Wegen der mutmaßlich illegalen Steuertricks droht den beiden Angeklagten (im Bild verpixelt) eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

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Bonn – Es dürfte sich um den größten Steuerskandal in der Geschichte Deutschlands handeln. Mit gefinkelten Steuertricks sollen Investoren über Jahre sowohl Deutschland als auch andere Staaten um Milliarden Euro geprellt haben. Die Rede ist von den sogenannten Cum-Ex-Geschäften. Am Landesgericht Bonn begann am Mittwoch der erste Strafprozess in der Causa. Zwei ehemalige Aktienhändler sind der Steuerhinterziehung in 33 tatsächlichen sowie in einem versuchten Fall angeklagt.

In dem Musterprozess in Bonn gegen die zwei früheren HVB-Banker soll nach den Plänen des Gerichts an 32 Verhandlungstagen bis zum 9. Jänner grundsätzlich geklärt werden, inwieweit die Cum-Ex-Geschäfte strafbar waren. Bei einem Schuldspruch dürften zahlreiche weitere Prozesse folgen.

440 Millionen Euro Schaden

Die beiden 38 und 41 Jahre alten Briten sollen sich laut Gericht von 2006 bis 2011 illegal die Rückzahlung von Kapitalertragsteuern gesichert und damit über 440 Millionen Euro Schaden verursacht haben. Ihnen droht im Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Neben den Hauptangeklagten sind auch weitere Institute in Bonn als Nebenbeteiligte geladen, darunter die Société Générale, BNY Mellon und Hansainvest. Hintergrund der Einbeziehung der Institute ist ein noch relativ neuer Paragraf im deutschen Strafgesetzbuch. Dieser regelt, dass illegal erzielte Gewinne auch von Akteuren einbezogen werden können, die die Tat nicht unmittelbar begangen haben, aber daran beteiligt waren. Als Ausgleich für den mutmaßlich entstandenen Schaden kann das Gericht Vermögen der Banken einziehen.

Legaler Steuertrick

Bei Cum-Ex-Geschäften verschieben Banken, Fonds und Investoren rund um den Dividenden-Stichtag Aktien und lassen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Fiskus erstatten. Diese Praxis galt lange als legaler Steuertrick, die deutsche Regierung schob ihr 2012 allerdings einen Riegel vor.

Ermittler und Strafverfolger bewerten das Vorgehen seither fast einhellig als Steuerhinterziehung und treiben ihre Ermittlungen voran. Allein die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt in zehn Verfahrenskomplexen, bei denen sie einen Steuerschaden von mehr als 810 Millionen Euro vermutet. (red, APA, 4.9.2019)