Die Eltern L. und A. in einem Ausseer Lokal. Am Donnerstag saßen sie und ihre drei Kinder in der Familienschubhaft in Wien-Simmering ein.

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Wien – Im Innenministerium sieht man sich in diesen Stunden mit mehreren dringlichen Schreiben konfrontiert, um die Abschiebung einer fünfköpfigen mongolischen Familie vielleicht doch noch zu verhindern. Es wäre dies ein Verbleibentscheid in allerletzter Minute – denn der Rückflug in die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar via Istanbul ist dem Vernehmen nach in der Nacht auf Freitag oder am Freitag selbst vorgesehen.

"Sehr geehrter Herr Innenminister, ich ersuche Sie inständig um die Überprüfung der Abschiebung und die Prüfung aller in Betracht kommenden Möglichkeiten für den Verbleib der Familie in Bad Aussee", ersucht Stephanie Krisper, Menschenrechtssprecherin der Neos, Innenminister Wolfgang Peschorn per Brief.

Aufgewühlte Stimmung

"In Aussee waren am Mittwoch viele entsetzte Gesichter zu sehen, und mein Handy klingelte ununterbrochen: Die allseits beliebte und geachtete mongolische Familie L./A. wurde – nachdem sie vier Jahre und zehneinhalb Monate in Bad Aussee gelebt hatte – am Morgen abgeholt und in ein Abschiebelager nach Wien gebracht", schildert Elisabeth Welzig, grüne Gemeinderätin in der steirischen Kurstadt, Peschorn die aufgewühlte Stimmung bei den Unterstützern der Familie.

Diese, so Welzig, seien zahlreich, denn die L./A.s hätten sich in Aussee "vorbildhaft integriert". Das jüngste Kind (zehn Monate) sei in Bad Ischl geboren, das mittlere habe einen Großteil seines Lebens in Österreich verbracht.

Der Vater war in der Mongolei Polizeihauptmann und Experte für landwirtschaftliche Maschinen. In Aussee haben er und seine Frau bereits Vorverträge in einem lokalen Gastronomiebetrieb, wo laut Welzig "händeringend Arbeitskräfte gesucht werden".

Gemeinderat einstimmig für den Verbleib

Dort arbeiten duften die beiden aber nicht, denn ihnen fehlt der Arbeitsmarktzugang. Ihr am 29. Oktober 2015 gestellter Asylantrag wurde in der Berufung beim Bundesverwaltungsgericht am 29. Jänner 2019 rechtskräftig abgelehnt. Am 25. Juni 2019 beantragten die L./A.s daher einen Aufenthaltstitel laut Paragraf 55 des Asylgesetzes wegen guter Integration, auch Bleiberecht genannt.

Der Ausseer Gemeinderat hatte diesen Schritt bereits am 12. März einstimmig unterstützt. Die Familie sei "Bereicherung und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft im Ausseerland", heißt es darin.

Bleiberechtsantrag noch offen

Entschieden hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Bleiberechtsantrag noch nicht. Trotzdem bereitete die Fremdenpolizei die Abschiebung vor, wie in vielen derartigen Fällen: Ein Bleiberechtsantrag hat für die Ausweisung keine aufschiebende Wirkung. Das stößt seit Jahren auf Kritik: Menschenrechtsexperten und Flüchtlingshelfer fordern, den Ausgang von Bleiberechtverfahren abzuwarten, vor allem in Fällen gut integrierter Antragsteller.

"Die gerichtliche und rechtskräftige Ausweisung der Familie ist zu vollziehen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Donnerstagvormittag dem STANDARD. Auch der Ausseer Bürgermeister Franz Frosch hatte, wie er dem STANDARD sagte, am Mittwoch diese Auskunft bekommen. Er bedauere das sehr.

Medizinische Einwände

Die Unterstützer wollen die Hoffnung dennoch nicht aufgeben – nicht zuletzt, weil es auch medizinische Einwände gegen den Abtransport gebe. Laut vorliegenden Arztbriefen leiden Vater und mittlerer Sohn an schweren Lungenkrankheiten, ihre diesbezüglichen Behandlungen müssten sie nun abbrechen. (Irene Brickner, 29.8.2019)