Wer sich auf Buchungsplattformen wie Booking.com negativ über Hotels äußert, muss diese Kritik auch vor Gericht gut begründen können, wie ein kurioser Fall in Tirol zeigt.

Foto: Matthias Cremer

Innsbruck – Im August 2018 machte eine deutsche Familie auf ihrem Heimweg vom Italien-Urlaub Zwischenstation im Zillertal. Über die Online-Buchungsplattform Booking.com wählte sie für die Übernachtung ein familiengeführtes Vier-Sterne-Haus aus. Dort fiel dem deutschen Familienvater im Eingangsbereich des Hotels ein für ihn merkwürdiges Arrangement auf.

Über einem Blumengesteck hingen gerahmte schwarz-weiße Porträtfotos zweier Männer. Der Gast hatte den Eindruck, es handle sich um eine Art Ehrerbietung für die Abgebildeten. Was ihn daran störte, war die Tatsache, dass einer der beiden Männer eine Wehrmachtsuniform trug, auf der ein Hakenkreuz zu sehen war.

Negative Onlinebewertungen

Der Urlauber drückte seine Irritation in Form zweier Onlinebewertungen aus. Eine verfasste er in deutscher Sprache mit dem Titel "Am Hoteleingang: Bild vom Nazi-Opa" auf der Plattform Booking.com, über die er das Hotel gebucht hatte. Eine zweite ähnlichen Inhalts in englischer Sprache auf der Onlineplattform Tripadvisor. Beide Male nutzte er dafür Alias-Namen, denn er wollte anonym bleiben.

Was der Mann nicht bedacht hatte, war, dass über die Buchungsnummer auf Booking.com das Posting seiner Person zugeordnet werden konnte und somit das Hotel wusste, wer sich hier über die Fotos des Onkels und des Großvaters der Besitzerin mokierte. Die Frau wollte diese Kritik nicht auf sich sitzen lassen.

Zwei Verfahren anhängig

Mittlerweile sind in der Causa zwei Gerichtsverfahren anhängig. Die Hotelbesitzerin klagte den Gast wegen Beleidigung und falscher Tatsachenbehauptung auf Unterlassung – Streitwert mehr als 20.000 Euro. Seine Mandantin musste sich gerichtlich zur Wehr setzen, sagte deren Rechtsvertreter Stefan Kofler, da durch den Wortlaut der Onlinebewertung der Eindruck erweckt wurde, sie würde mit dem Nationalsozialismus sympathisieren. In einem zweiten Prozess in Deutschland klagte wiederum der Gast einen Angehörigen der Hotelbesitzerin, weil dieser ihn wiederholt telefonisch zur Löschung seiner Postings aufgefordert haben soll.

Im Prozess gegen den Gast hat das Landesgericht Innsbruck eine einstweilige Verfügung erlassen, seine Behauptungen zu löschen und zu unterlassen. Denn, so die Begründung, das Interesse der Klägerin, ihren guten Ruf zu wahren, sei in dem Fall höher zu bewerten als das Recht auf freie Meinungsäußerung des Gastes.

Ab wann ist man ein "Nazi"?

Noch läuft der Prozess, denn der beklagte Gast konnte nachweisen, dass die beiden abgebildeten Männer entgegen der anfänglichen Behauptung der Hotelbesitzerin auch Mitglieder der NSDAP waren. Zu Prozessbeginn bestritt die Klägerin das und argumentierte, das Tragen einer Wehrmachtsuniform bedeute nicht, dass es sich um einen "Nazi" handle. Daher die Klage wegen Beleidigung.

Dass man überhaupt das Bild eines Mannes in Wehrmachtsuniform in den öffentlichen Bereich des Hotels gehängt habe, begründete sie damit, dass es das einzige erhaltene Foto des Onkels sei. Mittlerweile habe man die Bilder jedoch abgenommen.

Die Frage des Datenschutzes

Bemerkenswert ist an dem Fall, dass es offenbar für Hotels sehr einfach ist, via Booking.com Rückschlüsse auf die Urheber vermeintlich anonymer Bewertungen zu ziehen. Datenschutzexperte Alan Dahi von der NGO Noyb wirft die Frage auf, ob die Plattform ihre Nutzer ausreichend darüber informiert: "Die Datenschutzgrundverordnung verlangt, dass Daten in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Das heißt, dass ein Unternehmen gegenüber seinen Nutzern eine weitgehende Informationspflicht hat. Unternehmen müssen in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache informieren."

Der nun beklagte Urlauber sagt, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass seine Onlinebewertung für das Hotel so einfach auf ihn zurückzuführen sei. Booking.com war auf telefonische und schriftliche Nachfrage zu keiner Stellungnahme dazu bereit. (Steffen Arora, 5.9.2019)