Vorarlberger Grüne präsentieren am Donnerstag die 365-Euro-Musterwohnung.

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Dornbirn – Eine der größten Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher sind die Wohnkosten – besonders in Vorarlberg, wo die Mieten 28 Prozent über dem österreichischen Durchschnitt liegen und viele Menschen über die Hälfte ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben müssten, sagen die Grünen.

Den "traurigen Rekord" im Mietpreisranking hält Innsbruck mit 12,93 Euro pro Quadratmeter, sagt Wohnbausprecher Michael Mingler. Maßnahmen gegen Spekulation seien gefordert, aber auch neue Konzepte. Das grüne Low-Budget-Wohnen präsentierten die Wohnbausprecherinnen und Wohnbausprecher aus fünf Bundesländern am Donnerstag auf dem Dornbirner Marktplatz. Mit einem Großplakat machten sie ihre Vision von einer 365-Euro-Wohnung sichtbar.

365 Euro Miete statt Hotel Mama

Nicht mehr als einen Euro pro Tag soll man für eine 42-Quadratmeter-Wohnung inklusive Betriebs- und Nebenkosten an Miete bezahlen müssen. Damit junge Menschen nicht weiter durch "erdrückende Mietpreise" gezwungen werden, Nesthocker zu bleiben, begründete Anna Schiester, Gemeinderätin in Salzburg, die Forderung.

Klimafreundlich und hitzefit müsse gebaut werden. Baukosten sparen könnte man sich durch intelligente Planung, verdichtetes Bauen, kompakte Grundrisse, Modulbauweise, kluge Haustechnik, Verzicht auf Keller und Tiefgaragen, weniger Stellplätze, dafür aber gute Öffi-Anbindung. Dafür sollte die Förderpolitik auf den Kopf gestellt werden, sagt Nina Tomaselli, Wohnbausprecherin der Vorarlberger Grünen. Künftig solle nicht mehr hoch gefördert werden, was viel kostet, sondern Maßnahmen, die Wohnungskosten senken.

Alles paletti – oder auch nicht

Fast zeitgleich, in einer Vorzeigewohnanlage der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft Vogewosi in Mäder, präsentierte Landeshauptmann Markus Wallner (VP) die Ergebnisse einer Studie über die Wohnbauförderung. Ein gutes Modell, an dem man festhalten wolle, sagte Wallner. An die Adresse der nächsten Bundesregierung gerichtet: "Am Wohnbauförderungsbeitrag darf nicht gerüttelt werden." 150 Millionen, 30 davon für die Wohnbeihilfe, sieht das Landesbudget 2019 für die Wohnbauförderung vor.

Studienautor Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen bescheinigt der Vorarlberger Förderung Flexibilität und Treffsicherheit. Vorarlberg habe den gemeinnützigen Wohnbau stark forciert, gebaut werde auch auf dem Land, und gefördert würden auch mittlere Einkommensgruppen.

Enorme Preissteigerung

Besorgniserregend ist für Amann jedoch die Preisentwicklung. Grundstücks- und Wohnungspreise seien in den letzten drei Jahren um 43 Prozent gestiegen. Ein wesentlicher Grund dafür sei die Baulandhortung. Zweifel hat Amann, ob die Mobilisierung bereits gewidmeter Flächen möglich ist, es werde davon abhängen, ob die neuen gesetzlichen Möglichkeiten dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums standhielten.

Kritik übt Amann auch an den hohen Baukosten in Vorarlberg (über 3000 Euro/m²), die um ein Viertel höher sind als im wirtschaftlich vergleichbaren Oberösterreich. Den Grund sieht Amann in der "Abgeschlossenheit des Marktes". Übersetzung: Einige wenige große Firmen, die auch über Rohstoffe wie Beton verfügen, bestimmen den Preis.

Rezepte, wie man den Wettbewerb ankurbeln könnte, hat die Landesregierung nicht. Die östlichen Bundesländer seien zu weit weg, sagt Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (VP), im benachbarten Süddeutschland herrsche Bauboom, die Baufirmen seien ausgelastet.

Mieten und kaufen

Der scheidende Landesrat ist stolz auf seine Wohnbaubilanz. Innerhalb von elf Jahren sei die Zahl der Gemeinden mit sozialem Wohnbau von 40 auf 78 gestiegen. Vorarlberg investiere 386 Euro pro Kopf in die Wohnbauförderung, das sei österreichische Bestmarke. Jährlich bewillige man 3.500 Wohnungen. Bis 2024 möchte man 4.500 Wohnungen im Programm "Wohnen 500 plus" errichten. Diese Wohnungen sind rund 65 Quadratmeter groß und kosten zwischen 500 und 600 Euro Miete inklusive Betriebskosten.

Mit der Wohnproblematik beschäftigen sich auch die Neos. Sie fordern die Wohnbauträger auf, wieder vermehrt Mietkaufwohnungen anzubieten. Das pinke Modell heißt Flexi-Mietkauf, soll vor allem bei der Familiengründung helfen – geleistete Mietzahlungen sollen auf den Kauf einer größeren Wohnung angerechnet werden. Schließlich sei Eigentum eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft, sagen die Pinken. (Jutta Berger, 29.8.2019)