Uli Hoeneß hört als Präsident auf.

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München – Am Donnerstagabend um 20.25 Uhr wurde endlich offiziell, was in München seit Wochen ein offenes Geheimnis war: Uli Hoeneß wird als Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern abtreten, der deutsche Rekordmeister steht vor einer Zäsur. Die Posten soll der ehemalige adidas-Chef Herbert Hainer übernehmen. Im neunköpfigen Aufsichtsrat will Hoeneß, der sich bei der Jahreshauptversammlung am 15. November nicht erneut als Präsident zur Wahl stellt, bis 2023 bleiben.

Die letzten Zweifel am Rückzug des starken Manns des erfolgreichsten deutschen Fußballvereins hatte bereits einen Tag vor der Aufsichtsratssitzung, bei der Uli Hoeneß das Gremium in seine Pläne einweihte, der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zerstreut. Gewohnt beiläufig plauderte Stoiber das gar nicht mehr so geheime Geheimnis aus.

Und als die Bayern am Mittwoch in der bayerischen Staatskanzlei für die Erfolge der vergangenen Saison geehrt wurden, verriet Stoiber auch, warum Hoeneß abdankt. Auslöser für den Rückzug seien Vorwürfe eines Mitglieds bei der Jahreshauptversammlung im November 2018 gewesen, das "war für ihn ein solcher Schock, und dann kamen noch die Zwistigkeiten mit Kalle dazu". Stoiber, selbst Mitglied im Aufsichtsrat der Münchner, gilt als ein Vertrauter von Hoeneß. Er dürfte wissen, was den Bayern-Patron bewegt.

die Trainerfrage

Bei den aktuellen "Zwistigkeiten" handelt es sich laut Stoiber um die "Auseinandersetzung um den Trainer". Hoeneß war im Frühjahr 2018 voll auf Jupp Heynckes fixiert, und als er dann endlich einsah, dass er sich verrannt hatte, war Rummenigges Favorit Thomas Tuchel bereits vom Markt. Die "Zwistigkeiten" wirken bis heute nach: Den von Hoeneß gestützten Niko Kovac zählt Rummenigge bei Gelegenheit gerne an, zuletzt strafte er den Kroaten bei der Double-Feier in Berlin mit Missachtung in der Bankettrede.

"Nein", sagte Kovac am Donnerstag auf die Frage, ob er denn etwas mitbekommen habe von den Meinungsverschiedenheiten der Oberen. "Ich hatte genug zu tun, glauben sie mir", beteuerte er lächelnd und sah auch davon ab, nochmal über seine eigene Verpflichtung zu reden: "Ich muss nichts mehr aufwärmen, was keinen mehr interessiert." Zugleich versicherte Kovac, dass er ein "freundschaftliches" und "offenes" Verhältnis zu Hoeneß habe und oft mit diesem kommuniziere.

Uli vs. Kalle

Die "Zwistigkeiten mit Kalle" gehen freilich weiter zurück. Bei der Jahreshauptversammlung im November 2016, als Hoeneß knapp neun Monate nach Ablauf seiner Haftstrafe unter großem Jubel der Mitglieder erneut für drei Jahre zum Präsidenten gewählt wurde, sagte Rummenigge: Es ist nun Zeit, den Umbruch in der Führung einzuleiten, sportlich Verantwortlicher solle Philipp Lahm werden. Was sich der Kopfmensch Rummenigge (63) da ausgedacht hatte, fand der Bauchmensch Hoeneß (67) nicht so gut: Lahm verzichtete im Frühjahr 2017 lieber.

Bei seiner Wiederwahl hatte Hoeneß angekündigt, sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen zu wollen – er tat es nicht. Lahm sagte unter anderem deshalb ab: "Ich glaube, dass Uli Hoeneß noch zu tatkräftig ist, um loszulassen. Zu jung. Er will die Dinge selbst beeinflussen", erklärte er später. Kurz darauf kam die nächste Absage: Max Eberl, Wunschkandidat von Hoeneß als Sportdirektor, blieb in Gladbach. Er hatte mitbekommen, dass Rummenigge und Hoeneß sich abermals nicht einig waren – ein Spannungsfeld, in das er nicht hineingeraten wollte.

Der Einfluss bleibt

Auf Hasan Salihamidzic konnten sich Rummenigge und Hoeneß einigen, der oft unglücklich agierende Sportdirektor, dessen Vertrag bis 2020 läuft, gilt aber als Mann von Hoeneß. Ebenso Oliver Kahn: Er wird ab Januar als Nachfolger von Rummenigge eingearbeitet – von Rummenigge. Der Machtwechsel soll dann nach dem Ablauf von Rummenigges Vertrag Ende 2021 vollzogen werden. Hoeneß wird dann weiter im Aufsichtsrat sitzen. Als einfaches Mitglied nur, aber stets im Beisein des mit ihm befreundeten Hainer.

Hoeneß, sagte Stoiber, werde weiter Einfluss nehmen – "in der gebotenen Zurückhaltung". Schwinden wird der Einfluss des Patrons aber wohl kaum.

Lewandowski verlängerte Vertrag

Robert Lewandowski hat seinen Vertrag einige Stunden davor vorzeitig um zwei Jahre bis 30. Juni 2023 verlängert. Ursprünglich lief der Kontrakt des Kapitäns der polnischen Nationalmannschaft, die am 9. September in der EM-Qualifikation das ÖFB-Team empfängt, beim deutschen Fußball-Rekordmeister bis 30. Juni 2021.

"Robert ist für mich der beste Mittelstürmer der Welt und seit Jahren eine tragende Säule unserer Mannschaft. Daher sind wir sehr glücklich, dass er noch lange für den FC Bayern spielen wird", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge laut Mitteilung vom Donnerstag.

Lewandowski war vor fünf Jahren ablösefrei von Borussia Dortmund nach München gewechselt. In 246 Pflichtspielen erzielte der 31-jährige Clubkollege von David Alaba 197 Tore für die Münchner. "Der FC Bayern ist meine sportliche Heimat geworden", sagte Lewandowski. "Ich bin davon überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren noch viel erreichen werden." (sid, APA, 29.8.2019)