ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe die FPÖ überholt und sich als "besserer demokratiefeindlicher Player profiliert", findet Pressefreiheits-Bloggerin Rubina Möhring.

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Eine Partei verwehrt einer Journalistin den Zutritt zu einem Pressegespräch. Nicht irgendwann, nicht irgendwo, sondern dieser Tage hier in Österreich. Das hat es selbst unter der ersten schwarz-blau gestreiften Regierung nicht gegeben. Ähnliche Fälle wie ein Interview-Verbot für Angehörige des damaligen Innenministeriums, zumal wenn ein "Falter"-Redakteur anklopfte, gehörten allenfalls zum autoritären Repertoire der FPÖ.

Nun hat der jüngste und kürzeste Ex-Bundeskanzler der Republik, Sebastian Kurz, auch diese überholt und sich damit als besserer demokratiefeindlicher Player profiliert. Dass die ÖVP zu derart zweifelhaften Höhen abrutschen konnte, tut weh. Nicht nur bisherigen Wählern dieser Partei, vielmehr noch dem politischen System des Landes per se.

Marke Jörg Haider

Die Wiener Wochenzeitung "Falter" berichtete in der jüngsten Ausgabe über eine doppelte Wahlkampf-Buchhaltung der ÖVP. Zitiert wurde aus internen ÖVP-E-Mails, die dem Blatt zugespielt worden waren. Prompt flutschte der ÖVP-Obmann in die Opferrolle Marke Jörg Haider, sprach von bösartigen Hackern und will die Zeitung klagen. Als eine der Autorinnen des Artikels tags darauf an einem von dem ÖVP-Granden kurzfristig einberufenen Mediengespräch teilnehmen wollte, wurde ihr der Zutritt verwehrt. Kein Scherz, das ist bittere Wahrheit.

Politische Bildung

Mehr und mehr machte sich bemerkbar, dass politische Bildung längst ein wesentlicher Bestandteil des Schulunterrichtes sein sollte. Dass dem lange nicht so war und mancherorts noch immer ist, wird wieder einmal fatal spürbar. Es ist dies, wie man sieht, eine Tragödie.

Maßgeblich ist, dass schon in der Schule die Regeln einer lebendigen Demokratie gelernt werden. Hierzu gehören nun einmal auch die Grundrechte Medien- und Informationsfreiheit. In anderen demokratischen Ländern wissen das schon Kinder. Dass sowohl Redaktionsgeheimnis als auch Quellenschutz Gesetzmäßigkeiten sind, sollten wenigsten auch Jungpolitiker wissen. Es sei denn, sie wollen keine Ahnung davon haben, weil es ihnen gleichgültig ist. Sind sie dann noch glaubwürdige Repräsentanten einer funktionierenden Demokratie?

Was also ist los in Österreich? Gut 70 Jahre lang zeichnete sich das Land als funktionierende demokratische Republik aus. Die einen nannten sie eine Insel der Seligen, anderen lächelten leise über den kleinen Staat mit einem charmanten Hang zur Operette. Heute nähert sich das nationale Image bedenklich dem einer Bananenrepublik.

Die Krümmung der Banane

Fragt ein Kind die Eltern: "Warum ist die Banane krumm?" – "Wenn sie gerade wäre, wäre sie keine Banane mehr." Der Scherz ist bekannt. Unklar ist jedoch, wie viele Krümmungen eine traditionelle konservative Partei vollziehen muss, um auf der politische Zielgeraden als rechtspopulistische Partei anzukommen. Dann wird sie wohl auch ihre Definition von Patriotismus entsprechend g'schmackig aufpolieren müssen. Hatten wir so etwas nicht schon einmal? Fragen wir das unser Langzeitgedächtnis. (Rubina Möhring, 6.9.2019)