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Wir können uns das Ende der Welt eher vorstellen als das Ende unserer Lebensweise: Zu diesem Schluss kommt der US-Journalist und Autor Nathaniel Rich in seinem nun auf Deutsch vorliegenden Buch "Losing Earth". Rich beschreibt darin eindrucksvoll, wie Politik und Industrie vor 30 Jahren die Chance gehabt hätten, die Klimakatastrophe abzuwenden.

Denn spätestens seit den 80er-Jahren war klar, dass unsere Wirtschafts- und Lebensweise in die ökologische Katastrophe führen und einen dramatischen Anstieg der globalen Temperaturen bewirken würde. Die Wissenschaft hatte zwar Gegenrezepte auf den Tisch gelegt: Investitionen in erneuerbare Energien, CO2-Steuern, Senkung der Öl- und Gassubventionen, stärkere Förderung von Energieeffizienz-Programmen etwa. Doch ihre Empfehlungen wurden nicht gehört, die Klimakrise nicht verhindert. Denn die entscheidenden Player in Politik, Industrie und ihre Lobbygruppen hatten kein Interesse daran.

Nathaniel Rich folgt in "Losing Earth" einer Gruppe von Wissenschaftern, Aktivisten und Umweltlobbyisten, die Ende der 70er-Jahre erstmals erkennen, dass sich die Erderwärmung desaströs beschleunigt, wenn sich an unserer Lebens- und Wirtschaftsweise nichts radikal ändert. Er beschreibt ein Jahrzehnt des erbitterten Versuchs, mit den unbequemen Fakten an die Öffentlichkeit zu dringen und gehört zu werden. Und er schildert, wie Politik und Industrie eine gezielte Gegenerzählung entwickelten und vorantrieben – und wie in der Folge der Weltklimavertrag kurz vor seiner Realisierung im Jahr 1989 im letzten Moment doch scheiterte. Anstatt auf neue Geschäftsmodelle umzusatteln, machte man weiter wie bisher.

"Grundbedingung ist, dass wir ehrlich über das Problem zu sprechen beginnen: als einen Kampf ums Überleben. Sobald klar ist, was auf dem Spiel steht, liegen die moralischen Pflichten auf der Hand", sagt der Autor Nathaniel Rich.
Foto: APA / AFP / Alexander Grir

Mehr noch: Das Geld und die Ressourcen, die Politik und Industrie damals gebraucht hätten, um die Klimakrise abzuwenden, wurde dazu verwendet, um mit gezieltem Lobbying und Beeinflussung von Medien und Öffentlichkeit deren Existenz zu verschleiern oder ganz zu verleugnen. All das zeichnet Rich in seinem Buch akribisch nach.

Der österreichische Schriftsteller Clemens Berger hat für den STANDARD vor einigen Monaten einen vielbeachteten und breit diskutierten Text über "Losing Earth" geschrieben. Als Richs Text erschien, war Berger gerade in den USA und las ihn gemeinsam mit Studierenden im Rahmen eines Seminars an der Universität. "Die Reaktionen dieser jungen Menschen waren wie meine eigenen: Erschütterung, Unglaube und der dringende Wunsch, sofort etwas zu ändern." Im Podcast bei Lisa Mayr erzählt Berger, was die Lektüre von Richs Buch für ihn als Menschen, Schriftsteller und jungen Vater bedeutet.

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