Diese Erinnerungstafel am Stefan-Zweig-Platz sorgt für Unmut.

Foto: Kay-Michael-Dankl

Neben einem Platz in der rechten Altstadt erinnert auch eine Büste am Kapuzinerberg an Stefan Zweigs Salzburger Jahre.

Foto: Thomas Neuhold

Die Gäste aus Israel staunten nicht schlecht, als sie die Inschrift am Stefan-Zweig-Platz gelesen hatten", berichtet der Salzburger KPÖ-Plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl. Auf der erklärenden Tafel unter dem Straßenschild "Stefan-Zweig-Platz" steht zu lesen: "Stefan Zweig (1881 bis 1942). Österreichischer Schriftsteller und Pazifist. Lebte von 1919 bis 1934 mit seiner Familie im Haus Kapuzinerberg 5, emigrierte nach einer polizeilichen Hausdurchsuchung nach London, 1941 schließlich nach Brasilien."

Der Platz in der rechten Altstadt gegenüber dem Aufgang zum Kapuzinerberg, wo Zweig gewohnt hatte, wurde Anfang dieses Jahres nach dem Dichter benannt.

Die Formulierung, Stefan Zweig sei nach einer "polizeilichen Hausdurchsuchung nach London emigriert", rücke ihn in das Licht eines Kriminellen, sagt Dankl. Es werde verschwiegen, dass die Polizei der austrofaschistischen Diktatur sein Haus aufgrund einer Denunziation durchsucht habe, weil Zweig angeblich Waffen des sozialdemokratischen Schutzbundes gelagert habe. Die Tafel verschweige auch, dass Stefan Zweig als Jude jahrelang antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt gewesen sei.

Antrag im Gemeinderat

"Stefan Zweig war kein Krimineller und emigrierte nicht einfach so, er wurde in die Flucht gezwungen und in den Suizid getrieben", sagt Dankl. Er will im Gemeinderat einen Antrag auf Überarbeitung der Tafel einbringen.

Ältere Beobachter fühlen sich jedenfalls an die Herzl-Affäre im Jahr 2001 erinnert. Damals brachte die Stadt eine Tafel, die an die Salzburger Zeit des Zionismus-Pioniers Theodor Herzl erinnerte, an der Außenmauer der Neuen Residenz am Mozartplatz an. Darauf war ein sinnentstellendes Zitat aus dem Herzl-Tagebuch zu lesen: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu."

Eine künstlerische Intervention des Münchener Aktionskünstlers Wolfram Kastner löste eine internationale Debatte um diese Geschichtsklitterung aus. In Folge wurde der zweite Teil des Herzl-Zitates ergänzt: "Ich wäre auch gerne in der schönen Stadt geblieben; aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden."

Mahnmal als Jausenbankerl

Die Inschrift am Zweig-Platz ist nicht der einzige Gedenkort in der Landeshauptstadt, dessen Gestaltung diskutiert wird. Das im Mai 2018 enthüllte Mahnmal, das an die Bücherverbrennung auf dem Salzburger Residenzplatz 1938 erinnert, wurde diesen Sommer vermehrt von Touristen als Rast- und Jausenbankerl benutzt.

Die Stadt hat nach Medien berichten reagiert. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) hat das Kulturamt beauftragt, eine Lösung zu suchen. Baustadträtin Martina Berthold (Grüne) will in unmittelbarer Nähe zum Mahnmal Sitzgelegenheiten errichten lassen und so die nach Rastplätzen suchenden Touristen lenken.

Die Künstler Fatemeh Naderi und Florian Ziller, die die Skulptur Buchskelett geschaffen haben, reagieren gelassener. "Die Leute sollen dort ruhig sitzen", sagt Ziller auf Anfrage des STANDARD. Er wünsche sich aber, dass das Mahnmal besser als solches gekennzeichnet wird. (Thomas Neuhold, 2.9.2018)