Graz – Es ist ein noch immer nicht ganz geklärtes Kapitel der steirischen Landespolitik. Landeshauptmann Franz Voves war nach der Landtagswahl 2015, die er für seine SPÖ zwar verlor, aber letztlich doch als Sieger durchs Ziel brachte, zurückgetreten und hatte den Landeshauptmannsessel freiwillig seinem Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP) überlassen – mit den Worten, er solle den Reformweg für die Steiermark, den beide begonnen hätten, fortsetzen. Es folgten Bilder von weinenden, einander in den Armen liegenden politischen Freunden, die Abschied nahmen.
Und nun, vor wenigen Tagen: Schützenhöfer beendete überraschend diese von ihm und Voves geschmiedete rot-schwarze Partnerschaft und rief Neuwahlen aus. Was Voves dazu veranlasste, seinem alten Freund einen bitterbösen Brief zu schreiben.
Schützenhöfer ist "überrascht"
Voves' nunmehriger Ex-Freund Schützenhöfer regierte auf STANDARD-Nachfrage knapp und ließ ausrichten: "Der Landeshauptmann zeigt sich überrascht, weil er erst vorgestern einen Vieraugentermin mit seinem Vorgänger, Landeshauptmann außer Dienst Mag. Franz Voves, vereinbart hat. Er wird ihm in einem freundschaftlichen Gespräch alle Gründe für die Festlegung des Wahltermins erläutern."
Für Voves doppelt bitter: Er hat mit seinem damaligen Schritt, den Landeshauptmannsessel an die ÖVP zu "verschenken", auch seine Partei verloren. In weiten Teilen der steirischen SPÖ gilt er seither als Persona non grata. Das Trauma des Verlusts der Landeshauptmannposition sitzt tief, noch heute wollen damals Beteiligte nicht offen über die Ereignisse reden. Es heißt nur, Voves sei hinterbracht worden, die ÖVP plane, eine schwarz-blaue Koalition zu schmieden, die die SPÖ auf die Abgeordnetenbank verbannt hätte. Deshalb habe Voves den Landeshauptmann hergeschenkt, um die SPÖ in der Regierung zu halten.
"Das übliche politische Spiel"
Aber wie sich die Sachlage im Rückblick darstellt: Voves dürfte diesen Druck überschätzt haben. Einer, der damals in der ÖVP maßgeblich die schwarz-blauen Karten gespielt hatte, erinnert sich im STANDARD-Gespräch: "Ach, wir wollten von draußen halt ein wenig Druck aufbauen, das übliche politische Spiel halt." Ein Spiel, das selbst dem jetzt amtierenden Landeshauptmann Schützenhöfer nicht geschmeckt hatte. Schützenhöfer wollte, so heißt es, damals gerne in aller Ruhe mit der SPÖ weiterregieren – wie gewohnt als Zweiter. (Walter Müller, 6.9.2019)