Andrej Babiš kann offenbar durchatmen.

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Prag – Die tschechische Staatsanwaltschaft hat die Strafverfolgung von Premier Andrej Babiš wegen seiner "Storchennest"-Affäre eingestellt, schreibt die tschechische Tageszeitung "Denik N" am Montag. Sie folgte damit nicht dem Vorschlag der Polizei von Frühjahr 2019, den Regierungschef anzuklagen. "Denik N" bezieht sich dabei auf zwei Quellen im Polizeiapparat.

Wie die Agentur Reuters weiter schreibt, soll die Entscheidung in Kürze bekanntgegeben werden. Die Staatsanwaltschaft selbst blieb vage. Ein Sprecher erklärte in einer Pressekonferenz aber, dass sich die Meinung zu dem Fall "geändert" habe. Er wollte aber keine Einzelheiten nennen. Zunächst müsste die Entscheidung noch von höherer Stelle geprüft werden.

Immer wieder große Demonstrationen

Dem Großunternehmer, der die Regierung in Prag seit 2017 führt, wurde vorgeworfen, umgerechnet knapp zwei Millionen Euro an EU-Fördergeldern für das Wellness-Resort "Storchennest" erschlichen zu haben. Die Mittel waren für kleine und mittlere Unternehmen bestimmt.

Ende Juni waren in Prag bei der größten Demonstration seit der Wende von 1989 mehr als 280.000 Menschen auf die Straße gegangen, um unabhängige Ermittlungen der Justiz und den Rücktritt des Ministerpräsidenten zu fordern. Das Minderheitskabinett aus der ANO von Babiš und der sozialdemokratischen CSSD regiert seit Juni 2018 in Tschechien.

Zahlreiche Vorwürfe

Insgesamt ist der 64-jährige Wirtschaftsingenieur und Besitzer der Agrar- und Nahrungsmittelholding Agrofert, dem Kritiker Populismus vorwerfen, seit seinem Einstieg in die Politik mit Vorwürfen illegaler Machenschaften konfrontiert. In die Politik ging der Unternehmer vor acht Jahren laut eigenen Worten "aus Zwang". Er könne nicht mehr mitansehen, von wem und wie Tschechien gesteuert werde, sagte er damals in Anspielung auf die zahlreichen Korruptions- und Politskandale der tschechischen Regierungen nach der Wende 1989.

2011 gründete er seine damals populistischen Protestbewegung ANO, mit der bei der Parlamentswahl 2013 fulminant ins Parlament und gleich auch in die Regierung einzog. Sie ist mittlerweile Teil der europaweiten liberalen Parteienfamilie "Renew Europe" (RE). Nach drei Jahren als Finanzminister wurde er 2017 wegen Steuerbetrugsvorwürfen aus der Regierung entlassen. Wenige Monate später feierte Babiš den nächsten Wahltriumph und wurde Regierungschef. Zu den Vorwürfen gegen ihn zählt auch, er sei zur Zeit des Kommunismus in der damaligen Tschechoslowakei Spitzel für den Geheimdienst gewesen. Diesen Vorwurf weist Babiš, ebenso wie alle anderen Vorwürfe gegen ihn, zurück. (APA, red, 2.9.2019)