Quer durch die Parteien gibt es recht unterschiedliche Visionen, wie der individuelle Verkehr in die Zukunft fahren wird. Was allen gemein ist, ist der Wunsch nach der Reduktion des Pkw-Verkehrs. Die Lösungen dafür sind lieb bis leidenschaftlich. Finanzielle Einschnitte soll es aber für kaum jemanden geben – etwa indem man die Steuerlast auf Arbeit reduziert, um Emissionen zu verteuern.

Die Reduktion des Pkw-Verkehrs wird von allen Spitzenkandidaten gefordert.
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1.

Welche drei Forderungen sehen Sie als entscheidend an, um Emissionen des Pkw-Verkehrs zu reduzieren?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir wollen Verkehr und Mobilität so weit wie möglich ökologisieren. Wir wollen Österreich zum Vorreiter und zur Wasserstoffnation Nummer eins machen, Akzente beim Ausbau neuer Ladeinfrastrukturen für E-Autos setzen und die Pendlerpauschale wie auch NoVA-Abgabe staffeln.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Das SPÖ-Klimaticket um drei Euro pro Tag für ganz Österreich. Wir wollen die Infrastruktur massiv ausbauen. Die Pendlerpauschale mit Klimabonus für Öffi-Fahrer und einen kilometerabhängigen Absetzbetrag, Umstieg auf E-Mobilität durch attraktivere Pkw und Elektrifizierung der Schiene.

Norber Hofer, FPÖ:
Die wichtigste Maßnahme ist Bewusstseinsbildung. Nicht jeder Weg muss mit einem Pkw erfolgen. Weiters ist in die Forschung in diesem Bereich zu investieren. Dritte wichtige Maßnahme: Ausbau des öffentlichen Verkehrs – nicht nur im städtischen Bereich. Auch mit neuen Modellen.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Unsere geplante CO2-Steuer (bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit). Ausbau der Bahn- und Öffi-Infrastruktur, um Pendler- und Transit auf die Schiene zu bringen. Verbesserung der Fahrradinfrastruktur würde den Radverkehr viel attraktiver machen, auch in ländlichen Regionen.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Eine CO2-Steuer, wobei das Vorhandensein von alternativen Verkehrsmitteln berücksichtigt werden und ein sozial verträglicher Ausgleich geschaffen werden muss. Eine Mineralölsteuer auf Kerosin und eine Mehrwertsteuer auf Flugtickets. Und Anreize für Fahrgemeinschaften schaffen.

Werner Kogler, Grüne:
Die emissionsarmen oder -freien Alternativen zum individuellen Pkw-Verkehr massiv forcieren: Fahrrad, E-Bike und mit Ökostrom betriebene Öffis. Keine Neuzulassungen von mit fossilen Brennstoffen angetriebenen Autos mehr ab 2030. Eine verkehrssparende Raumordnung.


2.
Denken Sie eine Regelung an, die Autofahrer verpflichtet einen seitlichen Abstand zu Radfahrern einzuhalten?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir stehen jeder Regelung, die die Verkehrssicherheit von Radfahrern verbessert und praktisch umsetzbar ist, offen gegenüber.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Die SPÖ tritt für den gesetzlich geregelten Mindestabstand beim Überholen von einspurigen Fahrzeugen ein. Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist es notwendig, eine entsprechende Regelung in der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu verankern.

Norber Hofer, FPÖ:
Das ist bereits in der StVO geregelt. Eine darüber hinausgehende Regelung trägt nichts zur Verkehrssicherheit bei. Regeln ersetzen nicht die Selbstverantwortung.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Ein gesetzlich definierter Mindestabstand beim Überholen hat in einigen europäischen Ländern zu einer Reduktion der Unfälle, einer Sensibilisierung der Autofahrer sowie einer Zunahme des Fahrradverkehrs geführt und ist deshalb auch für Österreich zumindest ernsthaft zu prüfen.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Wir haben keine Priorität für dieses Thema. Generell soll die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer so gut wie möglich gewährleistet sein.

Werner Kogler, Grüne:
Ja, dies ist aufgrund des hohen Risikos und der offenkundigen Unkenntnis über bereits bestehende Vorgaben der StVO zum Mindestseitenabstand beim Überholen und Vorbeifahren unvermeidlich. Wir treten für das Festschreiben von 1,5 Meter Mindestabstand ein.


Das Vignettenmodell und Parkpickerl gibt es bereits. Doch die Kandidaten haben unterschiedliche Positionen zu neuen Mautsystemen.
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3.
Welche Position haben Sie zu neuen Mautsystemen wie etwa einer Citymaut und einer kilometerabhängigen Maut?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir sind für die Beibehaltung der bewährten Vignette für Pkw auf Autobahnen. Eine Ausweitung der kilometerbezogenen Maut für Pkw sehen wir eher kritisch. Jedoch müssen wir "Mautflucht" insbesondere in grenznahen Regionen bekämpfen.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Im Bereich der Pkw-Bemautung hat sich das Vignettenmodell als gute Lösung herausgestellt. Für die Lkw-Maut erscheint es notwendig, weitere externe Kosten in die kilometerabhängige Bemautung einzurechnen, weshalb eine flächendeckende Lkw-Maut erforderlich ist.

Norber Hofer, FPÖ:
In Wien gibt es das bereits: das Parkpickerl. Darüber hinausgehende Autofahrerabzocke lehnen wir ab. Ähnlich die Situation bei der Maut. Für Bundesstraßen gibt es die Vignette, und über die Mineralölsteuer zahlen Autofahrer, auch Pendler, ohnehin eine kilometerabhängige Steuer.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Wir würden langfristig ein kilometerabhängiges Mautsystem bevorzugen. Eine Citymaut (oder gar Fahrverbote) lehnen wir allerdings ab: Unser Ziel ist vielmehr, umwelt- und platzschonende Alternativen wie den öffentlichen Verkehr oder das Fahrrad attraktiver zu machen.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Keine Priorität für dieses Thema, lieber schaffen wir Anreize für Fahrgemeinschaften: etwa "Geld zurück" oder eigene Fahrstreifen. Aber wer mit seinem Pkw zur Arbeit fährt, weil eine Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar ist, sollte keinesfalls mehr belastet werden.

Werner Kogler, Grüne:
Da Citymaut-Modelle in vielen Städten ihre Wirksamkeit bewiesen haben und in Kombination mit Parkraumbewirtschaftung auch für mehr Platz und Ruhe sorgen, sollten Citymaut und kilometerabhängige Maut in Österreich eingeführt werden, auch im Hinblick auf die nötige CO2-Reduktion.


Finanzielle Einschnitte möchten nur wenige in Kauf nehmen, um Emissionen zu verteuern.
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4.
Welche Position haben Sie zu den Steuervorteilen von Dieselkraftstoff und zu jenen, die den Flugverkehr betreffen?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir wollen eine verursachergerechte Besteuerung von Kraftstoffen im Flugverkehr. Dafür ist international akkordiertes Handeln nötig – zumindest auf europäischer Ebene. Außerdem würden wir durch einen Alleingang riskieren, dass der eigene Wirtschaftsstandort leidet.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Wir wollen die Steuerprivilegien für Flugverkehr und Schifffahrt auf europäischer Ebene abschaffen. Die EU-weite Befreiung von der Umsatzsteuer und der Mineralölsteuer ist ökologisch schädlich und sozial ungerecht, weil der Bahnverkehr benachteiligt wird.

Norber Hofer, FPÖ:
Eine Erhöhung dieser Steuern lehnen wir ab, die sind ohnehin schon sehr hoch. Eine stärkere Besteuerung des Flugverkehrs müsste letztendlich wieder der Bürger über höhere Ticketkosten bezahlen. Statt Steuern zu erhöhen, wollen wir die Steuerquote senken.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Aus unserer Sicht sollten alle fossilen Brennstoffe mittelfristig von einem einheitlichen CO2-Steuersystem abgedeckt werden. Es gibt hier weder einen Grund für unterschiedliche Besteuerungen noch für Steuervorteile.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Wir fordern eine Kerosinsteuer und eine Mehrwertsteuer auf Flugtickets. Eine Erhöhung der Mineralölabgabe belastet Menschen im ländlichen Gebiet, die pendeln. Aber: Ja zur CO2-Steuerunter Berücksichtigung sozialer Verträglichkeit und davon, ob es Alternativen gibt.

Werner Kogler, Grüne:
Wir treten klar für die Abschaffung des Diesel- und Kerosinsteuerprivilegs ein. Vorzugsweise im Rahmen einer ökologisch-sozialen Steuerreform, in der höhere Belastung von Energieverbrauch und Klimabelastung einer Entlastung des Faktors Arbeit gegenübersteht. (Guido Gluschitsch, 4.9.2019)