Der alte neue Permier Italiens Giuseppe Conte will sich offenbar wieder mit der EU bezüglich der Defizitregeln anlegen.

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Rom – Italiens neue Regierung plant Insidern zufolge für 2020 eine höhere Neuverschuldung ein. Das Haushaltsdefizit solle auf 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen, sagten drei mit den Zahlen vertraute Personen am Dienstag zu Reuters. Für 2019 wird mit 2,04 Prozent gerechnet.

Damit würde das Defizit der Koalition aus 5-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten nahe an die 2,4 Prozent rücken, mit denen die Vorgängerregierung zunächst für 2019 geplant und damit beinahe ein EU-Defizitverfahren ausgelöst hatte. Der alte und neue Ministerpräsident Giuseppe Conte forderte eine Überprüfung der dafür zugrundeliegenden Finanzregeln. Contes Vorgänger Paolo Gentiloni soll künftig als EU-Kommissar die Einhaltung der Vorschriften überwachen.

Gigantischer Schuldenberg

Italien ächzt unter einem Schuldenberg in Höhe von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung, dem zweithöchsten in der Euro-Zone nach Griechenland. Der Staat muss deshalb viel Geld für den Schuldendienst aufbringen. 5-Sterne und Sozialdemokraten hatten kürzlich ein Programm mit höheren Ausgaben vorgelegt. Ganz oben auf der Agenda steht ein expansiverer Haushalt für 2020. Damit würden die öffentlichen Finanzen aber nicht gefährdet, betonten beide Parteien. Sie plädierten zugleich dafür, die EU-Vorgaben bei der Haushaltspolitik zu lockern.

In dieses Horn stieß am Dienstag auch Ministerpräsident Conte: "Wir wollen den Stabilitäts- und Wachstumspakt überprüfen, so dass die EU-Regeln zu Wachstum und nachhaltiger Entwicklung in Italien und ganz Europa beitragen", sagte der parteilose Politiker im italienischen Oberhaus. Hier stand noch am Dienstag eine Vertrauensabstimmung über Contes Koalition an – die letzte Hürde, bevor sie ihre Arbeit aufnehmen kann.

Haushaltsstreit mit EU

Die Zeit der Vorgängerregierung war nicht zuletzt geprägt vom Haushaltsstreit mit der EU. Den fochten die Italiener vor allem mit dem scheidenden EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici aus. Als Moscovicis Nachfolger hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun Gentiloni auserkoren. Die Auswahl des Sozialdemokraten wird von einigen Beobachtern als Schritt hin zu einer Lockerung der EU-Finanzregeln gewertet. Das neue Führungspersonal muss als Kolleg noch vom EU-Parlament bestätigt werden.

Hier regte sich beim CSU-Abgeordneten Markus Ferber Widerstand gegen Gentiloni: "Dass nun ein Italiener den Problemstaat Italien überwachen soll, ist alles andere als eine ideale Konstellation." Gentiloni müsse klarstellen, dass er EU-Fiskalregeln ernst nehme. An den Finanzmärkten sorgte der Reuters-Bericht über Pläne für ein höheres Defizit Italiens für Aufregung: Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen zogen im Vorfeld einer Bond-Auktion am Donnerstag an. (APA, 10.9.2019)