Novomatic versucht seit Jahren, das Monopol der Casinos Austria zu knacken. Beim kleinen Glücksspiel ist man mittlerweile groß im Geschäft.

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Wien – Novomatic zahle alle, behauptete der Ex-Vizekanzler und damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Sommer 2017 auf Ibiza. Stimmt nicht, sagt der niederösterreichische Automatenkonzern, es habe keine Spende an politische Parteien gegeben. Auch Strache zog seine im Geheimen gefilmten Aussagen zurück. Den Grünen wurden nun Unterlagen zugespielt, die das konzentrierte Lobbying des Glücksspielriesen in neuem Licht darstellen sollen, wie die Chefin der niederösterreichischen Grünen, Helga Krismer, zusammen mit ihrem Wiener Pendant David Ellensohn am Dienstag bei einer Pressekonferenz bekanntgab.

Dabei handle es sich unter anderem um den "Masterplan" des Ex-Lobbyisten Peter Hochegger aus dem Jahr 2005, der für Novomatic tätig war. Sämtliche geleakten Unterlagen lägen seit Jahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor. Vorweg: Von direkten Zahlungen an Parteien ist in dem Papier nicht die Rede. Es handelt sich um eine Lobbying-Strategie, das Papier nennt die "richtigen Ansprechpartner" in der Politik.

Strache als Ansprechpartner

Brisant aus Sicht der Grünen: Als Ansprechperson bei der FPÖ verweist der Lobbyist in einer Art Fortschrittsbericht aus dem Jahr 2006 auf den damaligen Wiener FPÖ-Chef Strache. In diesem Licht erscheine der "Schwenk" der Wiener Freiheitlichen beim kleinen Glücksspiel im Jahr 2008 fragwürdig. Ellensohn erinnerte daran, dass die Rathaus-Blauen jahrelang gegen einarmige Banditen und andere Automatenspiele gewesen seien. "Sie waren sogar für ein Verbot", zitierte Ellensohn aus alten Presseaussendungen der Partei.

"2008 hat sich die Meinung dann plötzlich geändert", betonte der Klubobmann mit Verweis auf den Umstand, dass die Freiheitlichen damals die Pläne für das Admiral-Casino der Novomatic im Prater unterstützten. Allerdings muss der angebliche Schwenk im Lichte neuer Rahmenbedingungen gesehen werden. Der (später höchstgerichtlich gekippte) Zuschlag an Novomatic im Prater erfolgte auf Basis eines neuen Bundesgesetzes, mit dem Spielhallen unter strengerer Einhaltung von Jugend- und Spielerschutz ermöglicht wurden.

Inserate in FPÖ-Blatt

Die Grünen betonten in diesem Zusammenhang auch, dass 2010 im FPÖ-Parteiblatt "Neue Freie Zeitung" immer wieder Inserate der Novomatic erschienen. Für Ellensohn ein Indiz der Beeinflussung: "Keine Supermarktketten, keine Technikunternehmen – niemand inseriert dort außer Novomatic." Wer allerdings die letzten Ausgaben durchblättert, findet auch ein Inserat der Casinos Austria.

Er wolle hier aber nicht behaupten, dass die Blauen aufgrund der Einschaltungen ihre Meinung zum kleinen Glücksspiel geändert hätten, unterstrich der Wiener Grünen-Politiker. Der Glücksspielkonzern beschäftige schließlich jede Menge Anwälte. Angesprochen auf die Tatsache, dass die Inserate ja erst zwei Jahre nach dem Meinungsschwenk der Wiener FPÖ geschaltet wurden, sagte Ellensohn, er selbst würde auch nicht unmittelbar das Geld fließen lassen.

Auch Gusenbauer erwähnt

In den Unterlagen kommt auch Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) als möglicher Ansprechpartner vor. Im Anschluss an seine politische Karriere trat er als Interessenvertreter diverser Unternehmen in Erscheinung, darunter auch Novomatic.

Wie die Novomatic versucht, die Politik zu beeinflussen, um das Glücksspielmonopol der Casinos Austria zu knacken und Lizenzen etwa im kleinen Glücksspiel und beim Onlineglücksspiel zu ergattern, beschäftigt die Justiz seit Jahren. Nach sieben Jahren Ermittlungen wegen Bestechungs- und Untreueverdachts wurde ein Verfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, den Lobbyisten Walter Meischberger sowie Ex-Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt 2017 eingestellt.

Nach den Aussagen Straches im Ibiza-Video und einer anonymen Anzeige ermittelt die WKStA auch zu möglichen illegalen Absprachen zwischen Novomatic und der FPÖ als Tauschgeschäft für die Aufnahme des FPÖ-nahen Managers Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand. Alle Beteiligten weisen die Vorwürfe zurück, es gilt selbstredend die Unschuldsvermutung.

Dass sich der Milliardenkonzern Novomatic für seine Interessen umfangreich auf legale Weise bei der Politik einsetzt, hat das Unternehmen nie bestritten. (slp, APA, 3.9.2019)