Salmonellen sind Durchfallerreger. Zu einer großen Gesundheitsgefahr werden sie, wenn sie Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln.

Foto: ETH Zürich / Stefan Fattinger

Zürich – Bakterien sind zunehmend resistent gegen gängige Antibiotika. Übertragen werden die Resistenzen häufig durch Resistenzgene, die von einer Bakterienpopulation zur nächsten springen können. Bislang gingen Forscher davon aus, dass sich die Resistenzgene vor allem dann verbreiten, wenn Antibiotika im Einsatz sind. Erklären lässt sich dies mit Darwins Lehre: Nur wo Antibiotika eingesetzt werden, ist ein resistentes Bakterium gegenüber anderen Bakterien im Vorteil. In einer Umgebung ohne Antibiotika ergeben sich für resistente Bakterien keine Vorteile.

Ein Forscherteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und der Universität Basel entdeckte nun allerdings bei Darmbakterien einen zusätzlichen, bisher unbekannten Verbreitungsmechanismus für Resistenzgene, der unabhängig vom Einsatz von Antibiotika ist. "Antibiotika restriktiv einzusetzen ist zwar richtig und wichtig. Diese Maßnahme reicht allerdings nicht aus, um die Verbreitung von Resistenzen zu vermeiden. Wenn man die Verbreitung von Resistenzgenen eindämmen will, muss man auch bei den resistenten Mikroorganismen selbst ansetzen. Man sollte dafür sorgen, dass sich diese nicht verbreiten können, zum Beispiel durch wirksamere Hygienemaßnahmen oder Impfungen", sagt Médéric Diard vom Biozentrum der Universität Basel.

Kombination zweier Resistenzmechanismen

Verantwortlich für den neu entdeckten Verbreitungsmechanismus sind persistente Bakterien, auch Persister genannt. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass nicht nur Bakterien mit Resistenzgenen eine Antibiotikabehandlung überleben, sondern auch diese Persister. Das sind Bakterien, die in einen temporären Dämmerzustand verfallen und ihren Stoffwechsel auf ein Minimum reduzieren können. Dadurch können sie von Antibiotika nicht mehr abgetötet werden. Bei den Salmonellen bilden sich diese "Schläfer", wenn die Bakterien vom Darminneren ins Körpergewebe eingedrungen sind. Im Gewebe können die Persister dann monatelang ein unauffälliges Dasein fristen, um später wieder aus ihrem Dämmerzustand zu erwachen. Sind die Bedingungen für das Überleben der Bakterien dann günstig, kann das zu einem Wiederaufflammen der Infektion führen.

Doch selbst, wenn die Persister keine neue Infektion verursachen, können sie sich nachteilig auswirken, wie die Wissenschafter nun in der Fachzeitschrift "Nature" berichten. Bei Salmonellen ist eine Kombination der beiden Resistenzmechanismen häufig anzutreffen, indem Persister zusätzlich kleine Erbgutstücke (Plasmide) mit Resistenzgenen tragen. Wie die Forscher in einem Mausmodell mit Salmonellen zeigten, sind diese Schläfer in der Lage, die Resistenz im Darm auch an andere Individuen der eigenen Art und sogar an solche anderer Arten weiterzugeben, etwa Kolibakterien aus der normalen Darmflora.

Resistenzen weitergeben

Die Experimente zeigten, dass Persister ihre Resistenzgene sehr effizient weitergeben können, sobald sie aus dem Dämmerzustand erwachen und auf Bakterien treffen, die für eine Gen-Weitergabe empfänglich sind. "Die Resistenzplasmide nutzen also ihr persistentes Wirtsbakterium aus, um für längere Zeit in einem Wirt zu überleben und sich anschließend auf andere Bakterien zu übertragen. Das treibt ihre Verbreitung voran", erklärt Wolf-Dietrich Hardt, Mikrobiologe an der ETH Zürich.

Das Spezielle daran: Dieser Austausch geschieht völlig unabhängig davon, ob Antibiotika eingesetzt werden oder nicht. Was die Forschenden an Mäusen bebachtet haben, müsste nach ihrer Ansicht nun auch bei Nutztieren, die häufig unter Salmonelleninfektionen leiden, wie zum Beispiel Schweinen, genauer untersucht werden. Ebenfalls müsste untersucht werden, ob sich die Verbreitung von Resistenzen in Nutztierpopulationen durch Probiotika oder eine Impfung, die vor einer Salmonelleninfektion schützt, eindämmen ließe. (red, 6.9.2019)