Das Parken auf der Busspur vor dem Goethehof entsprach laut einem strengen Wiener Parksheriff nicht den gesetzlichen Vorschriften.

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Bei der Liste Pilz dreht sich alles um Peter Pilz, heißt es oft. Der Abfahrtsort für die Wahlkampftour kann diese Hypothese jedenfalls nicht widerlegen, handelt es sich doch um die Wohnung von Peter Pilz. Ein tiefschwarzer Bus wartet vor dem Goethehof auf den Spitzenkandidaten, der seit knapp fünfzig Jahren in dem altehrwürdigen Gemeindebau in Kaisermühlen wohnt. Dieses Abholservice ist zwar bequem, andererseits aber auch teuer, vor allem wenn das Wahlkampfgefährt in jener Einbuchtung parkt, die eigentlich für die städtischen Linienbusse vorgesehen ist. Der kontrollierende Parksheriff kennt gerade bei der selbst ernannten Kontrollpartei keine Gnade und überreicht ein Strafmandat. "Macht nichts, kommt eh der Stadt Wien zugute", sagen die Funktionäre gelassen.

Nach und nach trudeln dann die Kandidaten ein und verschwinden im Innenraum des Busses. Auf dem Weg wird auch noch der Tierschutzaktivist Martin Balluch mit Hunden und Kindern zusteigen. Für die meisten ist es der erste Wahlkampf ihres Lebens. Einige vorbereitende Worte vom ohnehin nicht redefaulen Parteichef können daher nicht schaden, bevor der Bus in St. Pölten erstmals Station macht: "Ein Auftritt hier ist ganz was anderes als in Wien – viel ländlicher, weil am Markt viele Bauern aus der Umgebung da sind. Die wissen selber, dass die industrielle Landwirtschaft ein Irrweg ist."

Parteichefin Maria Stern und Spitzenkandidat Peter Pilz diskutieren über das passende Wording.
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Mit den Grünen sei es immer ein schwieriges Pflaster gewesen, weil man einen abgehobenen Eindruck erweckt habe. Die Wortwahl ist eben wichtig, auch im Spannungsfeld von Klima- und Sozialpolitik. "Sagen wir eigentlich Klimabonus oder Klimadividende?", will etwa Parteichefin Maria Stern während der Fahrt wissen. "Klimabonus ist g'scheiter. Bei Klimadividende denkt man gleich an den Aktienmarkt", rät Volkswirt Pilz.

Cocktails und Zwiebel

Bei der Ankunft am Rathausplatz ist schon alles angerichtet. Aktivisten der Partei sind durch weiße Westen erkennbar und versuchen, die Bevölkerung mit allerhand Schabernack bei Laune zu halten. Es gibt Schmiergeld-Drucker und "System-Kurz-Drinks". Ein "KTM-Orangen-Cocktail" kostet unerschwingliche 436.536 Euro – eine Anspielung auf die ÖVP-Großspende von KTM-Chef Stefan Pierer im Jahr 2017. Bei den Einheimischen rennt dieser Schmäh tendenziell ins Leere. Da müsste man schon Donald Trump sein, um irgendwo eine Menschentraube ausmachen zu können.

Anhänger der Liste Pilz lauschten in weißen Westen der Rede des Parteigründers zum Thema "Spekulationsverluste bei privaten Pensionskassen".
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Richtig in Gang gerät der Besuch erst, als sich Pilz ins Getümmel des Wochenmarkts auf dem Domplatz begibt. Hier hat jeder eine dezidierte Meinung zum prominenten Gast parat. "Wir brauchen di'", meint ein Pärchen, als sich der Politiker zu ihrem Tisch gesellt. Eine Auffassung, die man bei der Herrenrunde einige Sessel weiter so nicht unterschreiben würde: "Kannst di scho' wieder schleichen", beendet man dort einen sich anbahnenden Plausch vorzeitig.

Dann wechselt Pilz die Taktik. Um einer Marktstandlerin seine Anwesenheit schmackhaft zu machen, verspricht er die Abwesenheit eines anderen: "Solange ich bei Ihnen bin, wird sich Sebastian Kurz hier nicht blicken lassen." Das zieht – zur Belohnung gibt es einen Bund rote Zwiebel geschenkt. (Theo Anders, 10.9.2019)