Die Proteste in Hongkong steuern immer mehr auf harte Konfrontationen zu. Nachdem vergangene Woche mehrere Anführer der Demokratiebewegung verhaftet worden waren, kam es am Wochenende zu schweren Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Sicherheitskräften. Mindestens 41 Menschen wurden Samstagabend bei den Auseinandersetzungen verletzt.

Am Sonntag wurde die Zufahrt zum Hongkonger Flughafen mit Barrikaden blockiert. Der Flughafen blieb anders als bei früheren Protesten in Betrieb, Starts und Landungen verzögerten sich allerdings teilweise. Zugfahrten zum Flughafen wurden ausgesetzt.

Einige Reisende waren gezwungen, das letzte Stück mit ihrem Gepäck zu Fuß zu gehen. Die U-Bahn-Station in der nahegelegenen Stadt Tung Chung war geschlossen. Demonstranten zerstörten Überwachungskameras und Lampen mit Metallstangen und zerstörten Drehkreuze. Die Polizei nahm mehrere Menschen fest.

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Hunderte Demonstranten versammelten sich, um den Weg zum Flughafen in Hongkong zu blockieren.
Foto: Reuters/DANISH SIDDIQUI

Drehscheibe

Der Flughafen Chek Lap Kok ("Kap der Roten Meerbrasse") wurde gegen Ende der britischen Herrschaft auf einer vorgelagerten Insel errichtet und ist über eine Reihe von Brücken zu erreichen. Im August musste der Flugbetrieb wegen der Demonstrationen schon einmal für zwei Tage gestoppt werden.

Der Flughafenbetreiber erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die Aktivisten. Mit der Blockade versuchen die Aktivisten, internationale Aufmerksamkeit auf den Konflikt zu lenken. "Wenn wir den Flughafen lahmlegen, werden mehr Ausländer die Nachrichten über Hongkong lesen", erklärte ein Demonstrant. Doch als die Sicherheitskräfte Verstärkung anforderten, zogen die Demonstranten ab. Die Metrostation Tung Chung in der Nähe des Flughafens wurde von hunderten Vermummten verwüstet. Infrastruktur des Bahnhofgebäudes – wie Drehkreuze und Überwachungskameras – wurde zerstört.

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Schwarzgekleidete Aktivisten schirmten sich mit Regenschirmen gegen Überwachungskameras ab.
Foto: Reuters/Tyrone Siu

In der chinesischen Sonderverwaltungszone wird seit Monaten demonstriert. Auslöser der Proteste war eine Gesetzesnovelle, die die Auslieferung Verdächtiger nach China ermöglichen würde. Dies weckte Befürchtungen, Peking plane eine Aushöhlung der Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong.

Bald entwickelten sich die Proteste gegen das Auslieferungsgesetz zu einer breiten Initiative für mehr Demokratie. Für Chinas Präsident Xi Jinping bedeutet der Umgang mit den Protesten die größte innenpolitische Herausforderung seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2012.

Touristen bleiben aus

Die Wirtschaft leidet unter der aktuellen Situation: Touristen bleiben aus, internationale Messen wurden abgesagt. Der Sonderverwaltungszone droht eine Rezession. Peking wirft dem Ausland – vor allem Großbritannien und den USA – vor, die Proteste anzuheizen. Vor dem britischen Konsulat in Hongkong versammelten sich am Sonntag hunderte Demonstranten. Sie schwenkten Union-Jack-Flaggen und sangen God Save the Queen.

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Im Flugverkehr kam es zu Verspätungen. In den Terminals waren Polizisten im Einsatz.
Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach

Auch in der kommenden Woche wird jedenfalls keine Ruhe einkehren: Für Montag hat die Protestbewegung zu einem Generalstreik aufgerufen. (dpa, Reuters, red, 1.9.2019)