So schön wie das Wetter in den Tiroler Bergen sind die Aussichten in der Wirtschaft derzeit nicht.

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Die Gewitterwolken über den Tiroler Gipfeln haben sich verzogen, Donnerstagabend breitete sich ein prächtiger Regenbogen über dem Europäischen Forum Alpbach aus. Freitagmorgen lachte wieder die Sonne über dem Konferenzzentrum.

Dort tagten diese Woche Politiker, Manager und Experten, wobei vor allem bei den abschließenden Finanzmarktgesprächen die dichter werdenden Konjunkturnebel die Stimmung trübten. Die nicht enden wollende Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China und die Brexit-Unsicherheit beschleunigen den sich zu Ende neigenden Konjunkturzyklus. Deutschland bekommt das besonders stark zu spüren, von März bis Juni ging die Wirtschaftsleistung zurück.

Österreich steht besser da

Österreich steht derzeit deutlich besser da als das große Nachbarland, führte der scheidende Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny in Alpbach aus. Er geht weiterhin von einem Wachstum in Höhe von 1,5 Prozent im laufenden Jahr aus, stellt aber für 2020 eine weitere Abschwächung der Konjunktur in Aussicht. Dass diese Prognose mit Risiken behaftet ist, verneinte der Notenbankchef nicht. So rutschte die heimische Industrieproduktion kürzlich bereits in das negative Terrain. Gestützt wird die Konjunktur dagegen vom Konsum, der wiederum von der guten Beschäftigungslage beflügelt wird. Doch der Rückgang in der Warenherstellung könnte zu Stellenkürzungen führen. Dann würden die Verbraucher wohl auch ihre Ausgaben bremsen. Was also tun? Den Abschwung hinnehmen und auf eine Erholung warten? Oder gegensteuern? Und welche Maßnahmen kämen infrage?

Entlastung: Um die Verbraucher bei Laune zu halten, plädieren viele Ökonomen für die Reduktion der Steuern und Sozialabgaben. Dann bliebe den Konsumenten mehr in der Tasche, das Geld würde in den Wirtschaftskreislauf fließen. Das Parlament wird voraussichtlich im September eine Beitragssenkung für Niedrigeinkommen beschließen. Doch die Wirkung der Maßnahme dürfte angesichts des angepeilten Volumens von rund 700 Millionen Euro überschaubar sein. Zudem ist noch nicht klar, ob die Entlastung 2020 oder erst 2021 spürbar wird. Nowotny befürwortet jedenfalls die Unterstützung der unteren Einkommensbezieher. Sie geben fast ihr gesamtes Einkommen aus, weshalb Maßnahmen in diesem Bereich besonders rasch konjunkturstimulierend wirken.

Möglich wäre freilich auch, eine allgemeine Tarifsenkung mit einem weit höheren Volumen vorzuziehen. Doch angesichts der unterschiedlichen Steuerkonzepte der Parteien und der budgetären Restriktionen erscheint eine rasche, umfassende Entlastung unwahrscheinlich.

Bürokratieabbau: Ein Thema, das die Wirtschaftskammer erneut auf ihrer Wunschliste hat, ebenso wie niedrigere Steuern. Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer legte sie am Freitag in Wien vor. Dass hier Handlungsbedarf besteht, bestätigen aber auch Unternehmer. Ebenso ein Dauerbrenner: die hohen Lohnnebenkosten. Was die bevorstehende Herbstlohnrunde betrifft, mahnt der Kammerchef zu maßvollen Abschlüssen.

Investieren: Um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, hält die Wirtschaft Investitionen in Bildung, etwa in das Fachhochschulsystem, für angebracht. In Sachen Klimaschutz plädiert man für Anreize statt Keulen (wie eine CO2-Steuer).

Zinsen senken: Die Notenbanken haben viel unternommen, um die Wirtschaft zu stützen. Doch gibt es angesichts der seit Jahren auf null gesetzten Zinsen noch Spielraum? Ja, sagt die designierte Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Die effektive Untergrenze sei bei den Schlüsselzinsen nicht erreicht. Allerdings räumt Lagarde ein, dass die Zinsebbe auch Nachteile bringt, etwa für Banken und die Finanzmarktstabilität. Zudem leiden die Sparer seit Jahren unter der schleichenden Entwertung ihrer Guthaben. (as, rebu)