Dass man sich in Spielen wie "World of Warcraft" als Anführer einer Gilde bewährt hat, könnte künftig bei der Jobsuche helfen.

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Es ist eine heikle Frage, wie viel man von sich auf einem Lebenslauf preisgibt. Beschränkt man sich auf rein berufliche Angaben zu vorherigen Stellen und Aufgaben oder sollen auch private Projekte und lieb gewonnene Hobbys die eigenen Qualifikationen ergänzen?

Für Gamer hat das Start-up Game Academy jedenfalls einen Ratschlag parat: Wer gut ist in einem Spiel, sollte damit auch den Lebenslauf schmücken. Denn die in den Games erworbenen Fertigkeiten lassen sich auch im Berufsleben anwenden.

Vom Eve-Spieler zum Firmenchef

So habe man etwa herausgefunden, dass überdurchschnittlich viele Menschen, die im IT-Bereich tätig sind, gerne Tower Defense-Games spielen oder sich mit ungewöhnlichen Spielen wie Portal beschäftigen, die Spieler buchstäblich dazu zwingen, "um die Ecke" zu denken. Unter Managern hingegen finden sich vermehrt Fans der strategisch fordernden Civilization- oder Total War-Reihe.

"Warum kann ich nicht meinen Lebenslauf schreiben, dass ich jahrelang Raids in World of Warcraft angeführt habe?", meint Firmenmitgründer David Barrie. Beispiele für Gamer, die ihre Skills in realen Berufen erfolgreich einsetzen, gibt es durchaus. Etwa Matthew Ricci, der im Weltraum-MMO Eve Online eine virtuelle Firma mit hunderten Spielern geführt hat, führt mittlerweile ein höchst reales Unternehmen namens Zentech, das internationalen Firmen beim Einstieg in den kanadischen Markt hilft.

Zehn Beispiele für Raids in "World of Warcraft".
TheLazyPeon

Britische Luftwaffe erkennt Gamingskills an

Die britische Royal Air Force sucht sogar schon gezielt nach Gamern, berichtet die BBC. "Die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, schnell zu reagieren und Aktionen zu koordinieren, während man unter Druck ruhig bleibt sind oft Eigenschaften von Menschen, die gut in Videospielen sind", sagt ein Sprecher der Luftstreitkräfte. Diese Fähigkeiten seien "in einer Reihe von Aufgaben" in ihrem Bereich wichtig.

Ein Manager einer Personalvermittlungsfirma vertritt einen ähnlichen Standpunkt und attestiert Spielern einen Vorteil bei "Soft Skills" wie strategischer Planung und Teamwork. Er rät allerdings dazu, nicht jedes x-beliebige Spiel anzuführen, in dem man besonders gut ist, sondern für jede Bewerbung gezielt Titel zu nennen, deren Herausforderung zur Stelle passt.

Akzeptanz noch überschaubar

Für Aufsehen sorgte 2017 eine Untersuchung der Glasgow University, die nahelegte, dass Videospiele Studenten zu mehr Erfolg verhelfen könnten. Einen Sinneswandel sieht Matthew Barr, einer der Autoren, allerdings noch nicht. Seiner Ansicht nach haftet dem Hobby Gaming noch zu viel Stigma an. Wer erwähnt, dass er viel spielt, könnte seine Einstellungschancen sogar eher gefährden. Ist man aber in der Lage, glaubhaft zu formulieren, wie man etwa in einem Online-Game ein Team erfolgreich gemacht hat, könnte das auch skeptische Arbeitgeber beeindrucken.

Bei Game Academy bietet man Usern kostenlos Kurse an, über die man sich verschiedene Fertigkeiten aneignet. Grundlage für die Auswahl ist eine vorhergehende Analyse ihrer Spielgewohnheiten, um ihre Begabungen zu erkennen. Gezielt trainiert werden diese dann wiederum mit Herausforderungen in Games, aber auch Aufgaben für die reale Welt.

Während viele Spieler geradezu erstaunliche Erfolge in Games feiern, könnten sie die Frage nach solchen in Bezug auf ihre Arbeit kaum beantworten, sagt Barrie. "Das Engagement und die Bestärkung die man in Spielen bekommt – warum kann Arbeit nicht so sein?" (red, 18.9.2019)