Hat gut lachen: Kabarettist Klaus Eckel, jetzt von höchster Kabarettstelle beglaubigt.

Foto: Volker Weihbold

Man hätte gerne mehr als zehn Minuten für das Interview, sagt man, und Klaus Eckel schaut überrascht. Vielleicht weil er so schnell spricht. Tatsächlich hat er nach zwölf Minuten und 48 Sekunden alle Fragen beantwortet. Druckreif. Und er hat nicht öfter als dreimal Luft geholt. Für sein Mundwerk erhält er heuer den Österreichischen Kabarettpreis.

STANDARD: Sind Sie jetzt der beste Kabarettist des Landes?

Eckel: Nein, und das klingt jetzt kokett, aber mir fallen zehn bessere ein. Es gibt ein Publikum, das meinen Humor mag, andere mögen ihn nicht. Humor ist ein Angebot. Ich weiß, ich fülle Hallen, aber dass Kulturjournalisten jetzt kommen und nicht nur die kommerzielle Komponente sehen, sondern fragen, kann das was, das freut mich. Das Kabarettistendasein hat ohnehin eine gewisse Monotonie: Man fährt immer zu denselben Orten, kriegt immer die gleichen Wurstplatten hinter der Bühne. Kleinkunst hat im Alltag auch etwas Trauriges an sich.

STANDARD: Worauf kommt es bei einer Pointe an?

Eckel: Auf die Überraschung und darauf, dass man Dinge in einen Zusammenhang bringt, mit denen ein anderer nicht rechnet.

STANDARD: Warum sind patscherte Erben und Inhaber eines Bausparvertrags im Kabarett für Sie interessant?

Eckel: Einen Bausparvertrag zu haben war immer das Synonym für Spießigkeit und ein Zeichen dafür, dass einer schon mit dem Leben abgeschlossen hat, bevor er es begonnen hat. Und man kann sowieso lange darüber reden, ob Erben eine Leistung ist.

STANDARD: In der Diktion der neuen ÖVP sind das die "Leistungsträger" der Nation ...

Eckel: Ich finde es immer lustig, wenn auf einem Wahlplakat der ÖVP steht: "Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein". Denn da müsste man eigentlich darunterschreiben: deswegen Erbschaftssteuer! Die ÖVP merkt gar nicht, dass sie selber die Erbschaftssteuer eigentlich befürwortet.

STANDARD: Es gibt einen neuen gescheiterten Leistungsträger – Jungkanzler Kurz.

Eckel: Ich will nicht in das Sebastian-Kurz-Bashing einstimmen. An den letzten Kanzler, den ich wählen konnte und mit dem ich wirklich zufrieden war, kann ich mich nicht erinnern. Als Kind habe ich Bruno Kreisky wahrgenommen. Er würde heute nicht mehr funktionieren. Der hat doppelt so lange nachgedacht wie gesprochen und seine Meinung vertreten, egal wie die Umfragen waren. In einen Slim-Fit-Anzug hätte man Kreisky auch nicht pressen können.

STANDARD: Sind die Kritiker zu hart mit Sebastian Kurz?

Eckel: Es gibt Dinge, die er falsch macht, und andere sind richtig. Man wirft ihm immer die Koalition mit der FPÖ vor, aber was hätte er sonst machen sollen? Die SPÖ wollte nicht, mit allen anderen ging sich keine Koalition aus, er musste mit der FPÖ zusammengehen. Dass die Partei so ist, wie sie eben ist, haben alle befürchtet und wieder einmal recht bekommen. Aber die Wähler sind dabei das Problem. 20 Prozent wählen diese Partei – man müsste viel mehr darüber reden als über die Koalitionsbildung.

STANDARD: Sie kommen beruflich viel herum, spielen im Herbst jeden zweiten Tag irgendwo. Welchen Eindruck haben Sie von Österreich?

Eckel: Ich schätze es sehr, wenn ich nach einem Auftritt mit den Zuschauern spreche, und die haben meist ganz andere Probleme. Wie viel Aufmerksamkeit bekommt etwa dieses Ibiza-Video! Man muss es aufarbeiten, ja, aber es wird nichts am Gefühl der Bevölkerung ändern, wie ihr Leben ausschaut. Wie funktioniert Landwirtschaft in Zukunft, wie gehen wir mit der Dürre um, wie mit der Abwanderung oder damit, dass Betriebe weiter in den Osten übersiedeln und dass Arbeitskräfte aus dem Osten hier die Lohnkosten senken – von solchen Themen höre ich auf dem Land. Wo spiegelt sich das im Diskurs wider? Diese ganzen urbanen Themen kommen überhaupt nicht an. Da hat in der Politik eine Arroganz in der Themenwahl stattgefunden, die die ländliche Bevölkerung überhaupt nicht berührt. Parteien fehlt teilweise das Fingerspitzengefühl.

STANDARD: Wie sehr nehmen Sie diese Gespräche in Ihr Programm auf?

Eckel: Ich bin kein tagespolitischer Kabarettist, möchte mich nicht am Norbert Hofer oder am Gernot Blümel abarbeiten. Gerhard Polt hat gescheit gesagt, ihn interessiert nicht das Aktuelle, sondern das Akute.

STANDARD: Was wäre gerade akut?

Eckel: Ich rede im neuen Programm über das Belohnungszentrum des Menschen, dass wir uns dauernd bespaßen müssen und Langeweile nicht mehr aushalten, über Neuromarketing in der Wirtschaft und wie wir zu Konsumenten manipuliert werden. Das ist viel wichtiger, als wenn ein Politiker etwas sagt. Denn der ist in zwei Jahren eh nicht mehr im Amt oder gar nicht mehr in der Politik. Es werden zu viele Diskussionen geführt, die nicht relevant sind. Das bedingungslose Grundeinkommen bräuchte den Raum, den das Burkaverbot hat.

STANDARD: Sie werden die Übergangsregierung vermissen?

Eckel: Ein Zuschauer hat zu mir gesagt, jetzt ist Sachpolitik angesagt, aber ab Herbst kommen eh wieder die anderen. Es herrscht gerade eine Wellnessphase der Politik.

STANDARD: Sie nennen sich "Humoranbieter", darin schwingt auch eine Nachfrageseite mit. Wie populistisch darf Humor sein?

Eckel: Natürlich will man gefallen. Wenn die Leute fünf Minuten lang nicht lachen, schreibt man den Text um, sodass sie lachen.

STANDARD: Gibt es eine Pointe, die Sie nach Ibiza, Schredder-Affäre, Spenderlisten und dem Video Christiane Hörbigers für die ÖVP im Wahlkampf noch überraschen kann?

Eckel: Ich fände die größte Pointe, wenn Wahl ist und keiner hingeht. Was würde dann passieren? Die Hochrechnung wäre spannend, wenn kein Balken sich bewegt.

STANDARD: Wenn doch einer hingeht ...

Eckel: ... regiert vielleicht die KPÖ eine Periode lang mit absoluter Mehrheit, weil ein Kommunist Protestbrecher war! (Michael Wurmitzer, 29.8.2019)