Sieht so nicht eine echte Männerfreundschaft aus? Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigt auf ein Flugzeug und fragt seinen Amtskollegen Wladimir Putin: "Ist das die neue SU57?" "Die fünfte Generation", antwortet Putin. "Fliegt die Maschine?", fragt Erdoğan. "Das werden wir gleich zeigen." "Und?", will Erdoğan wissen. "Können wir sie kaufen?" "Das können Sie", antwortet Putin. Daraufhin lachen beide.

Der Dialog trug sich am Dienstag in Moskau zu, wo der türkische Präsident zusammen mit Putin eine Flugschau am Moskauer Schukowski-Flughafen besuchte – und er hat Brisanz, denn die russische SU57 ist ein Konkurrenzmodell zum amerikanischen F35-Kampfjet.

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Putin und Erdovan inspizieren eine SU57-Maschine.
Foto: Maxim Shipenkov / Pool via Reuters / File Photo

Riskantes Spiel

Erdoğan ist für seinen Machtinstinkt und seine Risikobereitschaft bekannt, und tatsächlich ist sein hochriskantes Spiel im Streit mit der Nato bisher aufgegangen. Die Türkei hat von Putin das russische Raketenabwehrsystem S-400 gekauft – bisher ohne größere Konsequenzen. Anfang dieser Woche wurde die zweite Batterie erfolgreich geliefert. Amerikanische Wirtschaftssanktionen sind ausgeblieben. Die einzige Vergeltungsmaßnahme seitens der Nato war bisher der Rauswurf aus dem F35-Kampfjet-Programm. Aber auch dafür sucht Erdoğan nun eben Ersatz in Moskau – in Form der SU57.

Auch sonst gaben die beiden Staatschefs ein Bild der Einigkeit ab: So verkündeten sie etwa, den bilateralen Handel auf 100 Milliarden Dollar jährlich steigern zu wollen. Das entspräche einer Vervierfachung des Handelsvolumens.

Keine unbelastete Beziehung

Heikle Themen sparten Putin und Erdoğan aus: Von denen aber gibt es einige. In der nordsyrischen Provinz Idlib hat die syrische Armee mit einer Großoffensive gegen letzte Rebellenstellungen begonnen. Dabei wurde auch ein türkischer Militärkonvoi bombardiert. Zudem droht der Türkei ein massiver Flüchtlingsstrom, sollte die Provinz in die Hände des Regimes fallen. Assad ist nach wie vor ein enger Verbündeter Moskaus.

Zur selben Zeit ist die kurdische YPG dabei, sich aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet zurückzuziehen. Dort haben die USA nach langen Verhandlungen den türkischen Forderungen nach Einrichtung einer Sicherheitszone zugestimmt.

Männerfreundschaft: Nach der Kampfflugzeug-Schau gab es eine Kugel Eis.
Foto: APA / AFP / TURKISH PRESIDENCY PRESS

Nach der Flugschau gingen die beiden Staatschefs zusammen noch ein Eis essen. Wie schnell es allerdings mit der Männerfreundschaft zwischen Putin und Erdoğan vorbei sein kann, zeigt die Vergangenheit. Als die türkische Flugabwehr im November 2015 einen russischen Kampfjet abschoss, nachdem russische Flugzeuge wiederholt in den türkischen Luftraum eingedrungen waren, verhängte Putin Wirtschaftssanktionen, in deren Folge auch Touristenströme ausblieben. Am Ende musste Erdoğan Moskau um Entschuldigung bitten. Ein Ersatz für eine strategische Allianz wie die Nato ist das nicht. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 28.8.2019)