Intervalle lassen sich gut in der Gruppe absolvieren, sofern jeder sein Tempo läuft.

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Franziska Zoidl ist Journalistin und begeisterte Läuferin. Wenn es einmal wehtut, schreibt sie darüber.

Unwissende dürften sich ziemlich wundern, wenn sie meine Laufgruppe beobachten: Wir stehen herum, ehe wir plötzlich kollektiv und wie von der Tarantel gestochen in zügigem Tempo loslaufen, einem unsichtbaren Ziel entgegenkeuchen – und auf einmal wieder stehen bleiben. Zwei Minuten lang gehen wir dann locker auf und ab, ermuntern oder bemitleiden uns gegenseitig – bis wir wieder loslaufen. So geht das eine Stunde lang.

Aber weil wir auf der Prater-Hauptallee und damit auf der Lieblingslaufstrecke der Wiener sind, wundert sich niemand. Immer wieder ziehen andere – viel, viel schnellere – Läuferinnen und Läufer an uns vorbei, um wenig später in einen langsamen Trott zu verfallen.

Diesen Wechsel von schnell auf langsam nennt man Intervalltraining. Richtig gemacht, ist ein solches Training nicht nur wahnsinnig anstrengend, sondern auch sehr effektiv. "Was wir nicht üben, können wir nicht", erklärt Josef Niebauer, Vorstand des Salzburger Universitätsinstituts für präventive und rehabilitative Sportmedizin. Wer beim Laufen schneller werden will, muss das schnelle Laufen trainieren. Das bedeutet: Ich muss raus aus jenem gemütlichen Wohlfühlbereich, in dem ich normalerweise meine Laufrunden absolviere.

Training mit Gleichgesinnten

Und weil mir das so schwer fällt und nach einem langen Arbeitstag die Couch zu Hause so verlockend ist, mache ich seit kurzem mit einer Laufgruppe einmal pro Woche ein Intervalltraining. Erst waren es nur 200 Meter, die wir in schnellem Tempo zurücklegten. Seither weiß ich übrigens, wie unfassbar lang sich 200 Meter anfühlen können. Langsam steigerten wir die Distanzen. Mittlerweile stehen wir bei einem Kilometer, den wir vor wenigen Tagen achtmal absolviert haben. Dazwischen lagen immer zweieinhalb Minuten Pause.

Jeder von uns läuft in seinem Tempo. Wichtig ist, dass das eigene Tempo gleichmäßig bleibt. Wir müssen uns unsere Kräfte also gut einteilen. Als Faustregel gilt, dass die Distanzen immer mit einer etwas höheren Geschwindigkeit als dem geplanten Wettkampftempo gelaufen werden sollten.

Wer mit Pulsuhr trainiert: Die Herzfrequenz darf dabei auf 90 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz raufschnellen. In den Ruhepausen sollte sie dann wieder auf 60 bis 70 Prozent herunterkommen. Komplett ausgeruht sollte man sich zwischen den Intervallen allerdings nie fühlen.

Nur für Gesunde

Während wir auf der Hauptallee fluchen, schütten unsere Muskeln unter Belastung Laktat, also Milchsäure aus, wenn Sauerstoff nicht mehr in dem Maße zum Muskel gebracht werden kann, wie er gebraucht wird. Bei geringer Trainingsintensität kann das Laktat noch vom Körper abgebaut werden. Wird es richtig anstrengend, schafft er das nicht mehr.

Dann wird im anaeroben Bereich trainiert – und daher wird es richtig anstrengend. Lange hält man diesen Zustand nicht durch. "Bei Intervallen lernt der Körper, mit möglichst wenig Laktatbildung auszukommen und auch das Laktat auszuhalten", sagt Niebauer. Das tut weh. Einen Muskelkater sollte man am nächsten Tag aber trotzdem nicht haben – sonst hat man es übertrieben.

Ganz wichtig: Intervalle, das betont Sportmediziner Niebauer, sollten nur von Menschen probiert werden, die nachweislich gesund sind. Spricht aus gesundheitlicher Sicht nichts dagegen, dann zahlt sich das Training nicht nur bei Sportlern, sondern auch bei älteren Menschen aus, um fit zu bleiben – allerdings mit weitaus geringeren Intensitäten.

Auch wenn die Überwindung für mich jede Woche aufs Neue groß ist: Spätestens wenn die letzte flotte Einheit absolviert ist und wir kollektiv nach Luft schnappen, stellt sich ein großes Glücksgefühl ein. Wir geben uns High Fives – und sind alle stolz, uns wieder einmal ein wenig gequält zu haben. War doch gar nicht so schlimm, denke ich mir dann. Bis zum nächsten Intervalltraining. (Franziska Zoidl, 1.9.2019)