Barbara Zirngast, ÖJC-Präsident Fred Turnheim und der Wiener Strafrichter Friedrich Forsthuber am Montag bei einer Pressekonferenz des Österreichischen Journalisten Clubs anlässlich der Fortsetzung des Prozesses gegen Max Zirngast in Wien.

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Heute, Mittwoch, wird in Ankara der Prozess gegen Max Zirngast fortgesetzt. Der 30-jährige österreichische Student und Journalist ist in der Türkei unter anderem wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" angeklagt. Vorwürfe, die er selbst als völlig absurd bezeichnet.

Am Dienstag sagte er dem STANDARD, es gehe ihm den Umständen entsprechend ganz gut. Allerdings bereite ihm sein ungeklärter Status Sorgen. Zirngast darf derzeit die Türkei nicht verlassen, hat aber auch keine Aufenthaltsgenehmigung.

Kein Freispruch am Mittwoch

Seine Mutter wies bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien darauf hin, dass ihr Sohn Spezialmedikamente für seine Augen benötige, diese derzeit aber nicht bekommen könne. Zirngast glaubt nicht an einen Freispruch, hofft aber, dass beim heutigen Prozess sein Ausreiseverbot aufgehoben werde. "Das wird ein sehr kurzer Termin morgen", sagte er. "Im besten Fall wird meine Ausreisesperre aufgehoben." Am Mittwoch wird auch entschieden, wann der nächste Verhandlungstag stattfinden wird.

Zirngast ist im Morgengrauen des 11. September vergangenen Jahres in Ankara verhaftet worden. Eine Anti-Terror-Einheit stürmte seine Wohnung und beschlagnahmte Bücher, viele davon über linke Bewegungen in der Türkei. Der damals 29-Jährige wurde daraufhin der "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" beschuldigt und verbrachte die folgenden drei Monate in einem Gefängnis in Ankara.

Kurz nach Weihnachten wurde Zirngast dann auf freien Fuß gesetzt. Gegen ihn wurde aber eben eine Ausreisesperre verhängt. Einmal wöchentlich muss er sich seitdem auf einer Polizeiwache in Ankara melden und unterschreiben. Der letzte Verhandlungstag fand im April dieses Jahres statt.

Student in Ankara

Zirngast war 2015 in die Türkei gekommen, um Politikwissenschaft an der Universität des Mittleren Ostens in Ankara zu studieren. Er schrieb für türkische und ausländische linke Magazine, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin re:volt, und beteiligte sich immer wieder an Demonstrationen der prokurdischen Oppositionspartei HDP.

Max Zirngast ist nicht der erste ausländische Journalist, der in der Türkei wegen Terrorvorwürfen inhaftiert wurde. 2017 traf dies auch die beiden deutschen Journalisten Deniz Yücel und Meşale Tolu. Beide sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß und zurück in Deutschland. Noch dramatischer aber ist die Lage der zahlreichen inhaftierten türkischen Journalisten. Laut der unabhängigen Journalistenorganisation P24 sind derzeit 138 türkische Journalisten in Haft oder warten auf ihren Prozess.

Meinungsfreiheit unter Beschuss

Auch sonst ist die Lage der Meinungsfreiheit in der Türkei weiter besorgniserregend. Am vergangenen Freitag wurde die CHP-Politikerin Canan Kaftancıoğlu zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Wahlkampfleiterin des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu hatte sich auf Twitter kritisch geäußert. Sorge bereitete auch eine Studie des regierungsnahen Thinktanks Seta vom vergangenen Juli. In einem 200-seitigen Bericht warf er Vertretern ausländischer Medien vor, kritisch und einseitig über die Regierung von Tayyip Erdoğan zu berichten, und nannte dabei mehrere Journalisten namentlich. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 10.9.2019)