Die Daten des einen Unternehmens können vielleicht auch einem anderen helfen. Künftig sollen sie einfach austauschbar werden.

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Für ein Taxiunternehmen ist es wichtig, die Fahrzeugflotte strategisch gut in der Stadt zu verteilen. Dabei gilt es, viele Dinge zu berücksichtigen – von Veranstaltungen über Flugverspätungen bis hin zur Wettervorhersage. Artificial-Intelligence-Anwendungen können diese Optimierungsarbeit übernehmen. Das Problem ist hier vor allem, das vielfältige Datenmaterial für die Analyse zusammenzuführen.

Einerseits kann man dabei Datenquellen im eigenen Unternehmen – die Erfahrung der Fahrer – anzapfen. Dazu kommt Open Data, also frei zugängliche Informationen der öffentlichen Verwaltung, etwa über öffentliche Verkehrsmittel oder Baustellen. Zuletzt können auch Informationen anderer Unternehmen sinnvoll sein.

Im Fall des Mobilitätsanbieters kann man sich der Eventdaten von Facebook bedienen oder Datenmaterial von Telekomanbietern zukaufen, durch die man auf Menschenansammlungen und Mobilitätsbedürfnisse schließen kann. Natürlich lassen sich auch detaillierte Wetterdaten erwerben.

Alle relevanten Datenquellen zu identifizieren und per Hand zusammenzuführen – Verantwortliche finden, Vereinbarungen unterzeichnen, Schnittstellen einrichten – ist ein Aufwand, der sich für viele Probleme nicht lohnt. Die Lösung soll künftig in Onlinemarktplätzen liegen, auf denen Anbieter auf Käufer treffen, um Datensets zu verbinden und auszuwerten.

Pilotanwendungen

In einem dreijährigen Forschungsprojekt wurde nun in einem Konsortium aus 16 Partnern, das von der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft geführt wurde, eine "Österreichversion" einer derartigen Plattform entwickelt.

Der Data Market Austria (DMA), wird in der kommenden Woche im Rahmen einer eigenen Konferenz in Wien vorgestellt. Dem fertigen Prototyp, der zeigt, dass alle nötigen Technologien vorhanden sind, folgt nun die Umsetzung als Produkt.

Das Beispiel mit dem Taxiunternehmen ist eine der Pilotanwendungen, die präsentiert werden. Systeme zur Prognose von Energieströmen, von Steinschlag oder der Waldzusammensetzung sind weitere. Das Projekt wurde mit Mitteln des Verkehrsministeriums im Rahmen des Programms "IKT der Zukunft" der Förderagentur FFG unterstützt.

"Der große Vorteil des Data Markets Austria ist, dass er die Daten an einem Ort zusammenbringt, sowohl Open Data, kommerzielle und sogar eigene Daten", resümiert Mihai Lupu, Projektmanager bei Research Studios Austria. Die Entwicklung entspricht dem Trend, Big-Data-Analysen als Grundlage der Verbesserung von Produkten und Prozessen zu sehen.

Einfache Auswertungsfunktionen, die auf Machine-Learning basieren und etwa Klassifikationsaufgaben lösen, sollen bereits in die Plattform integriert werden. Man setzt aber darauf, dass AI-Entwickler hier bald eigene, ausgeklügelte Services anbieten. Auch ein Empfehlungssystem, das aufgrund der Suchmuster weitere Datensets und Services vorschlägt, ist Teil der Plattform.

Verteilte Architektur

Technisch ist der Datenmarkt als verteiltes System konzipiert. "Die Daten verlassen nie die Infrastruktur des Verkäufers, werden also nach einer Transaktion auch nirgendwohin kopiert. Genauso bleiben auch die Services aufseiten des Anbieters", erklärt Lupu. Alle Transaktionen werden in den kaum manipulierbaren, verteilten Datenbanken einer Blockchain festgeschrieben.

"Es gibt also keine zentrale Autorität, der man misstrauen könnte", sagt Lupu. Die Transaktionen selbst werden mittels Smart Contracts erfolgen, die Verträge in Algorithmen festschreiben, die ebenfalls auf der Blockchain-Technologie basieren.

Bei einem System dieser Art stellt sich unweigerlich die Frage nach Datenschutz und Privacy. Wie stellt man sicher, dass vertrauliche Kundendaten nicht verhökert werden? Im Moment sei der Schutz vor missbräuchlicher Verwendung lediglich rechtlicher Natur, räumt Lupu ein. In einem weiteren Projekt arbeite man aber bereits an technologischen Maßnahmen.

"Wir entwickeln ein System, das sicherstellt, dass Daten wirklich anonymisiert sind", erklärt Lupu. "Ein anderes Beispiel sind Verschlüsselungen, die nur bestimmte Auswertungen zulassen. Auf diese Art kann man Anbietern die Angst nehmen, dass ihre Daten missbräuchlich verwendet werden, etwa um Prozesse im Unternehmen nachvollziehen zu können." (Alois Pumhösel, 17.9.2019)