Innenminister Wolfgang Peschorn hat die BVT-Reform zur Chefsache erklärt. Kommende Woche tagt dazu der parlamentarische Innenausschuss.

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Kommende Woche wird es wieder ernst mit der Reform des polizeilichen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Am 12. September wird der damit befasste Unterausschuss des Innenausschusses im Parlament tagen, bestätigte am Freitag das Büro von Innenminister Wolfgang Peschorn auf STANDARD-Anfrage.

Es ist vermutlich die größte inhaltliche Herausforderung, die sich Peschorn in seiner kurzen Amtszeit auf die Agenda geschrieben hat. Er hätte die BVT-Reform auch der nächsten Regierung überlassen können. Doch schon unmittelbar nach seiner Angelobung in der Expertenregierung hatte er erklärt, dass er das BVT nach den vergangenen Skandalen während der FPÖ-Ägide wieder in "besseres Fahrwasser" bringen wolle. Bei der Ausschusssitzung im Parlament am kommenden Donnerstag gehe es um "größtmöglichen Konsens", heißt es in Peschorns Büro.

Parlamentarische Kontrolle

Aber das wird nicht einfach. Die Parteien müssen sich grundsätzlich darauf einigen, ob sich das BVT in Richtung echter Geheimdienst entwickeln soll oder ob es weiterhin ein polizeiliches Amt mit geheimdienstlichen Befugnissen bleiben wird. Eine auch schon einmal diskutierte Zusammenlegung mit den militärischen Nachrichtendiensten ist vom Tisch. Ziemlich sicher ist, dass für die Tätigkeiten des Verfassungsschutzes eine parlamentarische Kontrollinstanz geschaffen wird. Für SPÖ und Neos ist das ein Muss. Ob diese Kontrolle zusätzlich zum bestehenden Rechtsschutzbeauftragten im Innenministerium kommt oder diesen ersetzt, ist noch unklar.

Die FPÖ wird auf Reformschritte pochen, die bereits Herbert Kickl als Innenminister vorgeschlagen hatte. Und die haben es teilweise in sich. Die von Kickl vorgeschlagene Ausweitung der Überwachungsbefugnisse unter Ausschaltung einer richterlichen Kontrolle ist so weitreichend, dass dafür die Verfassung geändert werden müsste – wofür wiederum eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig wäre.

Ohne richterliche Genehmigung

Wie der STANDARD bereits im Jänner berichtete, wollte Kickl eine eigene, zusätzliche BVT-Einheit für sogenannte "Vorfeldaufklärung" gründen. Diese sollte bereits bei einer potenziellen, abstrakten Gefahrenlage mit der Informationsgewinnung starten dürfen. Im Klartext: Schon vor Bestehen einer konkreten Bedrohungssituation sollte die Aufzeichnung von Bild-, Ton- und Verbindungsdaten erlaubt werden. Derzeit darf das BVT laut polizeilichem Staatsschutzgesetz im Rahmen der Erweiterten Gefahrenerforschung nur bei Verdacht auf schwere Straftaten Überwachungsmaßnahmen bis zum großen Späh- und Lauschangriff setzen.

Die "Kronen Zeitung" hat die internen Papiere nun ebenfalls erhalten und schreibt von einem "Polizeistaat", den der ehemalige Innenminister habe errichten wollen. Neu ist, dass selbst Juristen des Innenministeriums bestimmte Vorschläge, wie die Überwachung von Gesprächsinhalten, ohne richterliche Genehmigung als "nicht umsetzbar" bewertet beziehungsweise mit dem Zusatz "Verfassungsänderung notwendig" versehen haben.

Kritik an Kickl: "Blaue Stasi"

Kickl selbst weist in der "Krone" darauf hin, dass es sich um Vorschläge aus der Reformgruppe gehandelt habe, die sich ohnehin als nicht durchführbar herausgestellt hätten. Schon im Jänner hatte es auf STANDARD-Anfrage im damals blau geführten Ministerium geheißen, dass die BVT-Reform ein laufender Prozess sei, in dem eben über alle Vorschläge diskutiert werde.

Nichtsdestotrotz gingen am Freitag als Reaktion auf den "Krone"-Artikel die politischen Wogen hoch: "Mein Verdacht, dass Kickl aus dem BVT eine FPÖ-Stasi machen wollte, hat sich bestätigt", sagte Peter Pilz von der Liste Jetzt. Auch Jan Krainer (SPÖ) sprach von einer "blauen Stasi". Für Nikolaus Scherak (Neos) ist "wirklich Feuer am Dach, wenn sogar interne Rechtsexperten angesichts der bevorstehenden Lausch- und Spähangriffe die Notbremse ziehen". Und für Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) hat Kickl wieder bewiesen, "dass er als Innenminister untragbar ist". (Michael Simoner, 6.9.2019)