Electrophorus voltai, einer der beiden neu entdeckten Zitteraal-Arten, kommt hauptsächlich im brasilianischen Bergland vor.

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Sao Paulo – Lange Zeit war man davon ausgegangen, dass in den Gewässern des Amazonasgebietes nur eine Zitteraal-Spezies vorkommt: Electrophorus electricus ist eigentlich kein wirklicher Aal, sondern zählt zu den Messerfischen. Seine Fähigkeit, durchaus massive Stromschläge auszuteilen, ist legendär, wie schon Alexander von Humboldt auf seiner berühmten Südamerika-Expedition im März 1800 beschreibt.

Nun aber konnte eine Gruppe um C. David de Santana vom Smithsonian Institut in Washington (USA) anhand von DNA-Tests nachweisen, dass es im Amazonasbecken mindestens drei verschiedene, einander jedoch äußerlich sehr ähnliche Zitteraal-Spezies geben muss. Die beiden neuen Arten nannten die Forscher E. voltai und E. varii.

Unterschiedliche Lebensräume

Die verschiedenen elektrischen Aalarten unterscheiden sich nicht nur genetisch, sie präferieren auch jeweils unterschiedliche Lebensräume. E. electricus ist im nördlichen Teil des Hochlands von Guayana zu finden, wohingegen E. voltai das brasilianische Bergland bevorzugt. Beide leben in klaren Gewässern, die von Stromschnellen durchzogen sind. E. varii hält sich bevorzugt im Flachland des Amazonasbeckens auf und fühlt sich im trüben, langsam fließenden Wasser wohl.

Dank einer wellenförmigen Flosse können sich elektrischen Aale gezielt durch das Wasser bewegen. Die Tiere nutzen Stromstöße zum Beutefang, zur Verteidigung, zur Orientierung sowie zur Revierabgrenzung. Die Forscher um de Santana analysierten in den vergangenen sechs Jahren 107 Exemplare elektrischer Aale aus Brasilien, Französisch-Guayana, Guyana und Suriname.

Amazonas-Regenwald birgt noch viele Geheimnisse

Die im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlichte Studie zeigt den Autoren zufolge auch, dass der Amazonas-Regenwald noch viele Geheimnisse birgt: "Wenn ein bis zu 2,5 Meter langer Fisch nach 250 Jahren wissenschaftlicher Untersuchungen gefunden wird, können Sie sich dann vorstellen, was in der Region noch alles entdeckt werden könnte?", sagte de Santana.

Bereits vor mehr als 200 Jahren widmete sich der berühmte deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt den Zitteraalen. Im März 1800 beobachtete er während eines Forschungsaufenthalts am Amazonas, wie die Tiere aus dem Wasser sprangen und potenzielle Angreifer mit Stromstößen attackierten. Pferde und Maultiere, die zuvor in ein Wasserloch getrieben wurden, bekamen die Stöße zu spüren.

Rekord

Eine der jetzt gefundenen Spezies, Electrophorus voltai, gibt Stromstöße von bis zu 860 Volt ab und ist damit das Lebewesen, das die höchste Spannungsentladung erzeugt, wie die Forscher kurz vor Humboldts 250. Geburtstag (14.9.) schreiben.

De Santana, der selbst schon mehrmals einen elektrischen Stoß abbekommen hatte, betont aber: Der Schock eines elektrischen Aals besitzt zwar eine hohe Spannung, aber eine niedrige Stromstärke. Damit sei er nicht notwendigerweise gefährlich für Menschen. (red, APA, 11.9.2019)