair weiter.

Das unternehmerische Risiko, ein PHC zu gründen, will Johannes Steinhart von der Wiener Ärztekammer denn auch nicht unterschätzt wissen. "Es ist gut, wenn es sich um gewachsene Strukturen handelt", sagte Steinhart. Der Start in Donaustadt sei "bei null" gewesen, das sei eine ganz andere Ausgangslage als bei einer funktionierenden Gruppenpraxis.

Das neue PHC in Wien-Meidling wurde seit 2016 als Gruppenpraxis betrieben. Auch das allererste in Wien eröffnete PHC in Mariahilf war eine solche. Würden nur Gruppenpraxen in PHC umgewandelt, wären die Ziele, in Wien in der Endausbaustufe 36 PHC zu haben, aber aktuell nicht erreichbar. Derzeit gibt es laut Ärztekammer Wien nämlich nur 20 Gruppenpraxen für Allgemeinmedizin.

59 Stunden geöffnet

In dem neuen PHC in Meidling sind neben drei Ärzten zwei Pflegekräfte, eine Diätologin, eine Psychotherapeutin, Sozialarbeiterinnen und fünf Assistentinnen tätig. Die Praxis in der Eichenstraße 50-54 hat Montag bis Donnerstag von acht bis 19 Uhr, freitags von sieben bis 19 Uhr und am Samstag von 9.30 bis 12.30 Uhr geöffnet, also 59 Stunden in der Woche. Urlaubs- oder krankheitsbedingte Schließtage gebe es keine, sagte Klaus Klapper, einer der drei Mediziner, die das Zentrum betreiben.

Vor allem Termine zeitig in der Früh werden laut Klapper besonders gut angenommen – sowie abends bis 19 Uhr. Man habe in der Zeit als Gruppenpraxis auch bereits ausprobiert, bis 20 Uhr offenzuhalten, das sei aber weniger gefragt gewesen, sagte Klapper. 250 bis 300 Patienten werden derzeit pro Tag in der Praxis versorgt. Als PHC läuft sie seit 1. Juli.

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) betonte am Mittwoch, wie wichtig der niedergelassene Bereich für Patienten sei: "Die Wiener wollen einen Hausarzt ums Eck." Die Rathausopposition fordert einen rascheren Ausbau der Primärversorgungseinheiten. Man müsse daran mit Hochdruck arbeiten, teilte ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec mit. Laut Neos bräuchte es überhaupt 50 teils spezialisierte Primärversorgungseinheiten. (Gudrun Springer, 28.8.2019)