Der Wiener Anwalt R. M. darf weder neue heimliche Aufnahmen von Gudenus herstellen noch das Ibiza-Video anderen Personen vorspielen oder es veröffentlichen.

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Die Aufnahmen auf Ibiza seien ein "zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt, bei dem investigativ-journalistische Wege beschritten" worden seien: So verteidigte sich der Wiener Anwalt R. M. in einer ersten Stellungnahme, als seine Involvierung in das Ibiza-Video bekannt wurde. Nun hat ihm erstmals ein österreichisches Gericht deutlich widersprochen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sprach auf Antrag des gefilmten einstigen FPÖ-Politikers Johann Gudenus eine Einstweilige Verfügung gegen R. M. aus. Dieser darf weder neue heimliche Aufnahmen von Gudenus herstellen noch das Ibiza-Video anderen Personen vorspielen oder es veröffentlichen.

Das Gericht schreibt in seinem Beschluss, dass R. M. ein "massiver Vorwurf" zu machen sei. Dieser hatte bei der Anbahnung des Treffens in der ibizenkischen Finca eine Schlüsselrolle gespielt und unter anderem Gudenus mit dem Lockvogel, einer angeblichen russischen Oligarchennichte, zusammengebracht. Das hätte er nie tun dürfen, schreibt das Gericht. Außerdem behauptete R. M. laut Gudenus, dass die falsche Oligarchin bereits sieben Millionen Euro auf ein Treuhandkonto überwiesen habe. Als Anwalt hätte R. M. auch Gudenus "vor Interessengefährdung" bewahren müssen.

Gefahr einer Erpressung

Auch bezüglich der Videoaufnahmen und deren Veröffentlichung setzte es einen Rückschlag für den Ibiza-Anwalt. Es sei nämlich sehr wohl relevant, ob die Aufnahmen durch "echte" Journalisten oder eben nicht durchgeführt werden. Zwar sei die Veröffentlichung mancher Aussagen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Gudenus durchaus im öffentlichen Interesse, doch sei unklar, ob die Publikation des Videos immer das einzige Ziel der Hintermänner gewesen sei. "Denkbar ist theoretisch auch, dass Interessierte gerade nicht die Veröffentlichung planen, sondern vorhaben können, ihre eigenen Interessen mit diesem Wissen durchzusetzen, etwa durch eine Erpressung", heißt es in dem Beschluss.

Der Anwalt hatte sich damit verteidigt, dass Aufnahmen nach spanischem Recht erlaubt seien und außerdem überall in der Finca Hinweisschilder auf Überwachung angebracht seien. Das gelte nicht, sagt das Landesgericht: "Der Gedanke, dass es 'normal' sei, dass alles in einer Wohnung während eines Besuchs von Gästen mit Bild und Ton aufgezeichnet wird, ist gerade absurd." Außerdem gelte österreichisches Recht, da Strache und Gudenus hierzulande von den Veröffentlichungen am meisten betroffen seien.

R. M. beteuert, keine Kopie zu haben

Interessant ist, dass R. M. laut dem Beschluss angibt, keine Kopie des Videos zu besitzen. Auch bei der Hausdurchsuchung in seinem Büro und seiner Wohnung seien keine Kopien sichergestellt worden. Das Gericht glaubt aber, dass R. M. sehr wohl noch "Zugriff auf eine Kopie" hat, wie es in dem Beschluss heißt, über den zuerst die EU-Infothek berichtet hat. Nach der einstweiligen Verfügung folgt nun eine ausführliche Beweiswürdigung vor Gericht. Das Verfahren wird von Gudenus privat geführt, zusätzlich laufen noch strafrechtliche Ermittlungen gegen R. M. – es gilt die Unschuldsvermutung.

Anwalt: "Angaben von Gudenus nur vorläufig übernommen"

Richard Soyer, der Anwalt von R. M., hält in einer Stellungnahme fest, dass die einstweilige Verfügung einzig vorläufig verboten hätte, hinkünftig Ton- und Bildaufnahmen ohne Zustimmung von Gudenus anzufertigen und/oder solche zu verbreiten. Die nicht rechtskräftige Entscheidung werde fristgerecht bekämpft.

Wegen des bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängigen Ermittlungsverfahrens und bestehender anwaltlicher Verschwiegenheitspflichten sei es R. M. nicht möglich gewesen, hier umfassend vorzutragen und sich zu verteidigen. Das Gericht habe daher in seiner Provisorialentscheidung die Angaben des Klägers vorläufig übernommen.

Das Gericht habe in der rechtlichen Beurteilung seiner Entscheidung laut Soyer aber auch aus seiner Sicht zutreffend festgehalten, "dass (zumindest) die bekannten Aussagen vom Kläger [Mag. Gudenus] und von Strache aus dem sogeannnten 'Ibiza-Video', in welchem es über ihre politischen Vorhaben und deren geplante Umsetzung nach der anstehenden Nationalratswahl [geht], nicht (rein) 'privat' sein können, selbst wenn sie in einem privaten Rahmen erfolgen. Vielmehr überwiegt hier eindeutig das öffentliche Interesse, Kenntnis von derartigen Äußerungen und Handlungsweisen zu erlangen." (Fabian Schmid, red, 9.9.2019)