Vielleicht schon in ein paar Jahren Teil von Österreichs Ministerriege.

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Es ist wieder einmal Wahlkampf. Tausende Menschen "laufen" für ihre Partei. Doch in den Medien sind nur wenige Parteimitglieder präsent, und selten sind die unter 30 Jahre alt. Wir wollten von einigen Vertreterinnen und Vertretern des Politnachwuchses wissen, wie sie sich die Welt in 30 Jahren vorstellen. Deshalb baten wir die jeweils jüngsten Kandidatinnen und Kandidaten aller bei der Nationalratswahl bundesweit kandidierenden Parteien, für uns einen Blick in die Zukunft zu werfen. Bis auf die ÖVP, die trotz vier E-Mails an die Kommunikationsabteilung und zwei Anrufen diese Einladung ohne Begründung nie annahm, schickte uns jede Partei ihren Politnachwuchs, der Rede und Antwort stand.

Jeder und jede wählte zufällig fünf von zwölf in Glückskeksen verborgene Fragen zur Zukunft.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Maximilian Weinzierl von den Freiheitlichen im Videoporträt.
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Maximilian Weinzierl (FPÖ) ist 22 Jahre alt, kommt aus Wien und ist Mitarbeiter am Freiheitlichen Bildungsinstitut. Er kandidiert nach eigenen Worten für die Partei, weil sie für "den Schutz der Heimat eintritt". Zum aktuellen Thema Nummer eins, dem Klimawandel, sagt Weinzierl: "Das Klima kann man nicht schützen, nur die Umwelt." Er habe kürzlich eine Nasa-Studie gelesen, die für 2030 bis 2040 eine "kleine Eiszeit" prognostiziere (der Studienautor bezieht sich auf Veränderungen in der Thermosphäre durch niedrigere Sonnefleckenaktivität, nicht auf den menschengemachten Klimawandel, Anm.), und schließlich habe es in Österreich im vergangenen Jahr so viel Schnee wie lange nicht mehr gegeben. Um Auswirkungen eines steigenden Bevölkerungsdrucks auf die Umwelt zu kompensieren, solle man aber regional, nachhaltig und saisonal einkaufen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder kurze Strecken zu Fuß gehen. Weinzierl wünscht sich, dass 2050 neben dem für die Privatsphäre wichtigen Bargeld auch die "christlichen Werte in Österreich noch Bestand haben" und es kein Problem mehr darstellt, "wenn man sich in der Schule oder Universität als Freiheitlicher outet". Zugleich ist er sich "nicht sicher, ob die EU weiterhin so bestehen kann, wie sie ist". Weil er den Wirtschaftsgedanken schätzt, sei die Institution aber wichtig, um gegen andere Großmächte wirtschaftlich zu bestehen. Außer dem ressourcenreichen Norwegen sieht Weinzierl keine neuen Beitrittskandidaten.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Mirjam Kayer von den Grünen im Videoporträt.
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Mirjam Kayer (Grüne) ist 23 Jahre alt, kommt aus Pinkafeld und studiert Lehramt für Geographie an der Universität Wien. Sie kandidiert für die Grünen, weil sie "eine gescheite Klimapolitik machen will, die es im Parlament braucht". Aufgrund der aktuellen Klimakrise hält sie ein Schulfach, das sich mit Klimapolitik befasst, für notwendig. Die angehende Lehrerin will kein Maximalwahlalter, ortet bei der jungen Generation aber oftmals ein Defizit beim Wissen über Politik und Wahlen, weshalb in den Schulen verstärkt darauf vorbereitet werden sollte. Neben den aktuellen Mitgliedsstaaten würde Kayer es befürworten, wenn 2050 auch die Briten nach wie vor oder wieder der EU angehören. Ihr ist es wichtig, dass sich andere Staaten wie die Türkei demokratiepolitisch entwickeln und in Menschenrechtsfragen verändern, damit sie bis dahin vielleicht beitreten können. "Irgendwann sollte die EU ganz Europa abdecken", wünscht sich die Grüne. Fernab eines Denkens in nationalen Grenzen wünscht sie sich eine Gesellschaft, in der "Personen und nicht Nationen" im Mittelpunkt stehen.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Elena Penker von der SPÖ im Videoporträt.
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Elena Penker (SPÖ) ist 18 Jahre alt, kommt aus Gmünd in Kärnten und besucht derzeit die Krankenpflegeschule in Schwarzach. Sie kandidiert für die Sozialdemokraten, weil sie "im sozialen Bereich, in der Pflege und bei Umweltthemen etwas verändern will". Sie hält ein Schulfach, in dem der Umgang mit sozialen Medien gelehrt wird, für zwingend notwendig. Auch sie sieht beim Wahlalter künftig keinen Handlungsbedarf. 16 Jahre sei eine gute Untergrenze, vorher verfüge man über zu wenig Eigenverantwortung. In einer alternden Bevölkerung sähe sie es als falsch an, wenn man betagten Menschen ihr Mitspracherecht entziehen würde. Für radikalen Umweltschutz sollen sich die Menschen einfach "ein wenig zusammenreißen", findet Penker. Wurst solle beispielsweise nicht mehr abgepackt gekauft, sondern im eigenen Behälter nach Hause gebracht werden. Wenn der Schnee in Wintersportregionen zusehends ausbleibe, müsse sich der Tourismus dahingehend wandeln, dass vermehrt ganzjährige touristische Aktivitäten angeboten werden. Ein Wochenendtrip nach Barcelona sollte möglichst mit Interrail per Zug stattfinden und nicht mit dem Flieger, sagt Penker.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Martin Pichler von Jetzt im Videoporträt.
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Martin Pichler (Jetzt) ist 23 Jahre alt, kommt aus der Südweststeiermark, wohnt aber in Wien, wo er Politikwissenschaften studiert und nebenher bei der Liste Jetzt ein paar Gelegenheitsaufgaben wie Webdesign und Fotomontagen verrichtet. Er tritt für die Partei an, weil "wir das Obrigkeitsdenken überwinden müssen". Angesprochen darauf, ob Roboter im Jahr 2050 gewisse Rechte haben sollen, scherzt Pichler, dass "diese bis dahin vielleicht ein Recht auf freie Wochenenden einfordern". Er hält es für möglich, dass es irgendwann auch Roboterrechtler gibt – ähnlich wie die heutigen Tierrechtler. Den Wochenendtrip nach Barcelona würde er mit dem Rad machen, nicht mit dem Flieger. Fliegen sollte durch eine Kerosinsteuer ohnehin teurer werden – einmal pro Jahr zu fliegen sollte dann reichen. Für radikalen Umweltschutz müsse man nicht vegan leben, es gibt großes Potenzial in künstlich erzeugtem Fleisch, glaubt Pichler. Bezüglich des staatlichen Miteinanders in Europa denkt er, dass es immer eine gewisse Form staatlicher Grenzen geben wird, dennoch sollten innerhalb der EU Barrieren überwunden werden und Kleinkonflikte der Vergangenheit angehören. Gegenüber den USA wünscht sich Pichler eine eigenständige europäische Identität. Eigenständigkeit bei größtmöglicher Kooperation sei das Ziel.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Lena Hinterhölzl von Wandel im Videoporträt.
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Lena Hinterhölzl (Wandel) ist 18 Jahre alt, kommt aus Oberösterreich, wohnt in Wien und studiert Kultur- und Sozialanthropologie. Für den Wandel kandidiert sie, weil sie sich "eine starke antikapitalistische Kraft in unserem Parlament" wünscht. Außerdem brauche die Privatsphäre enormen Schutz, damit persönliche Daten "nicht zum Konsumgut für Großkonzerne werden". Sie würde es sich aus "umwelttechnischen Gründen" übelnehmen, für den Wochenendtrip nach Barcelona zu fliegen. 2050 wird es aber ohnehin genügend Alternativen geben, glaubt sie: "Ich sehe Europa in meiner Zukunft öffentlich stark vernetzt: durch Schnellzüge, Busse und Sharing-Produkte wie Autos." So wäre Reisen schnell und umweltfreundlich. "Wir sind kreativ und haben viele Möglichkeiten, Fortbewegungsmittel zu erfinden", ist sie überzeugt. In der Zukunft werde außerdem die Bürgerbeteiligung mittels Smartphone einfacher. Nicht nur wählen, sondern auch das Sammeln von Unterstützungserklärungen für eine Partei wird online möglich sein. "2050 werden wir das schon erreicht haben", so Hinterhölzl.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Sophie Hochmüller von Neos im Videoporträt.
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Sophie Hochmüller (Neos) ist gebürtige Wienerin, 18 Jahre alt und für den Wahlkampf bei der Partei angestellt – für sie die einzige, "die frischen Wind nach Österreich bringen kann", um das "verstaubte System" aufzuwirbeln. Zentrale Werte sind ihrer Meinung nach Freiheit, Gleichheit und Frieden. Die gelte es hochzuhalten. Das sei "Grundvoraussetzung dafür, dass die Demokratie überlebensfähig ist". 2050 solle es kein Tabu mehr sein, über die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare oder Schwangerschaftsabbruch zu reden. Letzteres sei "ein heikles, aber sehr wichtiges Thema", und der Umgang damit zeige, "wie fortschrittlich eine Gesellschaft ist". Wichtig ist für die junge Neos-Politikerin außerdem, "das große Potenzial in den Menschen zu sehen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind. Es ist Fakt, dass Österreich auf Zuwanderung angewiesen ist." Menschen aus unterschiedlichen Ländern hätten unsere Kultur und Gesellschaft bereichert, ist Hochmüller überzeugt.

Politnachwuchs und die Welt 2050: Titus Reinstadler von der Alternativen Liste im Videoporträt.
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Titus Reinstadler (KPÖ) ist 20 Jahre alte, kommt aus Innsbruck, studiert Politikwissenschaften und engagiert sich bei der Alternativen Liste Innsbruck im Rahmen eines Bündnisses kleinerer linker Parteien. Er arbeitet als Sozialarbeiter mit Menschen mit Behinderung. Für ihn ist radikaler Umweltschutz wichtig, auch wenn das Menschen in manchen Bereichen einschränken würde. Es sei einfach entscheidend für die Zukunft und das Klima. Dabei sieht er die Politik am Zug: "Oft ist ja die Rede davon, dass sich die Menschen selbst ändern und umweltfreundlicher leben müssen. Die Politik muss aber die Grundlage dafür schaffen und dementsprechende Gesetze einbringen", sagt Reinstadler. Wenn Roboter bis 2050 noch viel intelligenter geworden sind als heute, seien angemessene Steuern wichtig, damit Menschen nicht zusehends von Arbeitsplätzen verdrängt werden. Wahlen werden dann digital stattfinden, ist er überzeugt. Bis dahin brauche es aber noch mehr Schutz im Internet, etwa gegen Hackerangriffe, denn sonst "wären wir sehr angreifbar". (Pia Gärtner, Fabian Sommavilla, Video: Andreas Müller, Isabella Scholda, 5.9.2019)