Die Feige ist die Auster des Gartens, der Frucht gewordene Genuss, Krönung und Gipfel der spätsommerlichen Fruchtvöllerei. Eine dralle Feige, so reif, dass aus ihr bereits der Nektar tropft, gehört zum Allerbesten, was auf Bäumen wächst: herrlich süß und gleichzeitig würzig, aufregend und geschmacklich vielseitig, samtig, weich und ganz unobstig üppig.

So köstlich ist die Feige, dass nicht nur ihre Früchte herrlich sind: Ich habe mit ihren Blättern Fisch eingewickelt, bevor er auf dem Grill gelandet ist, und bilde mir ein, ihn damit ein wenig gefeigt zu haben (ganz so, wie man sonst etwas trüffelt), und Lukas Mraz, der wirklich was von gutem Essen versteht, lässt Feigenblätter in Milch ziehen und macht daraus dann wollüstiges Speiseeis.

Foto: Tobias Müller

Meine Feigenverehrung gefördert hat sicher, dass sie für mich stets ein bisserl ein Luxusobst war: Nördlich der Alpen sind die richtig guten rar und mitunter ziemlich teuer, vor allem für Nicht-Gartenbesitzer. Diesen Sommer hat sich das nun endlich geändert: Ich bin stolzer Betreuer eines Feigenbaums – und weiß gar nicht mehr, wohin mit all den Früchten.

Meine Feige ist bereits weit über 100 Jahre alt und sieht so aus, als würde sie beim nächsten Gewitter zusammenbrechen, das hindert sie aber nicht daran, reichlich (wenn auch kleine) Früchte zu tragen. Jeden Tag steige ich daher in ihre Krone zur Feigenernte, und bereits das ist ein Fest. Während sich die noch nicht ganz weichen Feigen recht leicht mit einer Drehung vom Baum lösen lassen, reißt bei den voll- bis überreifen beim Brocken unweigerlich ein Stück Feigenhaut ab. Die geerntete Feige sieht aus, als ob sie sich in dem Zustand unmöglich lagern ließe, und muss daher umgehend verzehrt werden.

Foto: Tobias Müller

Was diesen Ernterausch übersteht, habe ich in den vergangenen Wochen roh und gebraten gegessen, Natur oder gewürzt, zum Frühstück mit Ricotta, zu Mittag mit Burrata und Rucola, abends gegrillt zu Fisch, und weil immer noch so viele da waren, habe ich sie mitunter noch zu einem Milkshake püriert. So erbarmungslos voll ist der Baum derzeit, dass ich der Feige, ich hätte es nicht für möglich gehalten, fast ein wenig überdrüssig geworden bin. Aber nur fast. Als Pasta, mit etwas gebratener Pancetta, gerösteten Nüssen, cremigem Ricotta, einem Hauch Chili und würzigem Pecorino kann ich sie immer noch (fast) jeden Tag essen.

Foto: Tobias Müller

Übrigens: Die beste Pasta, die ich in Wien bisher gegessen habe (die trockenen Nudeln, nicht das fertige Gericht), gibt es bei Donatella zu kaufen: Gentile, eine kleine Manufaktur in Gragnano, macht Spaghetti alla Chitarra rau wie Katzenzungen, die sich fantastisch mit sämigen Saucen verbinden. Probieren Sie das aus, das ist eine Offenbarung und selbst nach neapolitanischen Standards außergewöhnlich gut.

Pasta con Fichi, Pancetta e Ricotta

Meine Feigen sind derzeit dank der süditalienischen Sonne definitiv süß genug. Wer welche aus Schattenlagen verarbeitet, der gibt noch einen Schuss Honig zur Sauce. Und wenn Sie zufällig noch frischen Ricotta finden, mischen Sie ihn ebenfalls noch dazu. Der schadet sowieso fast nie.

8 Feigen, geviertelt

8 dünne Scheiben Pancetta oder Speck

1–2 Knoblauchzehen, in dünne Scheiben geschnitten

1 getrocknete Chili, gehackt

50 Gramm Ricotta, frisch oder al Forno

1 Handvoll gerösteter Nüsse, etwa Walnüsse oder Mandeln

Etwas geriebener Pecorino

Olivenöl

Optional: Cocktailtomaten

Foto: Tobias Müller
Foto: Tobias Müller

Einen Topf Salzwasser zum Kochen bringen. Es sollte so viel Wasser darin sein, dass Ihre Pasta später davon etwa handbreit bedeckt ist. Wenn das Wasser kocht, die Pasta zugeben und bissfest garen. (Allen italienischen Großmüttern zum Trotz ist weniger Kochwasser bei Pasta immer besser als ganz viel, weil dann die Stärkekonzentration im Wasser höher ist und es besser geeignet ist, damit die Sauce zu binden.)

Währenddessen in einer Pfanne bei mittlerer Hitze die Pancetta knusprig braten. Herausnehmen und für später zur Seite stellen. Hitze hochschalten.

Foto: Tobias Müller

Dem ausgetretenen Fett noch etwas Olivenöl zugeben. Darin den Knoblauch und die Chili kurz braten, dann, falls verwendet, die Cocktailtomaten zugeben und etwas zusammenfallen lassen. Mit Pasta-Kochwasser ablöschen und unter Rühren einkochen lassen. Wiederholen, bis das Wasser, das Fett und die Stärke eine sämige Sauce bilden.

Kurz bevor die Pasta gar ist, die Feigen in die Pfanne geben und durchwärmen. Nicht zu sehr garen, wir wollen keinen Gatsch. Sie können auch nur die Hälfte in der Pfanne kurz schmoren lassen und die andere Hälfte später zu den heißen Nudeln geben, das ist mitunter von der Konsistenz her interessanter. Wer Honig verwendet: Jetzt ist der Moment, ihn unterzurühren.

Foto: Tobias Müller

Pasta abgießen (dabei einen Schuss Kochwasser aufheben!) und zur Sauce geben.

Foto: Tobias Müller

Die gehackten Nüsse, den Käse, die Pancetta und den Ricotta ebenfalls zugeben und alles gut durchmischen. Eventuell mit dem Pastawasser die Sämigkeit regulieren. Auf Tellern anrichten und eventuell mit mehr knuspriger Pancetta aufmotzen. Sofort heiß servieren.

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(Tobias Müller, 8.9.2019)