Die Foto- und Keramikkünstlerin Petra Lutnyk wohnt in einem alten Meierhof in Diendorf am Kamp. Zu ihren Mitbewohnern zählen Menschen, Turopolje-Schweine und respekteinflößende Wasserbüffel.

"Aufgewachsen bin ich am Bahnhof in Landeck. Das war ein ganz klassisches Bahnhofsgebäude, wie man es in Österreich heute noch hundertfach vorfindet. Meine Eltern haben dort das Bahnhofsrestaurant betrieben. Das war insofern prägend, als ich als Kind riesige Spielflächen zur Verfügung hatte. Im ersten Stock gab es einen ewig langen Gang, auf dem wir Eishockey spielten. Den Bedarf nach großen Räumen gibt es bis heute.

Petra Lutnyk neben ihrem Lieblingssessel, dem Lounge Chair samt Fußhocker von Eames.
Foto: Pilo Pichler

Lange Zeit habe ich in Wien mit einer Freundin in einer 60 Quadratmeter großen Wohnung gelebt, aber das war nicht wirklich befriedigend. Was kann man schon auf 60 Quadratmetern machen – außer vor dem Fernseher sitzen, am Schreibtisch sitzen, in der Badewanne sitzen? Das ist der Grund, warum ich meinen Lebensmittelpunkt schließlich hierher nach Diendorf am Kamp verlagert habe.

Gefunden hab ich die Wohnung, indem ich Freunde besuchte. Ich habe mich hier auf Anhieb wohlgefühlt. Die Eigentümer suchten Mieter, die bereit waren, einen Teil des verfallenen Hofes zu renovieren und dafür auf bestimmte Zeit mietfrei zu wohnen. Ich dachte mir: "Ja, wieso eigentlich nicht ich? Ich brauch sowieso mehr Platz für ein Atelier!" Das war vor 30 Jahren.

Foto: Pilo Pichler

Das Ganze ist ein alter, barocker Meierhof in der Nähe von Hadersdorf und Langenlois, der früher einmal das Schloss Walkersdorf versorgte. Ich würde die Anlage als historisches Wohnprojekt bezeichnen. Wir sind inzwischen sechs Erwachsene und zwei Kinder, die sich immer noch sehr mögen und die es schaffen, auch nach 30 Jahren noch gemeinsam auf Urlaub zu fahren. Neben den Wohnungen gibt es mein Keramikatelier, einen Veranstaltungsraum, eine Kräuterwerkstatt, eine Käserei und einen Biobauernhof mit Ziegen, Turopolje-Schweinen und wirklich großen Wasserbüffeln, die mir immer noch Respekt einflößen.

Der Teil, den ich mit meinem Mann bewohne, ist rund hundert Jahre alt. Soviel ich weiß, waren das einmal Stallungen, eine Melkerwohnung und eine Traktorgarage. Wir wohnen hier auf 110 Quadratmetern. Hinzu kommen mein Atelier mit weiteren 110 m² sowie eine 70 m² große Werkstatt für alles Mögliche. Jeder, der mich kennt, weiß: Wenn ich an der Töpferscheibe sitze, mit Keramik oder Porzellan arbeite oder hochkonzentriert fotografiere, wie den ganzen letzten Winter für meine aktuelle Ausstellung im Naturhistorischen Museum, sollte man mich besser nicht stören! Meist arbeite ich mich dann in einen Zustand tiefer Zufriedenheit hinein.

Was die Einrichtung ihrer Wohnung in dem alten Meierhof betrifft, sei sie "nicht die Durchgestylte", sagt Petra Lutnyk.
Foto: Pilo Pichler

Die Wohnung ist – im Gegensatz dazu – ein geselliges Zentrum für alle. Das, was wir als Wohnzimmer bezeichnen, wird von Freunden und Besucherinnen oft als Bauernhof-Lobby, manchmal auch als Tanzlokal genutzt. Ich mag den Raum sehr, weil er von beiden Seiten Licht bekommt.

Was die Einrichtung betrifft: Ich bin nicht die Durchgestylte! Es sind vielmehr die mit den Möbeln verbundenen Geschichten und Hintergründe, die mir so etwas wie Gemütlichkeit und Geborgenheit vermitteln. Ein richtig stylishes Möbel haben wir dennoch, den Lounge Chair von Eames.

Gemütlichkeit und Verborgenheit vermitteln eher Geschichten, so die Künstlerin.
Fotos: Pilo Pichler

Den hat mir mein Mann geschenkt, weil er der Meinung war, dass ich angeblich jahrelang von dem Sessel geschwärmt habe. Jetzt schwärme ich immer noch! Das ist der beste Guten-Morgen-Fauteuil, den man sich vorstellen kann. Hier sitze ich in der Früh, genieße meinen Kaffee, lese Zeitung oder lerne Italienisch. Mehr brauche ich nicht, außer dass ich eines Tages noch erleben will, dass das Dach dicht wird. Irgendwo gibt es ein Leck, das bis heute niemand gefunden hat." (2.9.2019)