Tritt bevorzugt als grauslicher Clown in Erscheinung: das Formwandler-Alien "Es" (Bill Skarsgård) aus Stephen Kings gleichnamigem Horrorroman.

Foto: Warner Bros

Ein Zweck von Easter-Eggs in Filmen ist es, Klickköderlisten für Nerds mit allerlei dazugehörigen Zusatzinformationen zu füllen. In den Listen für Es Kapitel 2 wird bestimmt folgendes Ei aufgeschlagen: Relativ am Anfang sieht man den nun erwachsenen Billy (James McAvoy), wie er sich darüber ärgert, dass niemand die Enden seiner Drehbücher mag. Eines davon wird gerade verfilmt, und das Studio wartet auf ein neues, besseres Happy End.

Warner Bros. Pictures

Bill steht hier für Stephen King, der für das Ende seines Horrorromans Es reichlich Kritik einstecken musste. Diese wurde 2017 vor der Veröffentlichung von Es Kapitel 1 erneut hervorgekramt, und es wurde die Frage gestellt, ob es die besagte kontroverse Stelle – eine Orgie zwischen Minderjährigen – ins Sequel schafft. Tut sie natürlich nicht, ein anderes Filmende als das tatsächliche hätte man sich trotzdem gewünscht.

Blutspakt von damals

So wie zwischen der Fernsehadaption von 1990 und dem erfolgreichen Remake fürs Kino liegen auch zwischen den Geschehnissen von Kapitel 1 und Kapitel 2 27 Jahre. Noch immer leiden die einstigen Mitglieder des selbsternannten Klubs der Verlierer am Terror, den Pennywise über die Kleinstadt Derry gebracht hat. Dort treibt nicht nur schon seit hundert Jahren das Formwandler-Alien, das sich gern als grausiger Clown zeigt, sein Unwesen. Bullys und Albtraumeltern haben den Kindern zusätzlich Schaden zugefügt, den sie als Erwachsene nicht mehr loswerden. Es sei denn, sie stellen sich der Vergangenheit.

Der einzige, der in Derry geblieben ist, erinnert die mittlerweile urbanen Karrieremenschen (u. a. Jessica Chastain, Bill Hader) an den Blutspakt von damals: Sollte der Gruselclown zurückkommen, müssen sie ihm erneut das Handwerk legen. Das Grauen des Wiederholungszwangs fungiert als Motor der Story, und gemeinsam mit den amnesiegeplagten Erwachsenen im Film durchleben auch wir schon wieder die 80er.

Abgründig als Kitschidee

Vor allem in Form des Kinos der fahrradfahrenden Kindergangs Marke Spielberg, nicht zuletzt durch die Hype-Serie Strangers Things und hier die zahlreichen Rückblenden reanimiert. Im Bewusstsein über das Abebben dieses Trends (aber keine Sorge: Die 90er sind gerade im Kommen) inszeniert Regisseur Andy Muschietti das fröhliche Ende (bewusst?) abgründig: Die Erinnerungen an das Jahrzehnt lässt er buchstäblich implodieren und nur noch als sonnendurchflutete Kitschidee weiter(ver)wesen.

Auch davor allerlei Abscheuliches: Horrorvisionen von Babyface-Insekten, einem Kopf mit Spinnenhaxen aus The Thing (auch 80er), Zombies, Krabbenungeheuern und was das Genre sonst noch hergibt. Mit den Jump-Scares übertreibt es das Sequel nicht gar so sehr wie der Vorgänger. Dass das Antidot gegen Bullying wiederum Bullying sein soll, die Mobbingopfer von einst sich also durchs Mobben wehren, ist befremdlich. Ob Bill Skarsgårds Performance von Pennywise ebenso ins popkulturelle Gedächtnis eingehen wird wie die Tim Currys, wird sich zeigen. Furchtfutter ist sie trotzdem, nicht nur für Clownphobiker. (David Auer, 4.9.2019)