Voest-Chef Herbert Eibensteiner durchlebt schwierige Zeiten:

Foto: APA/Fohringer

Wien – Gerade rechtzeitig zum Beginn des Intensivwahlkampfs hat die Voest einen Wunschzettel an die künftige Regierung formuliert. Ganz oben steht eine "klare Energiestrategie". "Die Dekarbonisierung steht und fällt mit dem grünen Strom", sagte der neue Voestalpine-Chef, Herbert Eibensteiner am Dienstag. Derzeit fehle es für die Umstellung der Hochöfen auf alternative Energiequellen (statt Kohle und Koks) vor allem an Stromkapazitäten.

Auch die Netzkapazitäten für die Übertragung von Windenergie aus dem Norden und Solarenergie aus dem Süden seien nicht ausreichend. Allein das 110-kV-Netz in Linz wäre mit dem Betrieb von Hochöfen und Anlagen am Firmengelände in der Landeshauptstadt hoffnungslos überfordert. Die notwendige Aufrüstung auf 220 kV ist frühestens für 2026 geplant, "das ist fünf vor zwölf", rechnet der Voest-General vor.

Denn der Betrieb von Elektroöfen mit Wasserstofftechnologie brauche enorm viel mehr Strom, in Rede steht eine Verdoppelung. Genaueres wisse man nächstes Jahr, bis dahin würden Szenarien für eine technologische Umrüstung durchgerechnet.

Bei der Gelegenheit räumt Eibensteiner auch mit überschäumenden Erwartungen in die Wasserstofftechnologie auf: Beim derzeitigen Strompreisniveau und einem CO2-Preis von 60 Euro sei Wasserstoff-Erzeugung aus Erdgas wirtschaftlich schlicht nicht darstellbar. Ohne H2-Technologie sei die Klimastrategie 2030 – diese sieht eine CO2-Reduktion bei der Voest (von rund zwölf Millionen Tonnen jährlich) um 43 Prozent vor, bis 2050 um minus 80 Prozent – allerdings illusorisch.

Geld zurück für Öko-Strom

Allein heuer schlägt der CO2-Emissionshandel (ETS) mit rund hundert Millionen Euro zu Buche. Den Ausstoß von Staub, Schwefeldioxid und Stickoxiden habe man bereits dramatisch gesenkt, bei CO2 seien die Möglichkeiten – bei den aktuellen Prozessen in Stahlerzeugung und -bearbeitung – zur weiteren Reduktion aber großteils ausgeschöpft, rechnete Eibensteiner unter Verweis auf 2,3 Millarden Euro an Investitionen in den Umweltbereich im vergangenen Jahrzehnt vor.

Von der Politik erwartet sich der größte industrielle Einzelemittent neben der OMV Unterstützung, wie sie ein Dutzend EU-Mitgliedsstaaten bereits bekommt und im ETS-Regime für CO2-reduzierende Prozesse auch erlaubt ist. Hierzulande seien die Erlöse aus dem CO2-Handel aber nicht zweckgewidmet, sie kommen nicht der CO2-Reduktion zugute, sondern dem allgemeinen Staatshaushalt.

Das will die Industrie ändern, sie wünscht sich bei Verwendung von erneuerbarer Energie eine Strompreiskompensation in der Größenordnung von 20 bis 40 Millionen Euro. Da grüner Strom bereits mit CO2-Kosten belastet ist, komme dies einer Doppelbesteuerung gleich. Das verteuere Ökostrom, sei widersinnig.

Schutz vor Dumping

Darüber hinaus pocht der Voest-Chef auf eine eigenständige Handelspolitik der EU samt Schutz vor Dumping wie von China praktiziert. Das Stichwort: "border adjustments", beispielsweise in Form von Umweltzöllen, die bei Einfuhren in die EU aufgeschlagen werden. Denn auf Importprodukten seien aktuell keine CO2-Kosten drauf, auf EU-Gütern hingegen schon. Nur so sei Waffengleichheit herstellbar.

Ob die Voest angesichts der erlahmenden Konjunktur ihren Sparkurs verschärfen wird, ließ Eibensteiner offen. Das hänge von den September-Zahlen ab. Man spüre den Abschwung in der Autoindustrie natürlich, aber noch liege die Auslastung bei 95 Prozent (über alle Produktionsstandorte). Bei einzelnen wie dem neuen Drahtwalzwerk Donawitz, das überwiegend für Autobauer produziert, dürfte sie niedriger sein.

Während das US-Werk in Corpus Christi vom US-Handelspakt mit Mexiko profitiert, spüre das Edelstahlwerk Villares die Krise in Brasilien, "es schlägt sich aber verhältnismäßig gut". Auf die Rohrproduktion in Kindberg wiederum drückt der US-Ölförderrückgang, dort wurde von vier auf drei Schichtbetrieb reduziert. (Luise Ungerboeck, 3.9.2019)