Verena Altenberger: "Ich bin nicht die neue Matthias Brandt, außerdem ist die Rolle auch ganz anders."

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Auch Gaby Dohm, besser bekannt als "Schwester Christa" aus der Schwarzwaldklinik, war mal für den Polizeiruf tätig, sie stammt ebenfalls aus Salzburg. Aber sonst kann man sich selbst beim Bayerischen Rundfunk an keine österreichischen Ermittler erinnern. Das ändert sich, wenn Verena Altenberger als Elisabeth Eyckhoff übernimmt.

In ihrem ersten Fall kümmert sich Ermittlerin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) um einen verwahrlosten Buben, der Schlimmes durchgemacht hat.
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STANDARD: Sie treten als Ermittlerin im Münchner Polizeiruf 110 die Nachfolge von Matthias Brandt an, der mit seinem Kommissar Hanns von Meuffels sehr erfolgreich war. Wie groß sind die Fußstapfen?

Altenberger: Am Anfang hat es mich schon nervös gemacht. Natürlich hatte ich großen Respekt vor dieser Rolle, aber am ersten Drehtag dachte ich: Ich bin nicht die neue Matthias Brandt. Wenn ich an den Vergleich denke, macht mich das weder besser noch schlechter. Ich gebe ohnehin mein Bestes. Außerdem ist meine Rolle ja auch ganz anders angelegt.

STANDARD: Älterer Mann versus junge Frau?

Altenberger: Ja. Und Brandt war als Kommissar von Meuffels der "lonely wolf", eine absolute Respektsperson. Ich bin als Elisabeth Eyckhoff eine instinktgesteuerte, leicht aggressive Polizistin, die ihre Sache gut machen will, gern im Team arbeitet, aber nicht ganz ernst genommen wird.

STANDARD: Wie kam es zu diesem Engagement in München?

Altenberger: Beim Bayerischen Rundfunk wurde man durch meinen Film Die beste aller Welten aufmerksam. Dann haben wir die Idee nach und nach entwickelt. Krimis mag ich sowieso, weil ich immer schon Tatort und Polizeiruf 110 geschaut habe. Ich stamme aus einer klassischen Fernsehfamilie, da war das üblich. Auch später in meiner WG hatten die Krimis Kultstatus.

STANDARD: Gibt es noch andere familiäre "Vorbelastungen"?

Altenberger: Überhaupt keine. Es gibt keine hauptberuflichen Künstler in meiner Familie. Schauspielerei betreibt man entweder als Hobby oder man ist Hollywoodstar. Aber es ist nicht dran zu denken, dass Kunst Hauptbestandteil eines Lebens sein kann. Ich habe mich allerdings als Kind immer schon wahnsinnig gern verkleidet. Und von meiner Mutter habe ich die Liebe zur Sprache. Manchmal haben wir beim Wandern den Erlkönig gerappt.

STANDARD: Eine Rolle wie in Polizeiruf 110 schlägt man vermutlich ohnehin nicht aus.

Altenberger: Grundsätzlich bin ich ein Mensch, der die Unsicherheit genießen kann, ich geiere nicht nach dem Serienvertrag. Aber in dem Fall musste ich relativ wenig nachdenken. Als ich das Drehbuch gelesen habe, hätte ich vor Freude schreien können. Und natürlich ist der Polizeiruf ein Ritterinnenschlag.

STANDARD: In Ihrem ersten Fall suchen Sie nach misshandelten Kindern. Wurde das nicht schon sehr oft erzählt?

Altenberger: Es war nicht unbedingt das Thema, das mich angesprochen hat. Aber ich fand es sehr mutig und ungewöhnlich, dass durch Hypnose auch das Unbewusste der Ermittlerin ins Spiel kommt. Das ist eine persönliche Herangehensweise, ohne zu privat zu werden.

STANDARD: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Altenberger: Ich hole meine Inspiration stark aus der Vorbereitung. Am liebsten wäre ich daher einen Monat mit auf Streife gefahren, aber das ging aus Datenschutzgründen nicht. Mir wurde aber eine tolle Polizistin an die Seite gestellt, die mir sehr viel gezeigt und erklärt hat. Ich würde zwar niemals eine Waffe benutzen, habe aber für ein Casting mal einen Waffenführerschein gemacht.

STANDARD: Sie wurden vom Reinhardt-Seminar abgelehnt. Ist das Engagement beim Polizeiruf jetzt eine gewisse Genugtuung?

Altenberger: Nein. Ich war 18, als ich mich beworben habe. Und ich hätte mich damals auch nicht genommen. Mir war nicht klar, dass man eine Rolle mit eigenem Herzblut interpretieren muss. Das Reinhardt-Seminar hat keinen Fehler gemacht. Erst später habe ich mir das Handwerk angeeignet und bin in Wien in jedes Theater gegangen. Dort lernte ich auch Off-Theater kennen – und dass es auf Bühnen dreckig sein kann. Das kannte ich in dieser Form aus Salzburg nicht.

STANDARD: Was machen Sie am 15. September, wenn Ihr Polizeiruf ausgestrahlt wird?

Altenberger: (lacht) Weit wegfahren und das Handy ausschalten. Na ja, ein zweiter Polizeiruf ist ja schon gedreht, der soll noch heuer kommen.

STANDARD: Gibt es langfristige Pläne für ein Engagement?

Altenberger: Der Bayerische Rundfunk und ich führen sozusagen eine wilde Ehe. Jetzt lassen wir mal die ersten beiden Filme ins Land ziehen, Film drei wird dann im Frühjahr gedreht.

STANDARD: Reizt Sie der Tatort?

Altenberger: Ich bin sehr glücklich beim Polizeiruf. Die Münchner haben über Jahre bewiesen, dass sie mutige, freie, freche und kontroverse Filme machen innerhalb dieses Formats. Ich bin gespannt auf alles, was mich erwartet. (Birgit Baumann, 12.9.2.2019)