Zunächst dachte man noch an einen Übertragungsfehler. Am 21. August um 8.15 Uhr stellte das Unterwasserobservatorium des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel plötzlich die Datenübertragung ein. Das Observatorium führte seit Ende 2016 in der Eckernförder Bucht in Schleswig-Holstein wichtige Umweltmessungen am Meeresboden durch – nun war auf einmal Schluss.

Aufnahme der Messstation in besseren Tagen.
Foto: Forschungstaucherzentrum CAU

Um dem fortbestehenden Übertragungsproblem auf den Grund zu gehen, wurde vergangene Woche ein Taucheinsatz zu der in 22 Metern Tiefe gelegenen Station unternommen – mit unerwartetem Ergebnis. "Die Geräte waren weg, die Taucher konnten sie nicht mehr finden", sagt Hermann Bange, der das Projekt koordiniert. "Sie fanden nur noch das abgerissene Landkabel. Es war völlig zerfasert", so Bange.

Keine Spur

Das Observatorium besteht aus zwei Gestellen, die etwa die Größe von Schreibtischen haben. Eines ist für die Stromversorgung der Anlage verantwortlich und über ein Kabel mit der Küste verbunden. Das andere Gestell trägt die eigentlichen Messsensoren. Beide Teile waren nicht gerade leicht von der Stelle zu bewegen: Sie wiegen rund 520 und 220 Kilogramm, die Kabelverbindungen waren äußerst massiv.

Dieser Teil war für die Stromversorgung verantwortlich und wiegt rund 520 Kilogramm.
Foto: Forschungstaucherzentrum CAU

Den Forschern zufolge scheiden daher Stürme, Strömungen oder Meerestiere als Ursachen für das Verschwinden aus. Das Observatorium müsse gewaltsam entfernt worden sein, sagt Bange. Gleichzeitig kann er sich kaum vorstellen, wie und weshalb jemand die schwere Anlage vom Meeresgrund gestohlen haben soll. "Wir haben zunächst versucht, mit eigenen Recherchen und weiteren Tauchereinsätzen die Geräte wiederzufinden. Bisher aber ohne Erfolg." Mittlerweile ist auch die Kriminalpolizei in Eckernförde eingeschaltet.

Vom Landanschlusskabel sind nur noch zerfaserte Reste übrig.
Foto: Forschungstaucherzentrum CAU

Bitterer Datenverlust

Bei der Polizei hat man noch keine plausible Erklärung für das Verschwinden der Geräte, berichtet "Spiegel Online". Der genaue Standort der Anlage war nicht öffentlich bekannt und liegt zudem in einem Sperrgebiet für die Schifffahrt – auch Fischerboote dürfen hier nicht fahren.

Die Messstation habe rund 300.000 Euro gekostet, doch der wahre Wert ist wissenschaftlich: "Geradezu unbezahlbar sind die Daten, die wir damit erheben. Sie helfen der Forschung, Veränderungen in der Ostsee zu registrieren und eventuell Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Deshalb werden wir versuchen, das Observatorium so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen", sagt Bange.

Die Instrumente des Observatoriums lieferten wichtige Daten über Veränderungen im marinen Ökosystem.
Foto: Forschungstaucherzentrum CAU

Seit 1957 werden am Ausgang der Eckernförder Bucht kontinuierlich Umweltdaten erhoben, etwa zu Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffen, Sauerstoff oder Chlorophyll. Die Daten erlauben Rückschlüsse auf den Zustand des Ökosystems der südwestlichen Ostsee. Ende 2016 wurden die Messinstrumente dann durch das neue Unterwasserobservatorium ergänzt, das zusätzliche Parameter wie Strömungsgeschwindigkeiten und Methankonzentrationen am Meeresboden misst. (red, 5.9.2019)