Die SPÖ will bei der Einkommenstransparenz nachbessern.
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Frau R. hatte 20 Jahre Berufserfahrung. Ihr Vorgänger in der Assistenz des Vorstands eines Unternehmens war ein Mann – und er verdiente doppelt so viel wie sie, obwohl sie mehr Berufserfahrung hatte als ihr deutlich besser bezahlter Vorgänger, sowohl generell als auch speziell für diesen Job. Frau R. ließ die Gleichbehandlungskommission den Fall prüfen, die eine Lohndiskriminierung feststellte.

Fälle wie diese veröffentlicht die Gleichbehandlungsanwaltschaft regelmäßig, und davon gibt es trotz 40 Jahren Gleichbehandlungsgesetz noch viele. Die SPÖ fordert nun eine Verschärfung des Lohntransparenzgesetzes. Seit 2014 müssen in Österreich Unternehmen ab 150 Beschäftigen Einkommensberichte vorlegen. Geht es nach der SPÖ, sollen Firmen bereits ab 20 Beschäftigen einen Bericht vorlegen müssen, und die bisher nicht eingerechneten Zuschläge – etwa bei Führungspositionen – sollen künftig eingerechnet werden.

Außerdem fordert die SPÖ, dass der innerbetriebliche Gender Pay Gap klar ausgewiesen wird und Maßnahmen genannt werden, was das Unternehmen dagegen tun will. Und: Wenn Frauen weniger als die ausgewiesenen Durchschnittsgehälter verdienen, muss dies die Firma sachlich begründen. Kann sie das nicht, soll von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgegangen werden und wie bei der Unterentlohnung nach dem Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz eine Verwaltungsstrafe verhängt werden. Diese könne dann zwischen 1.000 und 10.000 Euro betragen, heißt es auf Nachfrage des STANDARD.

Was der Kollege bekommt, bleibt unbekannt

Dass es für Betriebe, die keine Berichte vorlegen, keine Sanktionen gibt, ist ein häufiger Kritikpunkt am derzeitigen Gesetz. Trotzdem ist dies nicht Teil des Vorstoßes. Auch sollen die Berichte weiterhin die Durchschnittsgehälter der Verwendungsgruppen angeben. Dadurch wird zwar ungleiche Bezahlung in einem Betrieb auf struktureller Ebene sichtbar, ob man in einem konkreten Fall – wie etwa bei Frau R. – weniger bekommt als ein Kollege, der dieselbe Tätigkeit verrichtet, erfährt eine Frau so allerdings nicht.

Ergänzend zu den Vorschlägen der SPÖ hält Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, eine genaue Aufschlüsselung des Gehalts in den Einkommensberichten für nötig. "Das würde für Unternehmen klarer machen, welche Gehaltsbestandteile abseits vom Grundgehalt womöglich zu einer Lohnschere beitragen", so die Juristin. Auch Handlungsanleitungen für Unternehmen, wie sie die Lohnschere schließen können, hält sie für nötig.

Und wie steht es um die alte Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, die Island anhand von Ausbildung und Qualifikation ermittelt, anstatt wie in Österreich die Verwendungsgruppen zu vergleichen? Unternehmen müssten darauf schauen, ob vorwiegend von Männern besetzte Berufsgruppen und vorwiegend von Frauen besetzte Berufsgruppen unterschiedlich bezahlt werden – beispielsweise technische Berufe auf der einen und kaufmännische Berufe auf der anderen Seite. Die Firmen müssten sich dann ansehen, ob das gleichwertige Arbeit ist. Und auf politischer Ebene müsse man sich fragen, warum Krankenpflegerinnen und Sekretärinnen schlechter bezahlt sind als typisch männlich besetzte Fachberufe, so Konstatzky. "Trotz 40 Jahren Gleichbehandlungsgesetz steckt das Thema gleichwertige Arbeit in Österreich noch komplett in den Kinderschuhen."

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat daher ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, in dem anhand von Verwendungsgruppen und Anrechnungsregelungen Kriterien für gleichwertige Arbeit entwickelt werden sollen, die dann auch in eine gesetzliche Regelung einfließen könnten.

Schwieriger Einzelkampf

Der klassische Facharbeiter wird noch immer eher mit schwerer Arbeit verbunden als die Pflegerin, die regelmäßig Menschen heben muss, sagt Konstatzky über diese "alte Definition von schwerer Arbeit". Wenn eine Frau als Einzelne in ihrer Branche beweisen muss, dass ihr Job gleichwertig mit einem klassischen Männerberuf ist, müsse sie sich gegen ein ganzes System auflehnen, so Konstatzky. Deshalb hält sie es für sinnvoller, wenn die Unternehmen aktiv etwas dagegen tun müssen wie in Island.

Seit 2007 ist der Gender Pay Gap in Österreich von 25,5 Prozent auf 19,9 im Jahr 2017 geschrumpft. EU-weit lag die Kluft der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste bei 16 Prozent. Island hat eine Schere von 14 Prozent – und steht laut Global Gender Gap Report bei der Gleichberechtigung an erster Stelle. Der sogenannte Equal Pay Act trat in Island 2018 in Kraft und sieht Einkommensberichte bei einer MitarbeiterInnenanzahl ab 25 vor. In diesen Berichten müssen Firmen nachweisen, dass sie MitarbeiterInnen für gleichwertige Arbeit gleich bezahlen – also anders als in Österreich, wo die Verwendungsgruppe verglichen wird und somit der Umstand, dass klassische Frauenbranchen meist schlechter bezahlt werden, nicht berücksichtigt wird. Ab 2022 sieht Island für Unternehmen Geldstrafen vor, wenn sie Lohnunterschiede nicht sachlich begründet können. Jeder Tag Lohndiskriminierung kostet dann 400 Euro. (Beate Hausbichler, 10.9.2019)