Ist es gerechtfertigt, dass Frauen beim Friseur mehr zahlen – und zwar selbst bei einem Kurzhaarschnitt? In einer Studie des IHS wird diese allgegenwärtige Praxis kritisiert.

APA / Helmut Fohringer

Wien – Abholen, reinigen, bügeln und wieder zustellen. Der Textilreiniger Jonny Fresh bietet eine simple Dienstleistung für gestresste Kunden in Wien an, denen die Zeit oder das Können fehlt, um die Wäsche zu waschen. Wer sich die Preise näher ansieht, wird einen Unterschied entdecken: Der Reinigungsservice für das Hemd kostet in zentraler Lage in Wien 2,49 Euro – für die Bluse aber das Doppelte, 4,99.

Differenzen wie diese sind keine Seltenheit, sondern der Normalfall in Österreichs Textilreinigungen. Das ist das Ergebnis einer am Donnerstag vorgestellten Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Wien. Die Ökonomin Karin Schönpflug und ihre Kollegin Viktoria Eberhardt haben untersucht, welche Preisunterschiede es für Frauen und Männer in Friseursalons, Textilreinigungen und in Drogeriemärkten gibt.

Dafür befragten sie 450 Friseursalons und 80 Textilreinigungen telefonisch. Sie verglichen die Preise in den Onlineshops von DM, Bipa, Douglas, Marionnaud und geizhals.at für elf unterschiedliche Gruppen von Pflegeprodukten, etwa Duschgels, Rasierklingen, Shampoos, Bodylotions und Augenpflegeartikel.

Das Ergebnis:

  • Fast alle Textilreinigungen, 96 Prozent, verrechnen für die Reinigung einer Baumwollbluse ohne Taschen, Rüschen oder aufwendige Details mehr als für ein Baumwollhemd. Im Schnitt zahlt eine Frau für ihre Bluse 3,30 Euro mehr als ein Mann fürs Hemd.
  • Für denselben Service in Friseursalons, also Waschen, Schneiden und Trocknen bei kurzen Haaren, bezahlt eine Frau im Schnitt elf Euro mehr als ein Mann.
  • Bei den Körperpflegeprodukten haben die Studienautoren Preise der wichtigsten Markenanbieter herangezogen. Pro Packung müssen Frauen demnach um neun Euro mehr bezahlen. Sieht man sich die beliebtesten Produktkategorien an, die tatsächlich gekauft werden – in Onlineshops wird das ausgewiesen –, zahlen Frauen im Schnitt um acht Euro weniger. Viele weichen also auf billigere Anbieter aus.

Was ist die Conclusio? Denn Diskriminierung würde nur vorliegen, wenn es keine sachliche Begründung für die Preisunterschiede gibt. Wer beim Textilreiniger Jonny Fresh nachfragt, warum die Bluse teurer ist als ein Hemd, erhält die Auskunft, dass die Herrenhemden maschinell gebügelt werden, was bei Blusen technisch nicht möglich sei.

Entwicklungsökonomin Eberhardt sieht dagegen klare Anhaltspunkte dafür, dass eine nicht sachgerechte Ungleichbehandlung stattfindet. So sagen zwar viele Textilreinigungen, dass die Preisunterschiede daher kommen, weil Hemden anders gebügelt würden. Aber nachgefragt wurde ebenso, was Herrenhemden kosten, wenn auch sie händisch gebügelt werden. Der Preisunterschied wird nur etwas kleiner, bleibt mit 2,20 Euro pro Kleidungsstück aber noch beachtlich.

Und: Fast zwei Drittel der Friseursalons sind laut Studie nicht bereit, Frauen einen Haarschnitt zum Herrenpreis zu geben, selbst unter dem Verweis, wie kurz die Haare sind. Die Preisunterschiede im Warenkorb bestehen auch, sind sogar tendenziell größer, wenn nicht Produkte verglichen werden, sondern Mengen.

Ein Baustein

Dass Frauen für vergleichbare Produkte mehr zahlen, ist international ein seit langem diskutiertes Phänomen. 2018 hat die Deutsche Antidiskriminierungsstelle eine Studie zum Gender-Pricing vorgestellt. Dabei wurde festgestellt, dass es keine pauschal höheren Preise für Frauenprodukte gibt. Nur in einzelnen Bereichen, bei Friseuren, Textilreinigungen und Pflegeprodukten, wurden "nicht nachvollziehbare" Preisunterschiede festgestellt.

Auf Basis dieser Ergebnisse haben die Studienautoren für die IHS-Studie in Österreich, die von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst beauftragt wurde, ihr Forschungsdesign gewählt.

Schönpflug und Eberhardt sagen, dass es einfach wäre, das "diskriminierende Verhalten" zu beenden: Friseure könnten nach in Anspruch genommener Zeit verrechnen. Das Gender-Pricing ist für die beiden "ein Baustein" der Diskriminierung von Frauen im Wirtschaftsleben. (András Szigetvari, 29.8.2019)