Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will eine Kommission, die "entschlossen vorgeht und Antworten liefert". So lautete ihre erste Ansage bei der Vorstellung der Zuständigkeiten der künftigen EU-Kommissare am Dienstag in Brüssel.

Hier eine Aufstellung der kompletten Kommission mit den bereits bekannten Zuständigkeiten der jeweiligen Kommissare.

Die designierte EU-Kommission

Foto: APA/AFP/LUDOVIC MARIN

Präsidentin der EU-Kommission

Name: Ursula von der Leyen
Land:
Deutschland
Alter:
60 Jahre
Politische Richtung:
Konservative
Bisherige Position:
Verteidigungsministerin

Die Christdemokratin Ursula von der Leyen war die Überraschungskandidatin der Staats- und Regierungschefs und wurde Mitte Juli vom Europaparlament mit knapper Mehrheit gewählt. In Deutschland war die in Brüssel geborene mehrsprachige Mutter von sieben Kindern unter anderem Familien-, Sozial- und Verteidigungsministerin.

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Foto: AP/Mayo

Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Klimapolitik

Name: Frans Timmermans
Land:
Niederlande
Alter:
58 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokrat
Bisherige Position:
erster Vizepräsident der EU-Kommission

Der ehemalige niederländische Außenminister ist schon seit 2014 erster Vizepräsident der EU-Komission. Eigentlich wollte er selbst Kommissionschef werden, Ungarn, Polen und Tschechien lehnten ihn jedoch ab – vielleicht auch, weil er als Kommissionsvize für das Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen verantwortlich war. Die wichtige Rolle des Vizepräsidenten behält er allerdings – zusammen mit Margrethe Vestager. In der neuen Kommission wird der Sozialdemokrat für Klimapolitik und den "grünen Deal" zuständig sein. Er soll die Bereiche Gesundheit, Umwelt und Verkehr zusammenbringen, kündigte von der Leyen am Dienstag an.

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Foto: REUTERS/Yves Herman

Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Wettbewerb

Name: Margrethe Vestager
Land:
Dänemark
Alter:
51 Jahre
Politische Richtung:
Liberale
Bisherige Position:
EU-Wettbewerbskommissarin

Die studierte Wirtschaftswissenschafterin galt schon vor ihrem Wechsel in die EU als starke Persönlichkeit. 1998 übernahm sie mit 29 Jahren als damals jüngste Ministerin in der Geschichte Dänemarks das Bildungsressort. In Brüssel knöpfte sich Vestager als Wettbewerbskommissarin die IT-Giganten vor und verhängte gegen Google, Facebook und Co teils milliardenhohe Strafen. Auch Vestager äußerte nach Zugewinnen der Liberalen bei der Europawahl Ansprüche auf den Chefsessel. Nun wird sie geschäftsführende Vizepräsidentin und bleibt Wettbewerbskommissarin.

Foto: APA/AFP/JURE MAKOVEC

Vizepräsident der EU-Kommission und EU-Außenbeauftragter

Name: Josep Borrell
Land:
Spanien
Alter:
72 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokrat
Bisherige Position:
Außenminister

Der künftige Außenbeauftragten der EU wird Josep Borrell heißen. Der Ökonom war seit Juni 2018 spanischer Außenminister, zuvor hatte er seit Ende der 1970er-Jahre diverse Regierungsposten inne und war von 2004 bis 2007 Präsident des Europaparlaments.

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Foto: REUTERS/Ints Kalnins

EU-Justizkommissar

Name: Didier Reynders
Land:
Belgien
Alter:
61 Jahre
Politische Richtung:
Liberaler
Bisherige Position:
Außenminister

Der Liberale Didier Reynders ist seit 2011 belgischer Außenminister. Zuvor war er viele Jahre lang Finanzminister und Vizepremier. Bereits 2014 war er als belgischer EU-Kommissar im Gespräch, doch erhielt damals die Christdemokratin Marianne Thyssen den Vorzug. Zuletzt sondierte Reynders im Auftrag des belgischen Königs für eine mögliche neue Regierung nach der Parlamentswahl vom Mai. Nun wird er Justizkommissar.

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Foto: AP/Vanden Wijngaert

EU-Kommissarin für Innovation und Jugend

Name: Marija Gabriel
Land:
Bulgarien
Alter:
40 Jahre
Politische Richtung:
Konservative
Bisherige Position:
EU-Digitalkommissarin

Marija Gabriel war seit Juli 2017 als jüngstes Mitglied der EU-Kommission für das Ressort Digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig. Zuvor war die Philologin von 2009 bis 2017 Europaabgeordnete. Gabriel gehört zur in Sofia regierenden bürgerlichen Partei Gerb. In der neuen Kommission wird sie Kommissarin für Innovation und Jugend.

Foto: imago/ZUMA Press/Wiktor Dabkowski

EU-Kommissarin für Energie

Name: Kadri Simson
Land:
Estland
Alter:
42 Jahre
Politische Richtung:
Liberale
Bisherige Position:
frühere Wirtschaftsministerin

Die frühere estnische Wirtschaftsministerin Kadri Simson von der linksgerichteten Zentrumspartei ist Wunschkandidatin von Regierungschef Jüri Ratas. Der bisherige estnische Vertreter Andrus Ansip war Vizepräsident der Kommission, zuständig für den digitalen Binnenmarkt. Ob Simson eine so herausgehobene Position erhält, gilt als fraglich. Zukünftig wird sie in der Kommission das Portfolio Energie übernehmen.

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Foto: AP/Vanden Wijngaert

EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften

Name: Jutta Urpilainen
Land:
Finnland
Alter:
44 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokratin
Bisherige Position:
frühere Finanzministerin

Jutta Urpilainen war Vorsitzende der finnischen Sozialdemokraten und Finanzministerin. Doch musste die studierte Pädagogin die Parteiführung 2014 an den heutigen Ministerpräsidenten Antti Rinne abgeben. Urpilainen, die erste weibliche Kommissarin aus Finnland, wird künftig für internationale Partnerschaften der EU zuständig sein.

Foto: APA/AFP/JOEL SAGET

EU-Kommissarin für den Binnenmarkt

Name: Sylvie Goulard
Land:
Frankreich
Alter:
54 Jahre
Politische Richtung:
Liberale
Bisherige Position:
Ex-Ministerin und zuletzt Vizepräsidentin der französischen Zentralbank

Die Liberale Sylvie Goulard war zuletzt Vizegouverneurin der französischen Zentralbank und vorher lange Zeit EU-Abgeordnete. 2017 machte Staatschef Emmanuel Macron sie zur Verteidigungsministerin, doch trat Goulard wegen Vorwürfen der Scheinbeschäftigung gegen ihre Partei Mouvement démocrate nach nur einem Monat zurück. Gegen sie wird noch ermittelt. Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte am Dienstag, dass Goulard künftig Kommissarin für den Binnenmarkt sein werde. Außerdem wird sie für die Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Weltraum verantwortlich sein, die von der Leyen neu aufbauen will.

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Foto: REUTERS/Yves Herman

Vizepräsident der EU-Kommission

Name: Margaritis Schinas
Land:
Griechenland
Alter:
57 Jahre
Politische Richtung:
Konservativer
Bisherige Position:
Chefsprecher der EU-Kommission

Der Jurist Margaritis Schinas aus der Hafenstadt Thessaloniki ist seit 1990 Karrierebeamter bei der EU-Kommission – unterbrochen 2007 bis 2009 durch ein Mandat als Europaabgeordneter der konservativen Nea Dimokratia. 2014 wurde er Chefsprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sein Schwerpunkt als Vizepräsident der Kommission soll der Schutz der europäischen Lebensart sein.

Foto: APA/AFP/Dunand

EU-Kommissar für Handel

Name: Phil Hogan
Land:
Irland
Alter:
59 Jahre
Politische Richtung:
Konservativer
Bisherige Position:
EU-Agrarkommissar

Der irische Christdemokrat Phil Hogan war seit 2014 EU-Agrarkommissar. Anfang der 1980er-Jahre hatte der Ökonom vorübergehend den Bauernhof seiner Familie geführt, bevor er Parlamentsabgeordneter und später unter anderem Umweltminister wurde. In der neuen Kommission wird Hogan Handelskommissar.

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Foto: Reuters

EU-Kommissar für Wirtschaft

Name: Paolo Gentiloni
Land:
Italien
Alter:
64 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokrat
Bisherige Position:
früherer Ministerpräsident

Der Sozialdemokrat Paolo Gentiloni war in Italien mehrfach Minister und schließlich von 2014 bis 2016 Regierungschef. Nach dem Start der Populistenkoalition in Rom blieb er bis zum erneuten Regierungswechsel Abgeordneter. Der Römer hat Politikwissenschaften studiert und spricht fließend Englisch. In der neuen EU-Kommission wird er Wirtschaftskommissar.

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Foto: AP/Bandic

Vizepräsidentin der EU-Kommission

Name: Dubravka Šuica
Land:
Kroatien
Alter:
62 Jahre
Politische Richtung:
Konservative
Bisherige Position:
EU-Abgeordnete

Die Kroatin Dubravka Šuica, Mitglied der konservativen Regierungspartei HDZ, war seit 2013 Europaabgeordnete – also seit dem EU-Beitritt ihres Landes. Zuvor war die Deutsch- und Englischlehrerin lange Bürgermeisterin von Dubrovnik. Als Vizepräsidentin der Kommission soll sie sich um Demokratie und Demografie kümmern.

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Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Finanzdienstleistungen

Name: Valdis Dombrovskis
Land:
Lettland
Alter:
48 Jahre
Politische Richtung:
Konservativer
Bisherige Position:
für den Euro zuständiger Vizepräsident der EU-Kommission

Der lettische Christdemokrat Valdis Dombrovskis ist seit 2014 einer der Kommissionsvizepräsidenten, bisher zuständig für den Euro. Vorher war er von 2009 bis 2013 lettischer Regierungschef. Staatschef Egils Levits lobt seinen Kandidaten. "Ich glaube, er hat eine sehr konstruktive Rolle in den letzten fünf Jahren in seinem Amt gespielt, insbesondere bei der Überwindung der Eurokrise", sagte Levits der dpa. In der neuen Kommission wird Dombrovskis Kommissar für Finanzdienstleistungen.

Foto: Standard

EU-Kommissar für Umwelt und die Ozeane

Name: Virginijus Sinkevičius
Land:
Litauen
Alter:
28 Jahre
Politische Richtung:
Grüner
Bisherige Position:
Wirtschaftsminister

Virginijus Sinkevičius vom Bund der Bauern und Grünen war der jüngste Minister der litauischen Geschichte, seit 2017 war für Wirtschaft und Innovation zuständig. Nun wird der Ökonom und Jurist auch jüngstes Mitglied der EU-Kommission. Seine Partei steht den europäischen Grünen nahe, ist aber eher in der politischen Mitte angesiedelt. Er wird in der neuen Kommission für Umweltagenden und die Ozeane zuständig sein.

EU-Kommissar für Arbeit

Name: Nicolas Schmit
Land:
Luxemburg
Alter:
65 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokrat
Bisherige Position:
Ex-Arbeitsminister und zuletzt EU-Abgeordneter

Der Sozialdemokrat Nicolas Schmit war Luxemburgs Botschafter bei der EU und von 2009 bis 2018 Arbeitsminister. Im Mai wurde er ins Europaparlament gewählt. Schmit hätte schon 2014 EU-Kommissar werden sollen, musste aber wegen der Ernennung seines Landsmanns Jean-Claude Juncker zum Kommissionspräsidenten verzichten. In der neuen Kommission wird er für Arbeit zuständig sein.

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Foto: AP/Borgia

EU-Kommissarin für Gleichberechtigung

Name: Helena Dalli
Land:
Malta
Alter:
56 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokratin
Bisherige Position:
Ministerin für Europaangelegenheiten

Die Sozialdemokratin Helena Dalli war langjährige Abgeordnete im maltesischen Parlament. Von 2013 bis 2017 war die promovierte Soziologin Sozial- und Konsumentenschutzministerin, danach für EU-Angelegenheiten und Gleichberechtigung. Für das Portfolio Gleichberechtigung wird sie auch in der neuen EU-Kommission verantwortlich sein.

Foto: APA/Neubauer

EU-Budgetkommissar

Name: Johannes Hahn
Land:
Österreich
Alter:
61 Jahre
Politische Richtung:
Konservativer
Bisherige Position:
EU-Erweiterungskommissar

Johannes Hahn ist schon seit zehn Jahren EU-Kommissar, zuletzt zuständig für Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik mit Blick auf den Westbalkan. Der ÖVP-Politiker war vor seiner Brüsseler Zeit Wissenschaftsminister und früher unter anderem beim Glücksspielkonzern Novomatic tätig. Hahn wird künftig das EU-Budget betreuen und außerdem für die Verwaltung zuständig sein. Er folgt damit dem Deutschen Günther Oettinger nach.

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EU-Kommissar für Landwirtschaft

Name: Janusz Wojciechowski
Land:
Polen
Alter:
64 Jahre
Politische Richtung:
National-Konservativer
Bisherige Position:
Mitglied des Europäischen Rechnungshofs

Janusz Wojciechowski gehört zur rechtskonservativen polnischen Regierungspartei PiS. Er war ursprünglich Richter und leitete lange den Landesrechnungshof, bevor er 2004 Europaabgeordneter wurde. Wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen während seiner Zeit im Europaparlament ermittelt die EU-Betrugsbehörde Olaf gegen ihn. In der neuen Kommission wird Wojciechowski die für sein Heimatland wichtigen Agraragenden übernehmen.

Foto: imago images / Matteo Gribaudi

EU-Verkehrskommissarin

Name: Rovana Plumb
Land:
Rumänien
Alter:
59 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokratin
Bisherige Position: Ministerin und zuletzt EU-Abgeordnete

Rovana Plumb ist Vizepräsidentin der in Rumänien regierenden Sozialdemokraten. Sie war von 2009 bis 2012 Europaabgeordnete und danach bis April 2019 Ministerin in verschiedenen Ressorts. Im September 2017 erhob die Staatsanwaltschaft gegen sie den Vorwurf des Amtsmissbrauchs, die Ermittlungen laufen noch. Sie wird neue Verkehrskommissarin.

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Foto: AP/Goldman

EU-Kommissar für Krisenmanagement

Name: Janez Lenarčič
Land:
Slowenien
Alter:
51 Jahre
Politische Richtung:
parteilos
Bisherige Position:
Diplomat

Der Karrierediplomat Janez Lenarčič war nicht nur Sloweniens Botschafter bei der EU, sondern auch Vertreter bei der OSZE und den Vereinten Nationen. Zwischendurch war er Berater des Außenministeriums und der Regierung. Er wird in der EU-Kommission das Portfolio für Krisenmanagement übernehmen.

Foto: APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Vizepräsident der EU-Kommission

Name: Maroš Šefčovič
Land:
Slowakei
Alter:
53 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokrat
Bisherige Position:
für Energie zuständiger Vizepräsident der EU-Kommission

Der Slowake Maroš Šefčovič ist seit 2009 Mitglied der EU-Kommission und seit 2010 einer ihrer Vizepräsidenten. Zuletzt war er für die Energieunion zuständig. Der Jurist mit langjähriger diplomatischer Erfahrung ist formell parteilos, steht aber den Sozialdemokraten nahe. Diese nominierten ihn 2019 für die slowakische Präsidentenwahl, bei der er aber nur Zweiter wurde. Als Vizepräsident der EU-Kommission soll er sich um die Beziehungen zwischen den Institutionen kümmern.

Foto: APA/AFP/Suslin

EU-Kommissarin für innere Angelegenheiten

Name: Ylva Johansson
Land:
Schweden
Alter:
55 Jahre
Politische Richtung:
Sozialdemokratin
Bisherige Position:
Arbeitsministerin

Die schwedische Sozialdemokratin Ylva Johansson war bisher Arbeitsmarktministerin, hatte vorher aber auch schon andere Ministerämter inne. Nach ihrem Lehramtsstudium in Lund arbeitete sie früher als Mathematik-, Physik- und Chemielehrerin. In Zukunft wird sie Kommissarin für innere Angelegenheiten sein.

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Foto: Reuters/Lenoir

Vizepräsidentin der EU-Kommission

Name: Věra Jourová
Land:
Tschechien
Alter:
55 Jahre
Politische Richtung:
Liberale
Bisherige Position:
EU-Justizkommissarin

Věra Jourová war bisher EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung. Sie setzte sie sich unter anderem für strengere Regeln für Technologieriesen wie Facebook und Airbnb ein. Jourová war Mitgründerin der populistischen Partei Ano von Ministerpräsidenten Andrej Babiš, die zur liberalen Fraktion im Europaparlament gehört. Babiš selbst wird EU-Subventionsbetrug vorgeworfen. Jourová soll sich als Vizepräsidentin der Kommission insbesondere um Werte und Transparenz kümmern.

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Foto: REUTERS/Krisztina Than

EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung

Name: László Trócsányi
Land:
Ungarn
Alter:
63 Jahre
Politische Richtung:
Konservativer
Bisherige Position:
Ex-Justizminister und zuletzt EU-Abgeordneter

László Trócsányi von der rechtspopulistischen Fidesz-Partei war bis Juni Ungarns Justizminister und ist seither EU-Abgeordneter. Zuvor war der Jus-Professor zeitweise Botschafter in Brüssel und Paris und Verfassungsrichter. Er trug umstrittene und inzwischen gestoppte Justizreformen der Regierung von Viktor Orbán mit. Er soll EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung werden, im Europaparlament hört man jedoch Zweifel an seiner Bestätigung.

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Foto: REUTERS/Christian Hartmann

EU-Gesundheitskommissarin

Name: Stella Kyriakidou
Land:
Zypern
Alter:
63 Jahre
Politische Richtung:
Konservative
Bisherige Position:
Abgeordnete

Die Konservative Stella Kyriakidou war lange Jahre Abgeordnete auf Zypern, zwischen 2017 und 2018 auch Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Die Kinderpsychologin gilt als Vertraute von Präsident Nikos Anastasiades, der ihr den Vorzug vor dem bisherigen zyprischen EU-Kommissar Christos Stylianides gab. Sie wird Gesundheitskommissarin.

Foto: imago/GlobalImagens

EU-Kommissarin für Kohäsionspolitik und Reformen

Name: Elisa Ferreira
Land:
Portugal
Alter:
63
Politische Richtung:
Sozialdemokratin
Bisherige Position:
Vizegouverneurin der portugiesischen Zentralbank

Die Ökonomin ist momentan Gouverneurin der portugiesischen Zentralbank und war von 2004 bis 2016 für die portugiesischen Sozialdemokraten Mitglied des Europaparlaments. In der neuen EU-Kommission wird sie für Kohäsionspolitik und Reformen zuständig sein.

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Ursula von der Leyen hat Wort gehalten. "Ich will soziale Rechte mit Leben erfüllen, dabei gleich in meinem eigenen Haus anfangen. Ich will dafür sorgen, dass in meinem Kollegium der Kommissare die volle Gleichstellung der Geschlechter hergestellt wird." Das sagte sie Mitte Juli bei ihrer Bewerbungsrede im Plenum des Europäischen Parlaments (EP) in Straßburg und berief sich unter großem Applaus auf Simone Veil, die erste Präsidentin des EP im Jahr 1979.

Die Französin, eine Holocaustüberlebende, gilt als Ikone im Kampf um Demokratie, Grundrechte und Gleichberechtigung. Deren Mut und die Leidenschaft für ein humanes Europa dienen ihr als Leitlinie, bekannte die Deutsche. Zwei Monate später kann sie liefern.

Im Juli war von der Leyen noch deutsche Verteidigungsministerin. Ihre Nominierung zur Nachfolgerin von Jean-Claude Juncker als erste weibliche Präsidentin der EU-Kommission war äußerst umstritten. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer hatten das System der "Spitzenkandidaten" der Parteien bei den EU-Wahlen glatt ignoriert. Der Christdemokrat Manfred Weber und der Sozialdemokrat Frans Timmermans wurden in Hinterzimmerdeals als mögliche Juncker-Nachfolger ausgepokert. Die Christdemokratin von der Leyen, vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf den zentralen EU-Posten durchgeboxt, galt nur als Ersatzfrau nationaler Ränkespiele.

Für Freund und Feind

Von all dem ist keine Rede mehr. Die Deutsche hat bei Freund und Feind Eindruck gemacht: "Sie ist extrem gut organisiert, hat sich rasch in die Dossiers eingearbeitet, zielstrebig", wird sie beschrieben, setze sich mit Wissen, Charme und Härte durch. Nach zähen Verhandlungen mit den Regierungen von 26 Mitgliedsländern, die vor allem Männer nominieren wollten, kann sie nun ihre fertige Liste des Kommissarskollegiums präsentieren, samt der Verteilung der Zuständigkeiten der künftigen Kommissarinnen und Kommissare.

Nur Großbritannien verzichtete wegen des Brexits auf eine Nominierung. Die 26 Kandidaten – zwölf Frauen und vierzehn Männer – müssen sich ab Ende September einzeln den Anhörungen in den Ausschüssen des EU-Parlaments stellen (siehe Artikel unten). Bisher hatte nur die Kommission Juncker 2014 mit neun Kommissarinnen einen nennenswerten Frauenanteil. Seit den 1960er-Jahren waren von 250 Kommissaren nur drei Dutzend Frauen.

Auch wenn die letztgültige Verteilung der Kompetenzen Montag noch nicht fixiert war (von der Leyen verhandelte bis zuletzt), ließ sich bereits ein ganz gutes Bild zeichnen, wie die künftige Kommission in den kommenden fünf Jahren "ticken" wird, was sie von früheren Kommissionen unterscheidet.

Ausgeglichenes Verhältnis

Am auffälligsten: Nach jahrzehntelanger Männerdomäne übernehmen Spitzenfrauen ganz selbstverständlich die Macht. Das zeigt sich nicht nur an der Ausgeglichenheit von männlichen und weiblichen Kommissaren im Verhältnis 14:13. Die Präsidentin wird ihr Team mit zwei "echten" exekutiven Vizepräsidenten führen – einer Frau und einem Mann, die kompetenzmäßig über die anderen Kommissare gestellt werden. Das ist zum einen der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans, der für die SPE bei den Europawahlen ebenso als Spitzenkandidat angetreten war wie die bisherige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, eine Liberale aus Dänemark: ein Trio aus zwei Powerfrauen und einem gelernten Diplomaten.

Nur die drei haben ein Durchgriffsrecht auf alle EU-Beamten, alle Generaldirektionen, die von Einzelkommissaren geleitet werden. Timmermans wird in der neuen EU-Kommission für Klimapolitik und für den "grünen Deal" zuständig sein, nicht mehr auf Grundrechte wie bisher. Er soll die Bereiche Gesundheit, Umwelt und Verkehr zusammenbringen. Dies kündigte die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel an.

Margrethe Vestager wird auch in Zukunft Wettbewerbskommissarin bleiben und soll den digitalen Wandel in der Kommission führen, sagte die Ursula von der Leyen am Dienstag. Mit der Französin Silvie Goulard (Liberale, Vize-Notenbankchefin) und der finnischen Ex-Finanzministerin Jutta Urpilainen (SP) zeichnen sich weitere weibliche Schwergewichte für Schlüsselressorts ab, etwa Sicherheit, Wettbewerb, Wirtschaft/Finanzen. Es werde im politischen Stil Änderungen geben, prophezeit eine Kommissionsmitarbeiterin – mehr Teamarbeit, weg vom harten Stil unter Junckers Kabinettschef und Generalsekretär Martin Selmayr.

Mehr Sozialdemokraten

In der parteipolitischen Zuordnung der Kommissare hat es seit Mai ebenfalls eine überraschende Wende gegeben: Zehn von 27 Kommissaren sind Sozialdemokraten, die zuletzt in einigen Ländern Wahlen gewonnen haben, mehr als Christdemokraten (9) und Liberale (5), neben einem Grünen, einem Parteilosen, einem Konservativen. Hierarchisch vom Führungstrio etwas abgesetzt wird es weitere Vizepräsidenten geben, die mehrere Kommissariate ressortübergreifend betreuen.

Johannes Hahn aus Österreich wird, wie dem Standard bestätigt wurde, Haushaltskommissar, also beim EU-Budgetrahmen bis 2027 und den Brexitkosten eine wichtige Rolle spielen.

Glück hatte von der Leyen mit dem Regierungswechsel in Italien: Statt eines befürchteten Rechtspopulisten von der Lega kommt Ex-Premierminister Paolo Gentiloni (SP) in ihr Team. Er wird wohl ein starkes Wirtschaftsdossier bekommen.

Der bisherige Agrarkommissar Phil Hogan (Irland, Christdemokrat) dürfte für den Außenhandel zuständig werden, der polnische Nationalkonservative Janusz Wojciechowski war für Agrarpolitik vorgesehen, was für Polen wegen der hohen Agrarsubventionen essenziell sein wird. Seit dem EU-Gipfel gesetzt ist der Spanier Josep Borrell: EU-Außenbeauftragter und Vizepräsident.

Herausforderung für Deutsche

Bleibt die Frage, ob und wie von der Leyen sich gegen die seit Jahren immer stärker auftretenden nationalen Regierungen durchsetzen kann, insbesondere die deutsch-französische Dominanz, mit der Juncker zu kämpfen hatte. Da sie selbst Deutsche ist und mit Macron gut kann – nicht zuletzt weil sie exzellent Französisch spricht -, könnte die Präsidentin da neue Akzente der Vermittlung zwischen Paris und Berlin setzen. Das gilt auch Richtung Osteuropa, insbesondere Ungarn und Polen. Von der Leyen könnte die aus Tschechien kommende Justizkommissarin Vera Jourová mit dem Dossier Grundrechte betrauen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 9.9.2019)