Die Kammer hat einen dicken Polster angelegt.

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Harald Mahrer hat derzeit ein angenehmes Leben. Die von ihm geleitete Wirtschaftskammer profitiert von der seit Jahren stark steigenden Beschäftigung. Die Betriebe zahlen das Gros ihrer Zwangsbeiträge abhängig von den Lohnkosten. Alle Wirtschaftskammern gemeinsam – also die Zentrale und die neun Landesorganisationen – haben bei den Einnahmen im Vorjahr erstmals die Milliardengrenze geknackt. 1,021 Milliarden Euro flossen im Vorjahr in die Kassen der Arbeitgebervertretung, geht aus einer Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministeriums hervor.

Sepp Schellhorn beklagt die sieben Gewerbescheine, die er für sein Hotel benötigt.
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Was Mahrer freut, ärgert nicht nur den einen oder anderen Betrieb, sondern auch so manchen politischen Akteur. Vor allem die Neos kritisieren seit Jahren ihrer Meinung nach zu hohe Einnahmen und zu geringe Effizienz in der WKO. Seit 2010 sind die Erlöse der Sozialpartnereinrichtung um satte 32,4 Prozent gestiegen, während die Inflation in diesem Zeitraum bei 16 Prozent lag, rechnet Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn vor. Als Unternehmer fühle er sich angesichts der Rekordeinnahmen "gefrotzelt", sagt er.

"Kammer hortet Speck"

Immerhin verfüge die Kammer dank der Beitragsflut über ein Vermögen von 1,6 Milliarden Euro. Dazu Schellhorn, der die parlamentarische Anfrage gestellt hatte: "Die Betriebe werden ausgeblutet, und die Kammern horten den Speck." Er fordert die Abschaffung der sogenannten Kammerumlage 2, womit auch die Lohnnebenkosten sinken würden. Das entspräche einer Entlastung von 368 Millionen Euro.

Was Schellhorn zusätzlich ärgert: Die Kammer profitiert auch von der Mehrfachanmeldung von Gewerbescheinen, die notwendig ist, wenn ein Unternehmen in mehreren Bereichen tätig ist. Bei jeder Anmeldung fällt eine Grundumlage an die WKO an.

Sieben Gewerbe für ein Hotel

Schellhorn nennt in diesem Zusammenhang gerne sich selbst als Betroffenen. Für sein Hotel Seehof in Salzburg habe er folgende sieben Gewerbe angemeldet: Hotel, Café und Bar, Restaurant, Hotelwagen (um Gäste abzuholen), Tour-Operator, Reisebüro und Apotheker, damit man den Gästen ein Alka-Seltzer verabreichen dürfe. Der finanzielle Nutzen ist aus Neos-Sicht ausschlaggebend dafür, dass die Kammer kein Interesse an einer Deregulierung habe. Dabei sei eine Entrümpelung der Gewerbeordnung höchst an der Zeit, um Unternehmen zu entlasten und Bürokratie abzubauen. (as, 5.9.2019)