Ex-Innenminister Herbert Kickl hat personelle Weichen im Innenministerium gestellt.

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Der für seine Anhänger "beste Innenminister aller Zeiten" wird seinen einstigen Arbeitsplatz auch über seine Amtszeit hinaus prägen. Herbert Kickl hat personelle Weichen gestellt und freiheitliche Vertrauensleute mit Posten versorgt, diese auch in wichtige Positionen gehievt. Kickl hatte den größten Mitarbeiterstab, über den ein Minister in der Herrengasse in jünger Zeit verfügt hat: 48 Personen arbeiteten in seinem Kabinett, inklusive sechs Fahrern. Im Vergleich: Seine Vorgänger hatten 26 respektive 24 Mitarbeiter, sein Nachfolger Wolfgang Peschorn kommt mit 19 Leuten im Kabinett aus.

Im Kabinett soll viel Parteiarbeit geleistet worden sein – sogar mehr als unter früheren schwarzen Innenministern. Und Sparsamkeit war kein Gebot. Bekannt ist bereits, dass manche Mitarbeiter durch Überstunden und andere Taxen auf 16.000 Euro monatlich brutto kamen. Nun hat Peschorn aber eine Evaluierung früherer Gehaltsabrechnungen eingeleitet. Erste Ergebnisse sollen vereinzelte Gehaltsabrechnungen von mehr als 18.000 Euro zeigen. Damit hätten Kickls Mitarbeiter mehr als der Minister selbst verdient, dem 17.861 Euro und 80 Cent zustehen. Derartige Summen entstünden durch Überstunden, die über mehrere Monate lang gesammelt wurden, sagt das Innenministerium.

14 Mitarbeiter waren vorher nicht im Ministerium, dann schon

Kickls Vertrauensleute wurden aber nicht nur gut bezahlt, sie wurden auch gut versorgt. Als der freiheitliche Minister am 22. Mai dieses Jahres, post Ibiza, seines Amtes verlustig ging, wurde auch sein Kabinett aufgelöst. Aber nur bei sechs der 48 Mitarbeiter wurde der Dienstvertrag mit dem Bund beendet. Kickls Kabinettschef Reinhard Teufel wechselte wieder in die Parlamentsdirektion, etliche andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kehrten auf ihren ursprünglichen Posten innerhalb des Ministeriums oder bei den Landespolizeidirektionen zurück. 14 Personen, die vor der Ära Kickl nicht im Ministerium aktiv waren, wurden mit Posten versorgt, bestätigt das Ministerium. Laut einem Sprecher der FPÖ handelt es sich dabei "im Wesentlichen um freie Positionen im Bereich Assistenz und Sekretariat", für die sich Ex-Kabinettsmitarbeiter beworben hätten.

Blaue Vertrauenspersonen

Einer, für den noch ein Job gefunden werden muss, ist Peter Goldgruber, ehemals Generalsekretär des Ministeriums und damit eine der engsten Vertrauenspersonen Kickls. Dieser hatte Goldgruber noch kurz vor seiner eigenen Abberufung zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit bestellt, doch Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterzeichnete das Ernennungsdekret nicht. Goldgruber ist nach wie vor "Referent", seine Position ist offen. Ein Job wird gesucht, in der Gehaltsklasse ist Goldgruber empfindlich zurückgefallen.

Aber auch schon zuvor hatte die FPÖ mit der Machtübernahme im Ressort ihre Vertrauensleute auf diversen Posten platziert, manche Jobs sind gewichtig, andere von geringerer Bedeutung. Die fachliche Qualifikation sei dabei nicht im Vordergrund gestanden, sagen interne Beobachter.

Helgar Thomic-Sutterlüti war einst Straches Kabinettschef. Jetzt ist er in der Gruppe I/A für Personal und Budget zuständig.
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Eine der ganz zentralen Personen ist dabei Helgar Thomic-Sutterlüti, der zuvor Bürochef von Heinz-Christian Strache war und im Innenministerium schließlich stellvertretender Leiter der Präsidiumssektion wurde und dort die Gruppe Personal, Organisation und Budget übernahm – eine Schlüsselstelle. Die Verteilung der frei gewordenen Kabinettsmitarbeiter Kickls auf das Haus soll über ihn gelaufen sein.

Sutterlüti war zuvor im Finanzministerium gewesen, wechselte dann zur Telekom, ehe er Bürochef von Strache im Beamtenministerium wurde. Dort soll es ein Zerwürfnis gegeben haben, erzählen sich freiheitliche Gefolgsleute. Sutterlüti wechselte jedenfalls direkt zu Kickl ins Innenministerium.

Christoph Luisser war selbstständiger Anwalt und FPÖ-Gemeinderat. Jetzt ist er zuständig für Fremdenwesen.
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Eine heikle Position hat auch Christoph Luisser, freiheitlicher Gemeinderat aus Niederösterreich, inne. Er wurde unter Kickl ebenfalls stellvertretender Sektionschef, und zwar für das Fremdenwesen – für die FPÖ thematisch eine besonders wichtige Sektion. Hier versucht die FPÖ direkt auf den Umgang mit Asylwerbern und Aufenthaltsberechtigten Einfluss zu nehmen. Und zwar nicht im Konsens, wie Kollegen im Ressort konsterniert feststellen, sondern auf eine destruktive Art.

Luisser, ehemals als selbstständiger Rechtsanwalt tätig, ist dort formal für "Staatsbürgerschaft und Aufenthaltswesen" zuständig. Gemeinderat Luisser publizierte regelmäßig im "Biedermannsdorfer Blaulicht", einer Parteizeitung der FPÖ. Aus seinem Lebenslauf lesen Juristen des Innenministeriums nicht unbedingt eine Empfehlung für den Posten als Gruppenleiter in der Sektion heraus. Luisser wird zum inneren Kreis um Strache gezählt. Beim parteiinternen Putsch von Knittelfeld im Jahr 2002 ist er an Straches Seite zu sehen.

Gerhard Reischer, blauer Gemeinderat und einst Chef der Fremdenpolizei, leitet nun das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.
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Mit Gerhard Reischer hat die FPÖ eine weitere zentrale Position im Ministerium besetzt. Der ehemalige blaue Polizeigewerkschafter und Gemeinderat wurde im März dieses Jahres zum Leiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl bestellt. Er sollte dort Kickls harte Linie gegen Asylwerber umsetzen. Reischer war zuvor Leiter der Fremdenpolizei. Er war, und das ist bei so einem Job ungewöhnlich, der einzige Bewerber. In der Öffentlichkeit ist er seit seiner Bestellung noch nicht aufgetreten.

Judith Klinar kam nach Praktika bei Harald Vilimsky und der FPÖ Wien zur FPÖ Oberösterreich, dann retour nach Wien, in Kickls Kabinett und leitet nun die Social-Media-Abteilung.
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Die Social-Media-Abteilung des Innenministeriums ist ebenfalls in blauer Hand. Nach wenigen Wochen im Kabinett von Kickl wurde Judith Klinar zur Leiterin der Abteilung bestellt. Ihre Qualifikation liest sich im beruflichen Lebenslauf, der ihrer Bewerbung beilag, wie folgt: Praktika bei der FPÖ, dann eine Stelle bei der FPÖ.

Alle Genannten reagierten auf Anfragen des STANDARD nicht. Das Ministerium betonte, dass die Stellen ausgeschrieben wurden und Bewerber dafür geeignet waren. Das sagt auch ein Sprecher Kickls: Dieser "war insofern an den Entscheidungen beteiligt, als er den Empfehlungen der Kommission gefolgt ist". (Michael Völker, Fabian Schmid, 30.8.2019)