Greta Thunberg lässt grüßen: stoische Blicke in "Arche um Acht".

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Auch "Alles Gute" steht am Spielplan im Theater der Jugend.

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Eine Stückbearbeitung von "Jugend ohne Gott" wird im Theater der Jugend uraufgeführt.

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Eine Stückbearbeitung von "Krieg der Welten" wird im Theater der Jugend uraufgeführt.

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Der Kampf um die Welt wird im Moment von Jugendlichen angeführt: In zahlreichen Metropolen gehen Kinder und Jugendliche freitags auf die Straße, um die Aufmerksamkeit auf den Klimawandel zu lenken, der um einiges rasanter voranschreitet als noch wenige Jahre zuvor angenommen – und somit die Generation der Heranwachsenden stärker betreffen wird als jede andere vor ihr. Auch vor diesem Hintergrund hat sich das Theater der Jugend einem gesellschaftskritischen Kinder- und Jugendtheater verschrieben, das auch in der neuen Spielzeit Heldinnen und Helden des Alltags ebenso feiert wie literarische Figuren.

So könnte Krieg der Welten nach H. G. Wells’ Science-Fiction-Roman, ursprünglich ein Abgesang auf kolonialistische Praktiken im 19. Jahrhundert, ebenso zur heutigen Zeit spielen. Regisseur Jethro Compton klopft das Werk auf seine Aktualität ab: Nach Jahrzehnten der Selbstüberschätzung hat der Mensch seinen Lebensraum zerstört, und nun gilt nur noch eines – überleben. Im Protest gegen das Fehlen wirksamer Umweltpolitik führen zumindest die Jüngeren dieser Gesellschaft vor, wie Solidarität und Gemeinschaft im Sinne eines größeren Ganzen aussehen können.

Vorlaute Pinguine

Und wenn die Sintflut doch kommt und die Welt wortwörtlich den Bach runtergeht, wo verabredet man sich da am besten? An der Arche um Acht, ganz einfach. Zumindest in Ulrich Hubs Erfolgsstück ist das der beste Ort, um doch noch eine Chance auf Rettung zu haben: Dort wollen drei vorlaute Pinguine aus der Antarktis zu Noah auf dessen Schiff – ob sie es aber zu dritt schaffen, obwohl nur zwei von ihnen gerettet werden sollen, wird sich unter Yüksel Yolcus Regie zeigen.

Wenn die Großen zu langsam oder gar nicht reagieren, nehmen junge Heldinnen und Helden die Sache gerne selbst in die Hand und verändern die Welt ein Stück weit zum Besseren. So auch in Mark Twains Klassiker der Jugendliteratur Prinz und Bettelknabe, der konsequent Fragen nach Gleichheit und Gerechtigkeit aufwirft: Ein Waisenkind und ein Prinz, die sich zum Verwechseln ähnlich sehen, tauschen ihre Rollen und leben vorerst zum Spaß in der Haut des anderen. Die Verwechslung wird für die zwei Jungen zum gefährlichen und folgenreichen Spiel – und schließlich zu einer Reflexion über Privilegien in jeder Gesellschaft.

Für seine Überzeugungen geradezustehen, das hat Ödön von Horvàth zeit seines Lebens getan. Mit Jugend ohne Gott schrieb er sich ins Exil: Er taufte die Zeit des Nationalsozialismus das "Zeitalter der Fische" – eine kalte Epoche des Denunziantentums und der Mitläufer. Petra Wüllenwebers Neuinterpretation des Stoffes wirft ein Auge darauf, dass Opportunismus, sei er politisch oder gesellschaftlich verortet, in jeglichen Strukturen existieren kann.

Unheimlicher Lehrer

E. T. A. Hoffmann lieferte der Welt fantastische Figuren wie den Sandmann und den Nußknacker. In Das magische Kind spielen ein unheimlicher Lehrer, seine zwei wohlerzogenen (aber furchtbar langweiligen) Kinder Adelgundchen und Hermann und die wilderen Geschwister Christlieb und Felix die Hauptrollen. Und dann taucht auch noch ein magisches Kind auf, das die beiden Rabauken zu den verrücktesten Abenteuern auffordert – doch spielen diese nur in ihren Köpfen? In Gerald Maria Bauers Inszenierung frei nach Motiven von Hoffmann steht die wichtigste Eigenschaft, im Leben wie am Theater, im Zentrum: die Fantasie.

Im vergangenen Jahr inszenierte Werner Sobotka am Theater der Jugend Die Mitte der Welt, die Geschichte des Teenagers Phil und seiner ersten großen Liebe und deren Weg zum Erwachsenwerden. In Frühlings Erwachen nach Frank Wedekind befinden sich Melchior, Moritz und Wendla vor ähnlichen Herausforderungen, Erwartungen und der Angst, diesen nicht zu genügen.

Besonderes Fest

In Alles Gute wiederum steht Alina im Zentrum, genauer, ihre Geburtstagsfeier: Es soll ein ganz besonderes Fest werden, das allen Klassenkameraden noch lange in Erinnerung bleiben wird. Als Alina erfährt, dass sich ihre Eltern das nicht so einfach leisten können, muss sie umdenken und die Feier mithilfe ihres Bruders anders gestalten. Lutz Hübners Stück spricht das Thema Arbeitslosigkeit mit einer Prise Leichtigkeit an.

Und so ist die Spielzeit am Theater der Jugend vieles gleichzeitig: unterhaltsam, politisch, aufwühlend, herausfordernd – und immer wieder fantastisch. Dafür sorgt Puck, der verschmitzte Elf aus dem Sommernachtstraum, der im neuen Stücke-Mashup Das große Shakespeare-Abenteuer mit seinem Erfinder verschiedensten Zauberern und Hexen begegnet. Auf den Menschen scheint nämlich nur wenig Verlass. Dem würde Greta Thunberg sicher beipflichten. (Lili Hering, 7.9.2019)